Kirchenpapier erteilt Sterbehilfe und Beihilfe zu Suizid Absage
Wien (epd). Aktive Sterbehilfe und Suizidbeihilfe sind aus Sicht der evangelischen Kirchen in Europa ethisch nicht zu rechtfertigen. In einem am Donnerstag in Wien vorgestellten Papier der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa heißt es, Tötung auf Verlangen stehe in Widerspruch zu tief verwurzelten moralischen Überzeugungen. Der Zusammenschluss von 105 evangelischen Kirchen zeigt zwar Verständnis für die öffentliche Forderung, die aktive Sterbehilfe gesetzlich zu erlauben, lehnt diese Bestrebungen aber ab.
"Eine Legalisierung würde eine Art Normalisierung und Billigung von Tötung auf Verlangen implizieren, was sie zu einem gewöhnlichen und etablierten Element medizinischer und klinischer Praxis machen würde", wird in der Studie argumentiert. Statt einer allgemeinen Legalisierung sollte erwogen werden, in wenigen, extremen Fällen auf die strafrechtliche Verfolgung zu verzichten.
25. August 2011
Studie zu Fragen am Lebensende wirbt für Ausbau von Schmerzbekämpfung -
Wien (epd). Aktive Sterbehilfe und Beihilfe zur Selbsttötung sind aus Sicht der evangelischen Kirchen in Europa ethisch nicht zu rechtfertigen. In einem am Donnerstag in Wien vorgestellten Papier der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa heißt es, Tötung auf Verlangen stehe in Widerspruch zu tief verwurzelten moralischen Überzeugungen. Der Zusammenschluss von 105 evangelischen Kirchen zeigt zwar Verständnis für die öffentliche Forderung, die aktive Sterbehilfe gesetzlich zu erlauben, lehnt diese Bestrebungen aber ab.
In Europa bestehen sehr unterschiedliche Regelungen zu Sterbehilfe. In Belgien, Luxemburg und den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe unter strikten Auflagen zulässig. Hilfe zur Selbsttötung ist in der Schweiz erlaubt. In Deutschland ist die Suizidbeihilfe im ärztlichen Standesrecht untersagt. In anderen europäischen Ländern sind Tötung auf Verlangen und Beihilfe zur Selbsttötung verboten.
"Eine Legalisierung würde eine Art Normalisierung und Billigung von Tötung auf Verlangen implizieren, was sie zu einem gewöhnlichen und etablierten Element medizinischer und klinischer Praxis machen würde", wird in der Studie argumentiert. Statt einer allgemeinen Legalisierung sollte erwogen werden, in wenigen, extremen Fällen auf die strafrechtliche Verfolgung zu verzichten. Das Dokument ist für die Mitgliedskirchen nicht bindend. Der evangelisch-lutherische Bischof von Österreich, Michael Bünker, sagte, die Orientierungshilfe sollte im interdisziplinären und ökumenischen Gespräch Standard sein.
Aus christlicher Sicht lasse sich ein positives Recht auf Selbsttötung, Suizidbeihilfe sowie Tötung auf Verlangen nicht rechtfertigen, sagte der Sozialethiker Ulrich H.J. Körtner, der zu den Autoren der Studie gehört. Dennoch sei es Aufgabe der Kirchen, auch jene Menschen zu begleiten, die keinen anderen Ausweg sehen. Besonders Seelsorger stünden vor der Aufgabe, den Menschen zu helfen, mit der Erfahrung sinnlosen Leidens umzugehen.
Weiter sagte der in Wien lehrende Theologieprofessor, das Recht auf Leben bedeute keine Pflicht zum Leben. "Weder aus rechtlicher, noch aus christlicher Sicht haben wir das Recht, andere Menschen zum Leben oder Weiterleben zu zwingen." Lebensschutz begründe weder ethisch noch rechtlich die Bevormundung und Entmündigung von Patienten. "Wer glaubt, mündige Bürger vor sich selbst schützen zu müssen, gibt letztlich der Forderung nach einer Liberalisierung der Euthanasie neue Nahrung", warnte Körtner.
In dem Dokument wird ein Ausbau der schmerzlindernden Palliativmedizin und -pflege empfohlen. Die Möglichkeiten zur Behandlung und Linderung von körperlichen Schmerzen und Beschwerden am Lebensende habe sich wesentlich verbessert. Auch der Verzicht beziehungsweise der Wunsch nach Abbruch einer Therapie könne akzeptiert beziehungsweise notwendig sein. Weiter heißt es in der Studie, dass aus Sicht der evangelischen Kirchen der Abbruch der Ernährung von Patienten im Wachkoma nicht immer abzulehnen sei.
Die Frage nach dem Tod berühre die tiefsten Belange der menschlichen Existenz, sagte der Präsident der Kirchengemeinschaft, der Schweizer Theologe Thomas Wipf. "Die Medizin kann den Menschen das Sterben nicht ersparen." Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa vereint 105 lutherische, reformierte und methodistische Kirchen in 30 Ländern.
25. August 2011