Kirchen kritisieren Stigmatisierung von Roma-Zuwanderern

Wuppertal (epd). Kirchliche Migrationsexperten kritisieren den Umgang mit Roma-Zuwanderern aus Südosteuropa. Diese Menschen müssten besser integriert werden, statt sie zu stigmatisieren, hieß es am Freitag auf einer Fachtagung in Wuppertal. Hintergrund ist die gestiegene Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien - für diese Länder gilt seit Jahresbeginn die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU.

Die Roma-Zuwanderer müssten "raus aus der Isolation, raus aus der tabuisierten 'Schmuddelecke', rein in die gesellschaftliche Mitte", sagte der Theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Albert Henz. "Wir müssen uns für Integration und Armutsbekämpfung bei den Roma ebenso einsetzen wie bei anderen Minderheiten." Henz widersprach Behauptungen, die Zuwanderer missbrauchten überproportional Sozialleistungen. Dafür gebe es keine Belege.

Das untermauerte Doris Peschke von der internationalen ökumenischen Organisation "Kommission der Kirchen für Migranten in Europa" (CCME) mit Zahlen: Im ersten Halbjahr 2014 seien 76.000 Menschen aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland eingewandert, darunter etwa 7.000 bis 8.000 Roma. Jeder vierte von ihnen habe einen akademischen Abschluss.

Die Hartz-IV-Quote bei Bulgaren und Rumänen in Deutschland lag Peschke zufolge im vergangenen Jahr bei 13,2 Prozent und damit deutlich niedriger als bei ausländischen Bürgern insgesamt. Gut jeder dritte bulgarische oder rumänische Hartz-IV-Empfänger habe zudem einen Niedriglohnjob. Von "sozialer Hängematte" könne bei diesen Menschen daher keine Rede sein. Derlei Stereotypen müssten überwunden werden.

Die Dortmunder Sozialdezernentin Birgit Zoerner (SPD) forderte mehr pauschale Hilfen des Bundes für Städte, die besonders von sogenannter Armutszuwanderung betroffen sind. Es gehe nicht an, dass der Bund eine "schwarze Null" schreibe, "während die Kommunen kaum noch wissen, wie sie den nächsten Tag überleben sollen". Kritik äußerte Zoerner auch an der EU-Erweiterungspolitik. Es gebe zwar einen harmonisierten EU-Binnenmarkt, aber keine Antworten auf die Wanderungsbewegungen innerhalb der Europäischen Union.

Ähnlich äußerte sich die Europaabgeordnete Terry Reinke (Grüne). Es sei nicht geklärt, "was passiert, wenn jemand die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Anspruch nimmt, aber dann keine Arbeit findet", kritisierte die Grünen-Politikerin. Sie plädiere daher für soziale Mindeststandards innerhalb der EU.

22. September 2014