Debatte um Kreuz-Pflicht in Bayern nimmt an Schärfe zu

Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hält den Beschluss für einen falschen Schritt

Holzkreuz
Das bayerische Kabinett hatte in seiner Sitzung am 24. April die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats geändert und beschlossen, dass im Eingangsbereich aller bayerischen Dienstgebäude künftig ein Kreuz hängen soll. (Foto: Symbolbild)

Frankfurt a.M./München (epd). In der Debatte um die Kreuz-Pflicht in bayerischen Behörden verhärten sich die Fronten. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) missbrauche das christliche Symbol durch „plumpes Wahlkampfgetöse“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (26. April). Göring-Eckardt war von 2009 bis 2013 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Gegen die Kreuz-Pflicht formiert sich auch Widerstand unter Studenten und kirchlichen Jugendverbänden. Die CSU wies indessen Kritik als „heuchlerisch“ zurück.

Das bayerische Kabinett hatte in seiner Sitzung am 24. April die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats geändert. Im Eingangsbereich aller staatlichen Dienstgebäude muss ab 1. Juni als Ausdruck der „geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns“ deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung angebracht werden. Die Anordnung der Staatsregierung hat für Kritik von Juristen, Parteien und Kirchenvertretern gesorgt – es gab aber auch Zustimmung für den Beschluss.

Im bayerischen Landtag lieferten sich Opposition und Regierungspartei CSU am Donnerstag einen harten Schlagabtausch zur Kreuz-Pflicht in Landesbehörden. Nach Worten wie „Heuchelei“ und mehreren Zwischenrufen forderte Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) die Abgeordneten auf, „bei der Debatte ein Stück Haltung anzunehmen“ und auf Zwischenrufe zu verzichten.

CSU-Generalsekretär Markus Blume verteidigte in seiner Rede die vom Kabinett erlassene Kreuz-Pflicht in den Landesbehörden. Er nannte den Grünen-Dringlichkeitsantrag „heuchlerisch“. Es sei vielmehr beschämend, dass aus der „grünen Multilkulti-Ecke“ Empörung komme, wenn andere ein Kreuz aufhängten. Die Grünen wollten Bayern „zum religionsfreien Raum“ machen. Die weltanschauliche Neutralitätspflicht des Staates dürfe aber nicht „mit einem sittlich ungebundenen Staat“ verwechselt werden. Man führe „keinen Kulturkampf und keinen Kreuzzug“.

Das Kreuz sei ein explizit christliches Symbol

Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze hatte zuvor der Staatsregierung von Ministerpräsident Söder vorgeworfen, die Verordnung sei ein „kaltes Kalkül für mehr Wählerstimmen“. Das Kreuz sei das Symbol des gekreuzigten und wiederauferstandenen Christus und damit das zentrale Symbol des Christentums, sagte sie. Die CSU verletze mit der Kreuz-Pflicht den „Geist der Verfassung“. Sie forderte die Kirchen auf: „Lassen sie es nicht zu, dass ihr Symbol für parteitaktische Zwecke missbraucht und zum Wandschmuck degradiert wird!“

Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, hält den Beschluss für einen falschen Schritt. Damit werde eine Grenze zwischen Staat und Kirche überschritten, sagte er am 26. April am Rande der kurhessischen Landessynode. Das Kreuz sei mitnichten ein Symbol der Identität der Bevölkerung, sondern ein explizit christliches Symbol. Der Beschluss des Kabinetts müsse wohl vor dem Hintergrund der anstehenden Landtagswahl gesehen werden, um der AfD das Wasser abzugraben. Hein betonte, dass es in Hessen weder vonseiten des Staates noch vonseiten der Kirchen ähnliche Bestrebungen wie in Bayern gäbe. Auch das Bistum Essen wirft Söder eine Zweckentfremdung des Kreuzes vor.

Der studentische Sprecher der Universität Regensburg, Tarek Carls, startete eine Petition gegen die Anordnung des Kabinetts von Ministerpräsident Söder, wie das Internetportal change.org mitteilte. Bis zum frühen 26. April gab es mehr als 22.000 Unterzeichner. „Der Beschluss, in jeder öffentlichen Institution Bayerns ein Kruzifix aufhängen zu müssen, missachtet das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates“, begründet Carls seine Petition. Für Universitäten gilt nach Angaben des Innenministeriums keine Verpflichtung zum Anbringen eines Kreuzes. In Bayern haben zudem kirchliche Jugendverbände mit scharfen Worten auf die Kreuz-Pflicht reagiert.