Kirchen würdigen scheidenden Berlinale-Chef Kosslick

Ökumenischer Empfang der 69. Berlinale

Berlin (epd). Vor dem Hintergrund von erstarkendem Rechtspopulismus und Fake News haben die Kirchen an die wichtige gesellschaftliche Funktion von Kultur und Medien erinnert. „Es gibt gezielte Angriffe von Rechtsextremen gegen Kulturschaffende“, sagte der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, am 10. Februar beim Ökumenischen Empfang der 69. Berlinale und rief zu Solidarität auf. Der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart), betonte in Berlin, Medien seien wichtige Vermittler eines „wahrheitsgetreuen Bildes der Wirklichkeit“.

Berlinale-Direktor Dieter Kosslick (70), der nach 18 Jahren aus dem Amt scheidet und in diesem Jahr sein letztes Festival leitet, wurde mit dem Ehrenpreis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet. Unter Kosslick habe sich das Filmfest zu einem politischen Festival entwickelt, sagte die Präsidentin der Internationalen Kirchlichen Filmorganisation Interfilm, Julia Helmke. „Man erkennt vielleicht erst heute, nach der Erschütterung zahlreicher politischer, moralischer und kulturell-kommunikativer Gewissheiten, den Wert und die Bedeutung dieser entschiedenen Positionierung“, fügte sie hinzu.

Kosslick kritisierte die Flüchtlingspolitik der CSU und insbesondere Bundesinnenminister Horst Seehofer. Er appellierte an die Kirchen, sich einzusetzen und christlich zu verhalten – „und mit Empathie auf fremde Menschen zuzugehen“, so wie es der Berlinale-Eröffnungsfilm „The Kindness of Strangers“ von Lone Scherfig gezeigt habe.   

„Das deutsche Kino befindet sich in einer Krise“ 

Claussen sagte weiter: „Das deutsche Kino befindet sich in einer Krise, nicht nur wirtschaftlich oder technologisch.“ Als Teil des Kulturlebens müsse es sich auch inhaltlich und politisch in einem raueren Klima behaupten. Erforderlich sei „mehr Solidarität untereinander, ein Einstehen füreinander“. Das betreffe nicht nur die Filmbranche, auch die Kirchen müssten ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst nehmen und Haltung zeigen. Dabei dürften sie es sich „nicht zu einfach machen“. Es reiche nicht aus, „zu glauben, auf der richtigen Seite zu stehen“. Aktiver Widerspruch sei gefragt. 

Fürst ging auch auf den im Berlinale-Wettbewerb gezeigten Film „Grâce à Dieu“ von Francois Ozon über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche ein. Diese habe sich, auch wenn dies „unbestreitbar schmerzhaft“ sei, für den Weg der „rückhaltlosen Aufklärung“ entschieden. „Damit wir uns ein Bild machen können, was Missbrauch bedeutet, vor allem für die Opfer, sind auch Filme wichtig, die hier Impulse geben“, betonte er. Ozons Drama basiert auf dem Fall des Priesters Bernard Preynat, der von 1986 bis 1991 rund 70 Jungen missbraucht haben soll. Der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, steht derzeit wegen Nichtanzeige der sexuellen Übergriffe vor Gericht. 

Beim Empfang wurde zudem die diesjährige Ökumenische Jury vorgestellt. Jurypräsidentin ist die deutsche Medienwissenschaftlerin Anna Grebe. Außerdem gehören der Jury an: Pamela Aleman, Pressesprecherin der Diözese Hamilton in Kanada, Micah Bucey, Pfarrer aus den USA, die Literaturprofessorin Dominic Dipio aus Uganda, die kanadische Autorin und Übersetzerin Kristine Greenaway sowie Margrit Frölich, Studienleiterin an der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main.