Bedford-Strohm: Mediziner entscheiden nach ihrem Gewissen
In mehreren Interviews äußert sich der neue EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm zur Diskussion um Sterbehilfe. Regelungen zur ärztlich assistierten Selbsttötung lehnt er ab. Die Mediziner sollten weiter nach ihrem Gewissen entscheiden.
Berlin (epd). Der neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, will die ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung nicht gesetzlich regeln. Im SWR-Hörfunk sprach er am Donnerstag von "Dilemma-Entscheidungen, in denen Ärzte schon jetzt nach ihrem Gewissen entscheiden müssen". Der bayerische Landesbischof wandte sich zugleich gegen eine Lebensverlängerung "um jeden Preis". Ebenso bekräftigte er die Forderung nach einem Verbot organisierter Sterbehilfe sowie einer Stärkung von Palliativmedizin und Hospizarbeit.
Er wolle keine Gesetze, in denen Bedingungen für das Recht formuliert würden, "sich selbst zu töten und dabei die Assistenz des Arztes zu bekommen", sagte Bedford-Strohm. Er lehnte auch strafrechtliche Regelungen ab, "die dem Arzt das Gefühl geben, er steht mit einem Fuß im Gefängnis". In der "Passauer Neuen Presse" warnte der der Theologe vor einem "Recht auf Unterstützung bei der Selbsttötung". Dies sei die falsche Botschaft. Doch schon nach jetzigem Recht gebe es Grenzsituationen, "in denen sich Ärzte entscheiden müssen, ob sie Schmerzen lindern und dafür in Kauf nehmen, dass sich das Leben des Patienten verkürzt".
Der Bundestag debattierte am Donnerstag über eine mögliche Neuregelung der Sterbehilfe. Eine wichtige Rolle spielt dabei der ärztlich assistierte Suizid. Dieser ist nicht verboten, allerdings untersagt das Standesrecht in vielen Bundesländern den Medizinern die Beihilfe zur Selbsttötung. Nach einem Vorschlag von Bundestags-Vizepräsident Peter Hintze (CDU), des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und weiterer Abgeordneter soll die ärztliche Beihilfe zum Suizid gesetzlich erlaubt werden.
Eindringlich warb Bedford-Strohm für ein Verbot organisierter und kommerzieller Sterbehilfe. Im SWR sagte er, wenn das Sich-Töten-Lassen zum Normalfall werde, könne es sein, dass Menschen sich fragten: "Sollte ich nicht auch darum bitten, dass ich mich töten lassen darf?" Auf der anderen Seite verwies er darauf, dass zum Lebensende auch gehöre, den Tod nicht so lange wie möglich hinauszuzögern, sondern "dass man die Endlichkeit und das Sterben annimmt". Es könne für den Patienten besser sein, wenn der Arzt sage: "An dieser Stelle beende ich die Therapie und begleite dich beim Sterben."
Der Ratsvorsitzende verlangte in beiden Interviews mehr finanzielle Unterstützung für Palliativmedizin und Hospizwesen. Für die evangelische Kirche komme es darauf an, dass die Menschen an ihrem Lebensende gut begleitet würden, sagte er in der "Passauer Neuen Presse". Es müsse genug Zeit für die Pflege vorhanden sein, die Betroffenen sollten medizinisch so versorgt werden, dass sie keine Schmerzen hätten. "Die meisten werden dann gar nicht erst den Wunsch entwickeln, sich töten zu lassen", ergänzte Bedford-Strohm.
14. November 2014