Kirchlicher Friedensbeauftragter fordert klares Bundeswehr-Mandat für Afghanistan
Bremen (epd). Das neue Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan muss nach Auffassung des kirchlichen Friedensbeauftragten Renke Brahms klare Vorgaben machen. "Weiche Formulierungen zum Abzug der Kampftruppen wie etwa 'wenn es möglich ist' stärken die Stimmen, die in den ausländischen Truppen Besatzungsmächte sehen", warnte der Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Im Januar stimmt der Bundestag über das Mandat ab, das dann ein Jahr gültig ist.
Äußerst kritisch sehe er in diesem Zusammenhang die Absicht der USA, in Afghanistan dauerhaft Militärbasen einzurichten, betonte Brahms. "Wir müssen darauf setzen, dass die Afghanen die Sicherheitslage in ihrem Land selber in den Griff bekommen."
Das neue Mandat für die Bundeswehr markiert 2012 nach zehn Jahren am Hindukusch einen Wendepunkt, denn erstmals soll die personelle Obergrenze gesenkt werden. Damit wird der Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan eingeläutet. In einem ersten Schritt soll die Zahl der Einsatzkräfte um 100 auf 4.900 Soldaten reduziert werden. Eine flexible Reserve von 350 Mann soll wegfallen. Bis Anfang 2013 soll die Obergrenze dann auf 4.400 fallen. Allerdings hieß es Mitte Dezember in einer Bundestagsdebatte, nur so weit es die Lage erlaube.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) appellierte an die Abgeordneten, sich auf eine jahrelange Aufbauhilfe für Afghanistan einzustellen. Brahms sagte dazu, die in Verbindung damit ausgerufene "Dekade des Übergangs" werde nicht ausreichen. "Zehn Jahre sind wahrscheinlich die Mindestzeit für ein starkes ziviles Engagement", betonte der Theologe, der auch Leitender Geistlicher der Bremischen Evangelischen Kirche ist.
Zudem stehe die langfristig in Aussicht gestellte Hilfe im Moment nur auf dem Papier. "Wichtig ist, wie das im Juli bei der Geberkonferenz in Tokio konkret wird. Jeder Euro, jeder Dollar, der den zivilen Aufbau unterstützt, ist sinnvoll." Brahms riet dazu, beim Übergang vermehrt kleinere Hilfsorganisationen einzubeziehen, die eng mit der Zivilgesellschaft in Afghanistan verwoben sind.
"Sie sind weit verästelt bis in regionale und lokale Ebenen, ihre Beteiligung bringt Leute in Arbeit und sorgt für Transparenz." Zentral sei auch die Frage, wer künftig in der Region die Rolle eines ehrlichen Maklers übernehmen könne. "Das wäre eine klassische Aufgabe für die EU und durchaus auch für Deutschland, weil die Deutschen in Afghanistan noch immer hoch anerkannt sind. Vollkommen klar ist: Ohne die Nachbarstaaten gibt es keine Lösung am Hindukusch."
28. Dezember 2011