EKD-Kulturbeauftragter plädiert für sorgsame Sterbebegleitung in Corona-Krise

Johann Hinrich Claussen warnt vor seelischen Folgen der Kontaktverbote in Krankenhäusern und Pflegeheimen

Johann Hinrich Claussen, Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland

Der EKD-Kulturbeauftragte Claussen plädiert dafür, mehr Besuche und eine Sterbebegleitung in Krankenhäusern und Pflegeheimen zuzulassen: „Denn oft lassen sich die Schäden, die durch die bittere Medizin der Quarantäne angerichtet werden, später nicht mehr wiedergutmachen.“

Berlin (epd). Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, warnt vor gravierenden seelischen Folgen der Kontaktverbote in Pflegeheimen und Krankenhäusern wegen der Corona-Krise. Eine menschenfreundliche und würdevolle Kultur des Sterbens, des Todes und der Trauer werde durch die Pandemie und die Maßnahmen zu deren Eindämmung massiv in Mitleidenschaft gezogen, schrieb Claussen in einem am Samstag veröffentlichten Beitrag für das Magazin Zeitzeichen“. Das social distancing betrifft verletzt die Art, wie Menschen sterben und dann aus dem Leben verabschiedet werden.“

Retten wir Hochrisiko-Patienten zu Tode?

Sterbende, hochbetagte und durch Demenz beeinträchtigte Menschen bräuchten menschliche Nähe, Zugewandtheit und freundliche Berührung, schrieb Claussen. Unter Corona-Bedingungen sei eine sorgsame Sterbebegleitung kaum oder gar nicht möglich. Sowohl die Besuchsverbote als auch die Einschränkungen bei Beerdigungen seien für die Betroffenen sehr schmerzhaft. „Vieles wird sich nachholen lassen, wenn die Lage sich entspannt hat, dies jedoch nicht“, betonte der EKD-Kulturbeauftragte.

Natürlich gebe es gute Gründe für die Kontaktverbote, unterstrich Claussen. Es gebe aber auch „sehr gute Gründe, hier über einen schrittweisen Ausstieg aus dem Ausstieg nachzudenken. Denn oft lassen sich die Schäden, die durch die bittere Medizin der Quarantäne angerichtet werden, später nicht mehr wiedergutmachen“. Ihm stelle sich die Frage, „ob wir nicht auf dem Weg sind, Hochrisiko-Patienten zu Tode zu retten“.

Der Beauftragte sprach sich zudem für eine „neue gesellschaftliche Verständigung über Leben und Tod“ aus. Wenn mehr Besuche und eine Sterbebegleitung ermöglicht werden sollten, „müssen wir auch – in Maßen – das Risiko akzeptieren, dass mehr hochbetagte Menschen in Pflegeeinrichtungen sterben“, schrieb er.