Bedford-Strohm: „Social Distancing“ schadet der Seele

In der Diskussion um die Corona-Pandemie werden die Folgen für die Psyche zu wenig in den Blick genommen.

Heinrich Bedford-Strohm

EKD-Ratsvorsitzender, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

Heilbronn/München (epd). Nach Ansicht des bayerischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm werden in der Diskussion um die Corona-Pandemie die Folgen für die Psyche zu wenig in den Blick genommen. Es sei viel über die Auswirkungen der Pandemie geredet worden, aber es sei viel zu kurz gekommen, was das „Social Distancing“ mit der Seele macht, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwochabend in Heilbronn, wo er mit der Auszeichnung „Württemberger Köpfe“ geehrt wurde.

Es verwunde eine Gesellschaft, wenn äußere Formen der Verbundenheit wie Händeschütteln und Umarmen nicht mehr als Zeichen der Liebe, sondern als „Feinde der Liebe“ gelten, sagte Bedford-Strohm. Außerdem dürfe es nicht wieder passieren, dass ältere Menschen in Einrichtungen nicht von ihren Angehörigen besucht werden dürfen. Während des Lockdowns sei es bei fehlender Schutzkleidung ein Dilemma gewesen, zwischen der Gesundheit der alten Menschen und einer angemessenen Betreuung abzuwägen. Aber in Zukunft müsse man auch bei einer sich wieder verschärfenden Lage und steigenden Fallzahlen anders handeln.

Eine positive Konsequenz aus der Erfahrung mit der Pandemie könne sein, dass man dankbarer wird für Dinge, die als selbstverständlich galten. „Die wahre Lebenskunst ist, jeden Tag aus Gottes Hand zu nehmen.“ Wer lerne, dankbar zu sein, lerne auch zu teilen. Viele Menschen hätten gezeigt, dass sie bereit sind, bei Not zu helfen und solidarisch zu sein - auch über die nationalen Grenzen hinweg. Deshalb gebe es guten Grund, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken, sagte Bedford-Strohm.

In der Kilianskirche in Heilbronn wurde Bedford-Strohm mit der Auszeichnung „Württemberger Köpfe“ gewürdigt. Der Schirmherr des Preises der Württemberger Gesellschaft, der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU), sagte, Bedford-Strohm repräsentiere die Evangelische Kirche mit Leidenschaft und Optimismus, setze sich für Notleidende weltweit und gegen Hass und Hetze ein.

Auch wenn die Großveranstaltung zur Preisverleihung coronabedingt um ein Jahr verschoben wird, wird das Preisgeld über 50.000 Euro bereits dieses Jahr durch den Verein „miteinander“ an soziale Einrichtungen und Projekte für Kinder und Jugendliche ausgereicht. Im Jahr 2019 ging der Preis an den damaligen EU-Kommissar Günther Oettinger.