„Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft“

Katholische und evangelische Kirche stellen heute in Frankfurt/Main die neue Ökumenische Sozialinitiative vor

Die katholische und evangelische Kirche in Deutschland haben heute die neue Ökumenische Sozialinitiative mit dem Titel „Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft“ in Frankfurt am Main vorgestellt. Bei einer Pressekonferenz im „Haus am Dom“ erläuterten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, und der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. h.c. Nikolaus Schneider, das Anliegen des Textes: Die verschiedenen ökonomischen Krisen der vergangenen Jahre seien für die Kirche Anlass gewesen, sich nach 1997 wieder gemeinsam zu Wort zu melden, um eine breite Diskussion über unsere Wirtschafts- und Sozialordnung anzustoßen.

„Deutschland musste vergleichsweise weniger Einschränkungen durch die Krisen hinnehmen als viele andere Länder. Die aktuell günstige Lage der Bundesrepublik darf aber keinesfalls dazu verleiten, sich in falscher Sicherheit zu fühlen und falsche Weichen-stellungen vorzunehmen. Wir wollen anregen, stärker über den Tag hinaus zu denken. Unsere Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft umfasst eben nicht nur das Heute. Wir müssen auch die intergenerationellen, ökologischen und globalen Aspekte der Gerechtigkeit im Blick behalten“, sagte Erzbischof Zollitsch. Er fügte hinzu: „Der Hintergrund, vor dem unsere Ökumenische Sozialinitiative verfasst wurde, ist die Erwartung, dass die Menschen sich nicht von den Herausforderungen der Zeit überwältigen und überrollen lassen, sondern sich gestaltend einbringen und so gemeinsam eine Wende zu einer guten Zukunft gelingt.“

Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider betonte: „Wir brauchen eine grundlegende gesellschaftliche Transformation, um bedrohliche Veränderungen menschenfreundlich und lebensdienlich zu gestalten. Viele Menschen fragen neu nach sozialem Zusammenhalt, nach gemeinsamen Werten in unserer Gesellschaft, nach Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Diese Debatte wird nicht nur in der Politik, sondern auch in den Kirchen und zwischen den Kirchen geführt! Gottes Wort ruft uns dazu auf, für die Wahrung der Würde der Einzelnen und ein Zusammenleben in Gerechtigkeit und Frieden einzutreten. Kirchen sind nicht allein dem jenseitigen Seelenheil der Menschen, sondern auch ihrem diesseitigen Wohl verpflichtet. In unserer sozialpolitischen Verantwortung können wir uns dabei auf breite Erfahrungen von Diakonie und Caritas stützen.“

In der Ökumenischen Sozialinitiative werden zehn Aspekte einer gerechten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung dargestellt. „Natürlich erheben diese Anregungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das zentrale Anliegen unserer Sozialinitiative ist vielmehr der Appell an alle Christen und Menschen guten Willens, sich an der Gestaltung einer gerechteren Gesellschaft zu beteiligen und sich aktiv für die notwendigen Veränderungen einzusetzen“, so Erzbischof Zollitsch. Leitmotiv des Textes sei die gemeinsame Verantwortung auf den verschiedensten Ebenen und Bereichen des Lebens: „Primär zielt dieser Auftrag zur gemeinsamen Verantwortung auf die institutionellen Verantwortungsträger in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Damit soll aber nicht ausgesagt werden, dass die einzelnen Bürger nicht zu dieser Verantwortungsgemeinschaft gehören. Gemeinsame Verantwortung betrifft deshalb sowohl die institutionellen Verantwortungsträger als auch jede einzelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger.“

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider fügte hinzu: „Mit unserer Sozialinitiative wollen wir einen Beitrag zu der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe einer umfassenden Transformation leisten. Die zehn Thesen unseres Papiers beschäftigen sich mit der Fortentwicklung unserer sozialen zu einer ökosozialen Marktwirtschaft. Es geht um eine Erneuerung der Verantwortungskultur im Blick auf die Finanzmärkte, die Staatsverschuldung und die Umweltproblematik. Es geht um den demographischen Wandel, um Fragen der Inklusion und Partizipation. Es geht um gerechten Lohn für gute Arbeit, um gerechte Bildungschancen für alle und es geht um die Verantwortung Deutschlands in Europa und in der Welt. Wir freuen uns, wenn diese Thesen nun lebhaft diskutiert werden und zu lebensdienlichen Konsequenzen führen.“

Das Verfahren der Ökumenischen Sozialinitiative setzt auf eine breite Beteiligung sowohl gesellschaftlicher Gruppen und kirchlicher Verbände als auch Einzelner. Seit im Jahre 1997 das Gemeinsame Wort „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ veröffentlicht wurde, haben sich nicht nur neue Herausforderungen auf vielen Feldern des gesell-schaftlichen Lebens gezeigt, sondern durch das Internet ergeben sich heute auch neue Möglichkeiten der Mitwirkung. Deshalb wurde bei der Sozialinitiative nicht erneut ein mehrjähriger Konsultationsprozess ins Auge gefasst. Die katholische und evangelische Kirche setzen auf ein offenes Diskussionsforum, in dem sich die verschiedenen Gruppen wie auch interessierte Einzelpersonen zum Text äußern können. Mit der Vorstellung der Sozialinitiative im „Haus am Dom“ ist die Internetseite www.sozialinitiative-kirchen.de freigeschaltet. Dort können das gesamte Dokument oder einzelne Kapitel mit kurzen Kommentaren oder grundsätzlichen Stellungnahmen diskutiert werden.

Dieser Prozess führt auf einen Kongress am 18. Juni 2014 in Berlin hin, bei dem die Inhalte der Ökumenischen Sozialinitiative mit Politikern, Fachleuten und kirchlichen Verbänden diskutiert werden. Sowohl die Auswertung der Kommentierungen im Internet als auch die Beiträge des Kongresses werden in einer Buchveröffentlichung zusammengestellt.

Hannover/Frankfurt, 28. Februar 2014

Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick