Diakonie kritisiert die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten
Berlin (epd). Vor der Entscheidung des Bundestags, ob Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, haben Diakonie, Caritas und Pro Asyl den Gesetzentwurf kritisiert. "Es rührt am Kern des Grundrechts auf Asyl - dem Recht auf individuelle Prüfung - diese drei Länder als sichere Herkunftsstaaten einzustufen und über die Asylanträge Schutzsuchender von dort künftig in einem Schnellverfahren zu entscheiden", sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie den Tageszeitungen des "RedaktionsNetzwerks Deutschland". In den drei nordafrikanischen Ländern würden die Menschenrechte von politisch Andersdenkenden, Homosexuellen, Frauen und Behinderten regelmäßig verletzt.
Auch Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes, lehnte die Pläne der Bundesregierung ab. "Das Konzept sicherer Herkunftsstaaten sehen wir sehr kritisch. Es birgt die Gefahr, dass das Ergebnis des individuellen Asylverfahrens vorweggenommen wird", sagte Neher.
Arbeitsmöglichkeiten verbessern
Kritik an den Plänen kam auch von Pro Asyl: "Staaten, in denen gefoltert wird, demokratische Grundrechte missachtet und die Menschenrechte verletzt werden, sind keine sicheren Herkunftsstaaten", erklärte die Flüchtlingsorganisation. Die Bundesregierung beschönige die Lage und ignoriere Menschenrechtsverletzungen in den drei Ländern. Das geplante Gesetz sei verfassungswidrig. Pro Asyl kritisierte, es werde allein nach politischen Erwägungen entschieden.
Diakonie und Caritas forderten zudem, das vollständige Arbeitsverbot für die Betroffenen aufzuheben. "Wir regen an, auch für diese Staatsangehörigen in begrenztem Maße die Arbeitsaufnahme in Deutschland zu ermöglichen", sagte Caritas-Präsident Neher. Diakonie-Präsident Lilie mahnte eine "angemessene Teilhabe an Wohnraum, Arbeit, Gesundheitsversorgung und Bildung" an.
Im Bundestag wird mit einer Mehrheit für den Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium gerechnet. Von der Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten erwartet sich die Bundesregierung schnellere Verfahren und Rückführungen bei Asylbewerbern aus den Maghreb-Staaten. Deren Anträge könnten dann in verkürzten Verfahren behandelt und in aller Regel als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden.
13. Mai 2016