Bischöfin Fehrs: Evangelische Kirche muss sich Schuld bei sexualisierter Gewalt stellen

Debatte auf der EKD-Synodentagung in Würzburg

Bischöfin Kirsten Fehrs vor der Synode der EKD in Würzburg

Kirsten Fehrs, Mitglied des Rates der EKD, trug der EKD-Synode in Würzburg den Bericht zur Verantwortung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche vor.

Würzburg (epd). Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs hat von der evangelischen Kirche eine umfassende Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt gefordert, um diese in ihren Einrichtungen für die Zukunft zu verhindern. Wirkungsvolle Prävention brauche immer Aufarbeitung, sagte sie vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Würzburg. Man müsse verstehen, wie ein Umfeld entstehe, in dem Grenzen missachtet werden und Täter ihr System etablieren.

„Eine Kirche, die solcher Gewalt nicht wehrt, ist keine Kirche mehr“

In einer eindringlichen Rede forderte Fehrs Kirchenleitende dazu auf, sich auch emotional der Schuld der ganzen Institution Kirche bei diesem Thema zu stellen. Sexualisierte Gewalt löse den menschlichen Reflex aus, sich damit nicht befassen zu wollen.

„Aber diesen Widerstand zu überwinden ist unabdingbar, gerade doch zum Schutz vor weiterem Leid“, sagte die Theologin und ergänzte: „Eine Kirche, die solcher Gewalt nicht wehrt, ist keine Kirche mehr.“

Fehrs sagte, bei Fällen von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche werde bei aller Individualität ein „evangelisches Muster“ erkennbar, „begünstigende Faktoren in der evangelischen Kirche, die den Tätern zuspielen“. Sie verwies auf Machtstrukturen, die falsch verstandene Reformpädagogik ab den 70er Jahren und eine unscharfe Trennung von dienstlichen und privaten Verhältnissen.

Mehr Aufarbeitung bei den Protestanten

Fehrs ist Mitglied und derzeit Sprecherin des fünfköpfigen Beauftragtenrats, den die 20 evangelischen Landeskirchen zum Thema Missbrauch einberufen haben. Ausgehend von einem Hearing in diesem Sommer, bei dem Betroffene über sexualisierte Gewalt in der katholischen und evangelischen Kirche berichteten, waren Rufe nach größeren Aufarbeitungsbemühungen auch bei den Protestanten lauter geworden.

Der Zusammenschluss der Landeskirchen hat in Würzburg beschlossen, zwei Studien zur Aufklärung des Dunkelfelds und von Risikofaktoren zu beauftragten. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte dem epd, auch für den evangelischen Wohlfahrtsverband müsse es eine eigene Aufarbeitung geben. Bei den unabhängigen Aufarbeitungskommissionen, die zehn der 20 Landeskirchen eingerichtet haben, wurden bislang 479 Fälle gemeldet. Zwei Drittel davon betreffen Fehrs zufolge Heimkinder, damit also den Bereich der Diakonie. Die evangelische Kirche will zudem eine zentrale Anlaufstelle für Betroffene einrichten.

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