Reformationstag: Bischöfe fordern Mut für Veränderung
Frankfurt a.M. (epd). Evangelische Bischöfe haben die Deutschen zum Reformationstag an diesem Freitag zu gesellschaftlichen und sozialen Veränderungen ermutigt. Umkehr und Erneuerung fange bei jedem einzelnen Menschen an, «oder sie findet gar nicht erst statt», erklärte der Magdeburger Bischof Axel Noack, der auch Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Am 31. Oktober erinnern Protestanten in aller Welt an den Beginn der Reformation durch Martin Luther (1483-1546) vor fast 500 Jahren.
Die Kirchen spielen bei dem geplanten Umbau der Sozialsysteme nach Ansicht des Bischofs der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein (Kassel), eine wichtige Rolle: «Angesichts der anstehenden großen Reformaufgaben in unserem Land wird es darauf ankommen, dass die Kirchen auch in Zukunft in der Perspektive christlicher Verantwortung mit einer Stimme sprechen.»
Die Gesellschaft brauche «ab und zu» Reformen, damit sie «Überschüssiges abstreift und das Erhaltenswerte wieder zu schätzen lernt», so Noack. Viele Menschen seien nicht bereit, sich selbst zu verändern. Es herrsche die allgemeine Ansicht vor, reformbedürftig seien immer die anderen. Doch jeder Einzelne müsse sich selbst bewegen und an Erneuerungen heranwagen.
Bischof Hans Christian Knuth (Schleswig), Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), rief die Deutschen zu mehr Lebensfreude auf. Nach Luthers Lehre befreie Gott den Menschen von Schuldgefühlen: «Gott gibt den Menschen durch den Glauben an die Vergebung ein starkes Urvertrauen», bekräftigte der Repräsentant von rund elf Millionen Lutheranern.
Luthers Theologie eröffne gerade in der heutigen Zeit eine Freiheit, die von vielen Bedrängnissen entlaste, sagte Bischof Knuth dem epd. Zugleich warnte er davor, den Glauben mit Moral zu verwechseln. Viele gesellschaftliche Fragen seien heute nicht eindeutig zu beantworten. Dazu zähle die Gentechnik, Abtreibung oder Energieversorgung. Knuth: «Egal, wie ich mich entscheide, ich werde immer irgendwie schuldig.»
Der Reformationstag wird von Protestanten auch als Tag zur Selbstbesinnung und Selbstprüfung verstanden. Ob Luther seine gegen den kirchlichen Handel mit Sündenablass gerichteten 95 Thesen am 31. Oktober 1517 tatsächlich an die Tür der Wittenberger Schlosskirche schlug, ist historisch zwar nicht gesichert. Seine Thesen haben aber die Weltgeschichte nachhaltig verändert.