Bischof Huber: Nach "Pro Reli" wird Religion "anders gewürdigt"

Köln (epd). Nach Einschätzung von Bischof Wolfgang Huber stellt das Scheitern des Berliner Volksentscheides zur Aufwertung des Religionsunterrichts keine Niederlage für die Kirchen dar. Die "Pro Reli"-Abstimmung vom Sonntag dürfe man nicht als "Gesamturteil über die persönliche wie öffentliche Bedeutung von Religion würdigen", sagte der Berliner Bischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland am Dienstag im Deutschlandfunk. Die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Senat habe vielmehr dazu beigetragen, dass die Bedeutung von Religion und Kirche nun "anders gewürdigt" werde.

Huber nannte es ein "kühnes Vorhaben" der Initiative "Pro Reli", sich entgegen der Berliner Tradition für einen Wahlpflichtbereich Ethik/Religion einzusetzen. Er habe daher größten Respekt vor den Initiatoren des Volksentscheides. Seit 15 Jahren habe er sich als Landesbischof für eine Aufwertung des Religionsunterrichts in Berlin eingesetzt. Da wäre es ein Fehler gewesen, wenn sich die Kirche nicht auch für die Volksinitiative engagiert hätte, verteidigte Huber auch sein starkes persönliches Engagement, das unter anderem vom Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kritisiert worden war.

Das Werben um Stimmen habe in den vergangenen Wochen zu einer "ganz starken Polarisierung" geführt. Nun sei es an der Zeit, "diese Polarisierung zu überwinden und miteinander ins Gespräch zu kommen", bekräftigte Huber sein Bemühen um einen Dialog mit dem rot-roten Senat. Unter anderem sprach sich der Bischof dafür aus, den freiwilligen Religionsunterricht besser in die Stundenpläne zu integrieren und Kooperationen zwischen den Fächern Ethik und Religion zu suchen.

Die Initiative "Pro Reli" war beim Volksentscheid in Berlin deutlich gescheitert. Sie verfehlte nicht nur das Quorum notwendiger Ja-Stimmen von einem Viertel der Berliner Wahlberechtigten, sondern auch die Mehrheit unter den abgegebenen Stimmen. Seit 2006 wird auf Betreiben des rot-roten Senats das Pflichtfach Ethik ab der siebten Klasse unterrichtet, Religionsunterricht kann zusätzlich wie zuvor schon seit langem freiwillig besucht werden. Bei einem Erfolg der Initiative "Pro Reli" hätten Schüler zwischen Ethik und Religion wählen können.

28. April 2009

Das Interview vom 28. April 2009 im Deutschlandfunk