Populärer Seelsorger, Mahner und Brückenbauer

Bedford-Strohm gratuliert Amtsvorgänger Manfred Kock zum 85. Geburtstag

Karriere wollte Manfred Kock eigentlich nie machen - und übernahm dann doch wichtige Spitzenämter der evangelischen Kirche. Nun wird der gleichermaßen beliebte und bescheidene Theologe 85 Jahre alt. Seine Stimme ist nach wie vor gefragt.

Manfred Kock

Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und frühere rheinische Präses Manfred Kock. Er war von 1996 bis 2003 Präses der​ rheinischen Landeskirche, von 1997 bis November 2003 stand er als EKD-Ratsvorsitzender an der Spitze der inzwischen 24 Millionen Protestanten in Deutschland.

Düsseldorf (epd). Spitzenvertreter der evangelischen Kirche haben die Verdienste des ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und rheinischen Präses Manfred Kock gewürdigt, der am 14. September  85 Jahre alt geworden ist.. „Als Nachfolger im Ratsvorsitz stoße ich immer wieder auf Segensspuren, die Sie hinterlassen haben“, heißt es im Glückwunschschreiben des amtierenden EKD-Ratschefs Heinrich Bedford-Strohm. „Seelsorge und öffentliche Theologie waren für Sie nie ein Gegensatz, sondern gehörten zusammen. Das strahlen Sie bis heute aus.“

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, hob Kocks klare öffentliche Positionierungen in ökumenischen Fragen, im christlich-jüdischen Dialog und in der Kirchenpolitik hervor. „Damit haben Sie wichtige Akzente und Maßstäbe auch für unsere heutige Zeit gesetzt“, würdigte er seinen Amtsvorgänger. Die Führungsämter als rheinischer Präses und als EKD-Ratsvorsitzender habe Kock „gekonnt dazu genutzt, ein reichhaltiges Spektrum an Themen voranzutreiben“, auch die Art der kirchlichen Kommunikation habe er vorangebracht.

Manfred Kock brennt noch immer für Kirche und Glauben. Die Welt brauche weiterhin dringend die christliche Botschaft, sagt der frühere rheinische Präses und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Wir sind nach wie vor Kirche für das Volk und können auch als Minderheit in die Gesellschaft ausstrahlen und etwas bewirken.“ Der ebenso bescheidene wie volksnahe und populäre Theologe war von 1997 bis 2003 oberster Repräsentant des deutschen Protestantismus.

Auch wenn er mit dem Tagesgeschäft seiner Kirche schon fast zwei Jahrzehnte nichts mehr zu tun hat, steht Kock wie eh und je für eine gesellschaftlich und politisch wache und engagierte Kirche und äußert sich immer wieder öffentlich zu aktuellen Fragen. Sein Auftreten kennzeichnet noch im hohen Alter, was schon in den kirchlichen Spitzenämtern seine Stärke war: Er bezieht klar Stellung und wirkt zugleich gelassen, bedächtig und ausgleichend. So agierte er als Moderator und Brückenbauer - sowohl zwischen den Interessen und Strömungen in der EKD als auch in der Ökumene und im Dialog zwischen den Kulturen und Religionen.

Die Themen von Kocks Amtszeit sind noch immer aktuell: Ökumene, Christen und Juden, Krieg und Ungerechtigkeit, Bioethik und Sterbehilfe, Migration, Wandel des Sozialstaats, Bewahrung der Schöpfung. Die künftige Bundesregierung müsse den Klimaschutz voranbringen und für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen, sagt der frühere Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Entscheidend für die Zukunft der Welt sei auch ein friedliches Zusammenleben, fügt er mit Blick auf die Entwicklung in Afghanistan nachdenklich hinzu: „Nach den jüngsten Ereignissen wird man sicher noch etwas skeptischer auf Militäreinsätze in Konfliktregionen schauen müssen.“

Die Zukunft der Kirchen in Deutschland kann nach Ansicht Kocks nur eine gemeinsame sein. Die Welt brauche nach wie vor dringend die christliche Botschaft, betont er und fordert, die Kirchen dürften nicht nur die eigenen Mitglieder im Blick haben. Ökumene-Fortschritte erhofft er sich vor allem von den katholischen Reformbewegungen, die das hierarchische Amtspriestertum infrage stellten.

Seinen Jugendwunsch, Menschen zu helfen, erfüllt sich Kock bis heute als Seelsorger - damals wollte er noch Arzt werden. Inzwischen tritt er zwar kürzer. Er predigt aber nach wie vor regelmäßig in seiner Kölner Ortsgemeinde und in einem katholischen Altenpflegeheim, gelegentlich hält er auch Vorträge.

Kock wurde am 14. September 1936 als ältestes von drei Kindern im münsterländischen Burgsteinfurt geboren. Er studierte Theologie in Bethel, Münster und Tübingen, seine erste Pfarrstelle trat er 1962 in einer Bergarbeitergemeinde in Recklinghausen an. Er wechselte 1970 als Jugendpfarrer nach Köln, wo er sechs Jahre später Gemeindepfarrer wurde und 1988 an die Spitze des Stadtkirchenverbands rückte.

Als er bereits den Ruhestand im Blick hatte, wurde Kock unverhofft in zwei Führungsämter gewählt, die ihm alles abverlangten. Diese Karriere „war nicht Bestandteil meines Lebensentwurfs“, sagt er im Rückblick. Als 1996 der damalige rheinische Präses Peter Beier plötzlich starb, wurde Kock zunächst zu dessen Nachfolger bestimmt.

Knapp ein Jahr später machte der vermeintliche Übergangskandidat an der Spitze der zweitgrößten Landeskirche dann überraschend auch das Rennen bei der Wahl zum EKD-Ratsvorsitzenden, als er sich gegen Wolfgang Huber durchsetzte. Im Jahr 2003 trat er zunächst als rheinischer Präses und dann als höchster Repräsentant der deutschen Protestanten aus dem Rampenlicht.

Seit den Corona-Lockerungen geht der Klassik-Liebhaber Kock mit seiner Frau Gisela wieder in die Oper und in Konzerte, kommendes Jahr hat das Paar diamantene Hochzeit. Für seine sechs erwachsenen Enkel hat er seine Kindheitserlebnisse aufgeschrieben. Ein schwerer Verlust war der Tod seines jüngsten Sohnes 2016, seine beiden anderen Kinder leben in Köln. Ein besonderes Geschenk erwartet Kock rund um seinen 85. Geburtstag: Er wird in diesen Tagen zum ersten Mal Urgroßvater.

Von Ingo Lehnick (epd)