Zehn Jahre SI der EKD

Wie sehen Erfolgskriterien für eine armutsorientierte Gemeindearbeit aus? Wie ist es um Religiosität und kirchliche Bindung in der älteren Generation bestellt? Ist Familienfreundlichkeit bei den Arbeitgebern Kirche und Diakonie ein strategisches Ziel? Das sind Fragen, zu denen das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD (SI) in den vergangenen zehn Jahren geforscht und publiziert hat. Seit Gründung des Institutes am 1. Oktober 2004 in Hannover wird projektbezogen zu Themen aus den Bereichen Wirtschaft und Soziales, gesellschaftlicher Wandel, Arbeitswelt, Kirchen- und Religionssoziologie gearbeitet. Zu sozialethischen Fragen wird Stellung genommen und das SI stellt Landeskirchen und diakonischen Einrichtungen sozialwissenschaftliche und theologische Kompetenz zur Verfügung. Das SI der EKD ist hervorgegangen aus dem Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD in Bochum und dem Pastoralsoziologischen Institut der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers.

„Unsere Gesellschaft braucht Religion und die evangelische Kirche braucht fundierte Kenntnisse darüber, was die Menschen über Kirche und Religion denken", betont Institutsdirektor Gerhard Wegner. Ihn treibt um, dass zum einen − und das belegen Forschungen aus dem SI − das ehrenamtliche Engagement von Kirchenmitgliedern und Kirchengemeinden gesellschaftlich hoch anerkannt ist, zum anderen aber das Wissen über Religion und religiöse Kommunikation erschreckend gering ist. Wie unter den aktuellen Bedingungen Kirchenbindung stabilisiert oder gar neu geschaffen werden kann, auch das sind Fragen, denen sich das SI-Team stellt. "Religiöse Produktivität und kreative Angebote sind gefragt ", sagt Wegner. Beispiele für religiöse Kreativität gibt es durchaus, der Erfolg der Gospelbewegung ist ein Beispiel. Auch dazu hat das SI geforscht. Zukünftig wird es bei dem Leitprojekt des Instituts um die Frage gehen, wie Kirchengemeinden zur Sozialraumentwicklung beitragen.

Die aktuellen Projekte beschäftigen sich zum Beispiel mit der Lebenssituation von Langzeitarbeitslosen, mit Inklusion (soziale Teilhabe alter behinderter Menschen mit Pflegebedarf) und mit der Erstellung eines Familienfreundlichkeitsmonitor. Auch zu Lebensorientierungen und Werthaltungen und von Konfessionslosen wird geforscht. Noch in 2014 sollen die Ergebnisse der ersten repräsentativen Studie zu Angebots- und Kommunikationsstrukturen der Kirchengemeinden vorliegen. "Wir haben mit dieser Studie Neuland betreten", hebt Gerhard Weger hervor. Bislang vernachlässigte die Forschung das Thema "Wie geht es der Kirchengemeinde?" Das SI hat 2013 insgesamt 1.508 Kirchengemeinden auf der Leitungsebene aus 19 Gliedkirchen der EKD angeschrieben, die Beteiligungsquote liegt bei 53 Prozent.

Diese und andere Forschungsergebnisse werden in Form von Publikationen, zum Teil auch als Downloads auf der Website, öffentlich gemacht. Das geschieht aber auch in Form von Vorträgen und Referaten bei gemeinsamen Veranstaltungen, zum Beispiel mit Evangelischen Akademien, Gewerkschaften, Parteien und politischen Stiftungen. Mit einem interaktiv gestalteten Stand konnte das SI 2013 in Hamburg beim 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag circa 800 Menschen motivieren, sich an dem Milieu-Selbsttest zu beteiligen und Interesse wecken für die Forschungen zum Thema "Soziokulturelle Milieus und Kirche". Im Oktober 2014 präsentiert sich das SI in Trier erstmals auf einen Soziologie-Kongress. Um einem größeren Publikum die Bedeutung der politischen und gesellschaftlichen Wirkungskraft der Reformation zu vermitteln, wird eine neue Broschürenreihe herausgegeben: "Reformation HEUTE".

Zurzeit arbeiten neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im SI. Vorstandsvorsitzender ist Arend de Vries, Vizepräsident des Landeskirchenamtes der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Seit 2009 begleitet evaluierend ein wissenschaftlicher Beirat die empirische Forschung des Sozialwissenschaftlichen Instituts. Im Mai 2013 hat das SI der EKD die eigene Projektarbeit auf den Prüfstand gestellt und sich von Wissenschaftlerinnen evaluieren lassen.

Hannover, 29. Oktober 2014

Pressestelle der EKD
Carsten Splitt