„Versöhnung ist nur möglich, sofern wir uns erinnern“

Landesbischof Bedford-Strohm predigt in der Dachauer Versöhnungskirche anlässlich des 70. Jahrestags des Kriegsendes

Der bayerische Landesbischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat den heutigen 8. Mai als einen „Tag der Dankbarkeit“ bezeichnet. In einem Gottesdienst in der Dachauer Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte erinnerte er an das Ende der NS-Diktatur mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht vor 70 Jahren am 8. Mai 1945. Vor 50 Jahren, am 8. Mai 1965 sei der Grundstein für die Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau gelegt worden.

Bedford-Strohm erinnerte in seiner Predigt in der Versöhnungskirche an die sechs Millionen Jüdinnen und Juden, die ermordet wurden, an die Sinti und Roma, die Homosexuellen, die geistig und körperlich Behinderten und die Menschen, die um ihrer politischen oder religiösen Überzeugungen willen in den Konzentrationslagern getötet wurden. „Während Einzelne sich zu Göttern aufspielten und entschieden über Leben und Tod, schwiegen viele andere, schauten weg, versuchten zu verdrängen und zu vergessen.“

Versöhnung sei nur möglich, so der bayerische Landesbischof, „wo wir in die Tiefe gehen und eben nicht vergessen oder verdrängen, sondern uns erinnern.“ Es dürfe niemals vergessen werden, „dass allein Gott unser Gott ist, dass Leben und Tod in seiner Hand liegen, dass kein Mensch sich an Gottes statt stellen darf, und wir alle zum Widerstand gerufen sind, wo dies geschieht, auch heute.“ Mit Gott an der Seite sei es möglich „immer wieder von dem zu reden, was jedes Mal von Neuem fassungslos macht und auch bei uns, die wir später geboren sind, Scham auslöst.“

In den 50 Jahren des Bestehens der Versöhnungskirche sei das Versprechen „tatsächlich eingelöst“ worden, das in ihrem Namen liegt, so Bedford-Strohm. „Viele Menschen - mich eingeschlossen - haben hier bewegende Gottesdienste erlebt“. Alle, die hier die Grundmelodie der Versöhnung im Herzen gespürt haben, so fügte er hinzu, „gehen mit dieser Grundmelodie im Herzen wieder heraus – und werden Botschafter der Versöhnung.“

Neben Landesbischof Bedford-Strohm kamen mit Ernst Grube (82) und Max Mannheimer (95) auch Überlebende der Konzentrationslager Theresienstadt und Dachau zu Wort.

Geschichte der Versöhnungskirche

Die Initiative für den Bau der Versöhnungskirche war von Dirk de Loos ausgegangen, der als niederländischer Widerstandskämpfer 1944 nach Dachau verschleppt worden war und sich später im Comité International de Dachau (CID) engagierte, dem Zusammenschluss der überlebenden Häftlinge. Dem Juristen gelang es über die Konferenz Europäischer Kirchen auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) für dieses Projekt zu gewinnen.

Am 9. November 1963 kündigte die Leitung der EKD im Gedenkgottesdienst zum 25. Jahrestag der Pogromnacht in Dachau das Vorhaben öffentlich an. Der Ratsvorsitzende Präses Kurt Scharf, in der NS-Zeit selbst zeitweise in Gestapo-Haft und amtsenthoben, erklärte, man wolle mit dem Bau „Verbundenheit mit allen Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft bezeugen“, zur Umkehr mahnen, zur Solidarität mit Verfolgten auffordern und Wege zur Versöhnung und zum Frieden unter den Völkern zeigen. Im Juli 1964 entschied man sich für den Entwurf des Mannheimer Architekten Helmut Striffler.

Hannover/München, 8. Mai 2015

Pressestelle der EKD
Carsten Splitt