Ministerpräsident Weil und Bischof Meister würdigen "Loccumer Vertrag"
Hannover (epd). Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der evangelische Landesbischof Ralf Meister haben den vor 60 Jahren geschlossenen "Loccumer Vertrag" zwischen dem Land und den Kirchen gewürdigt. "Die Grundlage des Loccumer Vertrages ist so klar, vernünftig und erfolgreich, dass ich niemanden wüsste, der daran ernsthaft rütteln möchte", sagte Weil in einem gemeinsam mit Meister geführten Interview des Evangelischen Pressedienstes (epd). Der Vertrag sei der "Prototyp" für viele andere Staatskirchenverträge in Deutschland gewesen.
Der Loccumer Vertrag regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Land Niedersachsen und den fünf evangelischen Landeskirchen. Er wurde am 19. März 1955 im Kloster Loccum bei Nienburg unterzeichnet. Zentrale Inhalte sind der Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen, der Einzug der Kirchensteuern durch den Staat sowie Einzelfragen von Kultur, Bildung und Soziales. Die Landesregierung plant für den 23. Juni einen Festakt zum 60-jährigen Bestehen des Vertrags.
"Das Land wünscht sich eine Kirche, die nicht in sich selbst ruht, sondern aktiver Teil der Gesellschaft ist und Verantwortung übernimmt", sagte Weil. "Ich möchte keinen Staat, der den Anspruch hat, alles zu regeln, alles besser zu wissen." Für das Land seien die Kirchen als Partner unverzichtbar. Als Beispiel nannte Weil das Thema Flucht und Asyl: "Ohne die Anstrengungen der Diakonie oder das Engagement vieler Kirchengemeinden könnten wir mit dieser Aufgabe kaum fertig werden."
Meister verwies auf die historische Bedeutung des Loccumer Vertrags, der zehn Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft entstanden sei: "Er kommt aus einem System, in dem der Staat versucht hatte, die Kirchen klein zu machen und zu unterdrücken." In Loccum hätten 1955 alle Beteiligten deutlich gemacht, dass sie für die Zukunft ein anderes Modell wollten: "Eines, in dem die Kirche für Werte- und Urteilsbildungen eine eigene Stimme hat."
epd-Gespräch: Michael Grau und Ulrike Millhahn
19. März 2015