Beitrag aus Anlass der Vorstellung des neuen Rates in der gesellschaftlichen und politischen Öffentlichkeit, Französische Friedrichstadtkirche Berlin
Margot Käßmann
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,
mehr als fünf Wochen ist es her, dass in Ulm der neue Rat der EKD gewählt wurde. Das ist eine langwierige Prozedur, da jedes Mitglied des neuen Rates eine zwei Drittel Mehrheit erhalten muss. Gewählt wurde von morgens um 9 bis nachts um halb zwei. Am nächsten Morgen folgte – alle waren etwas ermattet – die Wahl der Ratsvorsitzenden. Wobei ich überzeugt bin und hoffe, meine Wahl erfolgte nicht allein aus allgemeiner Erschöpfung.
Morgen werden wir das erste Mal in der neuen Konstellation eine reguläre Sitzung hier am Gendarmenmarkt abhalten. Ich freue mich sehr, das Sie alle heute Abend gekommen sind, um diejenigen kennen zu lernen, die in den kommenden sechs Jahren Leitungsverantwortung in unserer Kirche wahrnehmen werden. Ihre Anwesenheit verstehe ich auch als Wertschätzung der Beiträge des bisherigen Rates und seines Vorsitzenden, Wolfgang Huber. Wir sind Bischof Wolfgang Huber zu großem Dank verpflichtet, für die Art und Weise, in der er unsere Kirche unermüdlich nach innen geleitet und nach außen repräsentiert hat! Er hat der EKD ein öffentliches Gesicht und eine öffentliche Stimme gegeben, auf die wir stolz waren und sind.
Neun der derzeit vierzehn Mitglieder des Rates sind neu. Da wird also sicher mancher Akzent anders gesetzt und sich manche Perspektive verändern. Aber auch dieser Rat, wie jeder Rat vor ihm, sieht sich in einer Kontinuität. Deshalb werden sicher viele Themen weiterhin auf der Agenda stehen. Ich denke an
- das Ringen um die Weitergabe des christlichen Glaubens in unserem Land,
- das Werben um Mitgliedschaft,
- den Reformprozess der EKD, den wir in den letzten Jahren begonnen haben,
- eine vertrauensvolle Gemeinschaft in den ökumenischen Beziehungen, insbesondere zu unserer römisch-katholischen Schwesterkirche,
- drängende Fragen von sozialer Gerechtigkeit wie faire Bildungschancen für Kinder aus armen Familien, die Würde in der Pflege und am Lebensende insgesamt oder auch die Situation von Flüchtlingen und Migranten in unserem Land.
In Kontinuität werden wir auch das Thema Menschenrechte aufgreifen, das ich in den Mittelpunkt dieser Ansprache stellen will. Am 10. Dezember, also heute in einer Woche, wird in Erinnerung an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen vor nunmehr 61 Jahren weltweit der Tag der Menschenrechte begangen. Wir verstehen die Menschenrechte als ein Geschenk Gottes. Ja, gewiss, manches Mal mussten Sie geradezu gegen die Kirchen durchgesetzt werden. Aber der Geist der Freiheit, der Grundsatz der gleichen Würde jedes Menschen, die Gleichheit von Mann und Frau, der Respekt vor dem Glauben anderer, der Schutz der Fremden im Land – das sind Grundüberzeugungen, die die Bibel wie ein roter Faden durchziehen.
So sind wir als Kirchen dankbar, dass die Menschenrechte durch ihre Verankerung völkerrechtlich verbindlichen Dokumenten eine deutliche Stärkung erfahren haben. Das gilt auch für den Lissaboner Vertrag, mit dessen Inkrafttreten vor zwei Tagen die Charta der Grundrechte in der Europäischen Union Rechtsverbindlichkeit erlangte.
Wenn Rechte so verbindlich verankert sind, sollte ihrer Geltung eigentlich nichts im Wege stehen. Und doch ist es ganz offensichtlich notwendig, ihre Achtung immer wieder neu einzufordern. Ich sehe es als eine zentrale Aufgabe für die Evangelische Kirche in Deutschland an, für den Schutz und die Entfaltung der Menschenrechte und damit für ein weltweites Zusammenleben in Freiheit und Gerechtigkeit einzutreten.
Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei für die Kirchen verständlicherweise das Menschenrecht der Religionsfreiheit ein. Es wird immer wieder eingeschränkt und bestritten. Vor allem Angehörige religiöser Minderheiten leiden auch in unserer Zeit unter massiver Bedrängnis. Hervorheben möchte ich, dass Christinnen und Christen die am stärksten verfolgte Religionsgruppe sind. In Deutschland ist uns das oft nicht bewusst. Aber wer Christen in Indien besucht oder in Indonesien, wer Berichte hört von der Lage in Pakistan oder dem Irak, dem wird bewusst, wie hoch das Gut der Freiheit in unserem Land ist.
Mich beschämt bei solchen Besuchen und Gesprächen manchmal, dass wir so wenig zu schätzen wissen, welche Freiheit es bedeutet, sonntags beispielsweise einen Gottesdienst besuchen zu dürfen. Eine solche Teilnahme ist in manchen Ländern ein lebensgefährliches Bekenntnis zum Glauben an Jesus Christus. Dabei geht es eben nicht nur darum, ob mir der Gottesdienst „etwas bringt“, wie es mir oft gesagt wird. Es geht auch darum, ob ich mich einbringe in das Lob Gottes rund um die Welt. Und ob ich mich bekenne zu dieser Gemeinschaft, den Werten, die sie vertritt, ihren Grundüberzeugungen des Glaubens.
Im kommenden Jahr werden wir erstmals in der Passionszeit am Sonntag Reminiszere (28. Februar 2010) einen "Tag der verfolgten Christen" begehen, wie ihn die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland vorgeschlagen hat. Der Apostel Paulus hat uns dazu angehalten, Gutes zu tun "allermeist an des Glaubens Genossen" (Galater 6, 10). Das geschieht, indem wir uns besonders für verfolgte Christinnen und Christen einsetzen durch Wort, Tat und vor allem Fürbitte.
Wer aber für die Religionsfreiheit der eigenen Glaubensgeschwister eintritt, wird für die Religionsfreiheit aller eintreten. Oder wie es die Europäische Menschenrechtskonvention sagt für die „Freiheit, Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen“ und der „Freiheit, die Religion oder Weltanschauung zu wechseln“ (EMRK Art. 9).
Ich bin dankbar, dass die individuelle, korporative und institutionelle Religionsfreiheit im deutschen Religionsverfassungsrecht gut aufgehoben ist. Der Staat zeigt in Deutschland seine religiös-weltanschauliche Neutralität gerade dadurch, dass er dem Religiösen im öffentlichen Bereich Raum gibt, sich zu entfalten, und eine offene Kooperation mit den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in gegenseitiger Freiheit pflegt. Ein Abdrängen des Religiösen in den ausschließlich privaten Bereich würde dem Menschenrecht der Religionsfreiheit widersprechen.
Das gilt auch für die Gewährleistung der Religionsfreiheit in Europa. Durch den Lissaboner Vertrag wird endlich im europäischen Primärrecht verankert, dass die Union den Status, den Kirchen und Religionsgemeinschaften in den Mitgliedstaaten genießen, achtet und ihn nicht beeinträchtigt. Regelungen des Staatskirchenrechts, und damit der institutionellen Religionsfreiheit, gehören nicht in die europäische Kompetenz. Sie sind in ihrer so unterschiedlichen, von historischen Erfahrungen geprägten Gestaltung Teil der jeweiligen nationalen Verfassungsidentität der Mitgliedsstaaten.
Aktuell beunruhigt uns eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg, die sich gegen die in italienischen Schulräumen angebrachten Kruzifixe richtete. Wir kennen den Streit über Schulkreuze auch in Deutschland. Danach sieht die Rechtslage im Bundesgebiet unterschiedlich aus. Für Bayern z.B. gilt, dass Kreuze in Räumen öffentlicher Schulen grundsätzlich zugelassen sind, aber abgehängt werden, wenn Schulkinder oder Eltern im Einzelfall dieses unter Verweis auf einen Eingriff in ihre Religionsfreiheit verlangen.
Der Europäische Gerichtshof der Menschenrechte ist dazu berufen, über die Einhaltung menschenrechtlicher Mindeststandards in den über 50 Vertragsstaaten der Konvention zu wachen. Dabei ist zum Einen entscheidend, dass den Gewährleistungen der Religionsfreiheit nach Art. 9 EMRK kein laizistisches Verständnis zu Grunde liegt. Vielmehr wird ausdrücklich auch das öffentliche Bekenntnis der Religion geschützt. Zum Anderen hat der Gerichtshof die z.T. sehr unterschiedlichen Traditionen und Systeme der Vertragsstaaten sowohl in der Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens als auch im Hinblick auf die Gewährleistungen und Prinzipien des Staatskirchenrechts zu achten und zu schützen. Deshalb sagen wir: Sensibilität gegenüber unterschiedlichen nationalen Identitäten und staatskirchenrechtlichen Systemen ist gerade hier dringend geboten! Es ist darauf zu achten, dass europäische Institutionen ihre Kompetenzen nicht eigenständig ausweiten. Tendenzen, die eine entfaltete positive Religionsfreiheit um einer negativen Religionsfreiheit willen zurück drängen, halte ich für hochproblematisch.
Auch in Deutschland sind viele Facetten der Religionsfreiheit im Gespräch und auch Gegenstand von Entscheidungen der Parlamente und Gerichte. Die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Sonntagsschutz macht deutlich, dass dabei immer auch grundlegende Fragen des gesellschaftlichen Selbstverständnisses betroffen sind. Der 1. Dezember war ein guter Tag. Natürlich für die Kirchen und ihr Anliegen, den siebten Tag gut biblisch einen der Ruhe sein zu lassen.
Ich erinnere mich daran, dass ich in meiner ersten Gemeinde die Konfirmandinnen und Konfirmanden gebeten hatte, ein Bild von dem zu malen, was sie unter dem Gebot „Du sollst den Feiertag heiligen“ verstehen. Ein Konfirmand malte Gottvater, vergnüglich in einer Hängematte liegend, Kopfhörer auf dem Ohr, Getränkedose in der Hand. Selbst Gott ruhte, davon sind wir überzeugt. Und Menschen brauchen einen Rhythmus von Schaffen und Ruhen, sonst unterliegen sie dem Burnout-Syndrom. Ja, ich denke, eine ganze Gesellschaft kann einem kollektiven Burn-out unterliegen, wenn sie alle Tage gleich macht und keine gemeinsamen Rhythmen mehr kennt.
Es war deshalb auch ein guter Tag für Familien, für das ehrenamtliche Engagement in Vereinen, für Begegnungen in Freundschaft, die an Werktagen nicht möglich sind. Allein den Konsum zum Leitgedanken an sieben Tagen in der Woche zu machen, gefährdet unser menschliches Miteinander. Der berühmte Satz des Philosophen Descartes: „Ich denke, also bin ich“, der die Aufklärung einleitete, lässt sich nicht umfunktionieren in den Satz: „Ich konsumiere, also bin ich.“ Im Einkaufen lässt sich vielleicht kurzfristige Befriedigung oder auch ein Glücksgefühl finden, aber Verwurzelung, Lebenssinn, Existenzbegründung sicher nicht.
Das Gerichtsurteil bestärkt uns darin, den Sonntag offensiv als Tag der Arbeitsruhe, der Besinnung und des Gottesdienstes zu bewahren. Ich hoffe, dass die Länderparlamente dieser Wegweisung des Bundesverfassungsgerichts bei künftigen Entscheidungen beherzt folgen werden.
Neben dem Kruzifix und dem Sonntag zeigt auch der Ausgang des Referendums in der Schweiz zum Bauverbot von Minaretten die Aktualität der Frage nach der Religionsfreiheit. Es wurde noch einmal deutlich: wir brauchen dringend einen offenen, Klaren und in gut-nachbarschaftlichem Geist geführten Dialog zwischen den Religionen. Vor einiger Zeit sagte mir eine Frau türkischer Herkunft, sie lebe seit 16 Jahren in Deutschland, aber sie habe noch nie ein deutsches Wohnzimmer gesehen. Sie wüsste gern, wie Deutsche eigentlich leben. Das zeigt, wie wichtig Begegnungen sind. Die Integrationsherausforderung ist an der Tagesordnung. Wir brauchen vertrauensvolle Gespräche vor allem mit den vielen Menschen muslimischen Glaubens in unserem Land, die gern hier leben und die Freiheitsrechte in Deutschland sehr wohl zu schätzen wissen.
Mir geht es um eine Koalition der Besonnenen. Religion darf nicht Konflikte verschärfen, sondern muss sie entschärfen, davon bin ich überzeugt. Politische Agitation darf nicht durch Religion geschürt werden, indem Ressentiments, Angst vor Überfremdung und ein befürchteter Werteverlust des „christlichen Abendlandes“ unser Zusammenleben bestimmen. Das führt nur zu Ablehnung auf der einen Seite und Rückzug in die eigene Kultur und Religion auf der anderen. Es gab im Jahr 2008 bundesweit 206 Moscheen sowie etwa 2.600 Bethäuser und andere ungezählte so genannte „Hinterhofmoscheen“. Weitere 120 Moscheen sind im Bau oder in Planung. Die erste in Deutschland gebaute Moschee war 1915 eine Holzmoschee in Wünsdorf bei Berlin, die für muslimische Kriegsgefangene errichtet wurde. Sie wurde wegen Baufälligkeit in den Jahren 1925/26 wieder abgerissen. Die älteste noch stehende ist die Wilmersdorfer Moschee in Berlin-Wilmersdorf, die im Jahre 1924 erbaut wurde. Moscheen sind Teil unserer Wirklichkeit. Das muss deutlich werden. Und das gilt auch für Kirchen und für Synagogen. Die Gotteshäuser von Menschen nicht zu respektieren, bedeutet auch, die Menschen nicht zu respektieren. Das hat Deutschland auf schreckliche Weise begreifen müssen, als 1938 erst die Synagogen angezündet wurden und dann die Menschen jüdischen Glaubens verfolgt und ermordet wurden.
Gleichzeitig müssen wir die Ängste ernst- und wahrnehmen, die es gegenüber dem Islam gibt, etwa mit Blick auf die Gleichberechtigung der Frauen. Darüber möchte ich gern mit den islamischen Verbänden in ein Gespräch kommen. Klar sein muss: wer in unserem Land lebt, hat dessen Verfassung zu respektieren, ja die Freiheitsrechte zu bejahen. Aber es muss deutlich sein: die Freiheit des Glaubens und das Recht der freien Religionsausübung ist allen gleichermaßen garantiert. Um es mit den Worten der Handreichung des Rates „Klarheit und gute Nachbarschaft“ aus dem Jahre 2006 zu sagen: „Die evangelische Kirche bejaht dieses Recht für sich wie für andere nachdrücklich. Diese Zustimmung erstreckt sich auch auf das Recht zur Errichtung von Moscheen, das zur freien und ungestörten Religionsausübung gehört.“ Dazu stehen wir. Und gleichzeitig stehen wir dafür ein, dass Christen in muslimischen Ländern in aller Freiheit Kirchen bauen können. Die Religionsfreiheit, die Menschenrechte insgesamt, sie sollen weltweit gelten! Das war die Vision von 1948. Daran müssen wir festhalten, dafür werden wir aktiv eintreten.
Schließlich ist auch die Auslegung des Schutzbereichs der Religionsfreiheit in Asylverfahren ein durchaus umstrittenes Feld. Wir wünschen uns als christliche Kirchen – und das kann ich in ökumenischer Gemeinschaft sagen, sehr geehrter Herr Erzbischof Zollitsch, denke ich – hier ein klares Bekenntnis, dass Menschen, die den christlichen Glauben angenommen haben, nicht in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen wegen ihrer Religionsausübung – ob im Privaten oder im öffentlichen Raum – Verfolgung droht.
Um diesen Teil zu beenden: Das Urteil des Gerichtshofs zu Kruzifixen hat auch seine überraschenden Seiten und Folgen, die den Richtern in Straßburg mit Sicherheit nicht vor Augen standen: Italienische Bürgermeister prüfen nun landauf, landab, ob denn tatsächlich in allen Klassenzimmern Kruzifixe hängen wie es das italienische Gesetz verlangt. Und so werden Kruzifixe im Dutzend gekauft, um noch leere Wände mit ihnen zu versehen, der Kreuzesmarkt soll örtlich zusammengebrochen sein. Wenn diese Bewegung nicht nur ein Reflex gegen die Entscheidung eines europäischen Gerichts ist, sondern die Bedeutung des Kreuzes als zentrales Symbol des christlichen Glaubens neu ins Bewusstsein der Italienerinnen und Italiener bringt, dann kann ich sogar diesem Urteil noch etwas Positives abgewinnen.
Die Evangelische Kirche in Deutschland wird sich auch weiterhin an der Gestaltung der religionsverfassungsrechtlichen Rahmenordnung in unserem Land beteiligen. Sie tut dies in dem Bewusstsein, dass in einer von Pluralität und religiöser Vielfalt geprägten Gesellschaft, Toleranz und gegenseitige Achtung unabdingbar sind. Auch damit erfüllt sie nach eigenem Selbstverständnis ihren Öffentlichkeitsauftrag, getreu der biblischen Aufforderung „Suchet der Stadt Bestes, ... und betet für sie zum Herrn; denn wenn’s ihr wohlergeht, so geht es auch euch wohl“ (Jeremia 29, 7).
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
An diesem Abend sollen aber – wie es die Einladung versprach – nicht die Programmatik, sondern Personen im Vordergrund stehen.
Zunächst der Dank an die, deren Mitarbeit im Rat am 28. Oktober zu Ende ging, ich nenne ihre Namen: noch einmal den Vorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber. Als seinen Stellvertreter, den langjährigen Thüringer Landesbischof Christoph Kähler. Es folgt die große Gruppe derer, die ihr Mandat im Rat neben einem hauptamtlichen weltlichen Beruf wahrgenommen haben und darin ein spezifisch evangelisches Element von Kirchenleitung repräsentieren: Justizrätin Margit Fleckenstein, Generalsekretär Hermann Gröhe, Fernsehredakteur Peter Hahne, Betreuerin Gudrun Lindner, Oberbürgermeisterin Barbara Rinke und Ministerialdirigentin Dr. Beate Scheffler; schließlich diejenigen, die in den Landeskirchen ein kirchenleitendes Amt innehaben oder innehatten: den langjährigen lippischen Landessuperintendenten Gerrit Noltensmeier und die württembergische Direktorin Margit Rupp. Nicht alle von den Genannten können heute Abend dabei sein, aber der herzliche Dank schließt alle ohne Unterschied zusammen ein.
Der neu gewählte Rat spiegelt wie der alte die Vielfalt unserer Kirche wider. Die Grundordnung, also unsere Verfassung, gibt dieses Merkmal schon vor, wenn sie – in der Sprache von 1948 – fordert, bei der Wahl des Rates sei "die bekenntnismäßige und landschaftliche Gliederung" zu beachten. In der Heiligen Schrift heißt es einmal, dass kommen werden "von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes" (Lukas 13, 29); diese eschatologische Perspektive gilt hoffentlich auch für die Mitglieder des Rates; in unserer unterschiedlichen Herkunft repräsentieren wir aber zunächst einmal die "landschaftliche Gliederung" Deutschlands und die "bekenntnismäßige ... Gliederung" der evangelischen Kirche in die reformierte, lutherische und unierte Traditionslinie. Auch im Lebensalter unterscheiden wir uns. Das älteste Mitglied des Rates ist mehr als doppelt so alt wie das jüngste, die Spanne reicht von 28 bis 62. Das Hauptcharakteristikum des neuen wie des alten Rates aber ist, dass in ihm Theologen und Nichttheologen, Menschen in hauptamtlich kirchenleitender Tätigkeit und solche, die im Hauptamt einen weltlichen Beruf ausüben, zusammenwirken.
Ich stelle wieder betont die zweite Gruppe voran:
- die Erzieherin Tabea Dölker aus Württemberg,
- die Mathematikerin Dr. Elke Eisenschmidt aus Magdeburg - die es im Lebensalter sogar mit der jüngst ernannten Bundesfamilienministerin Kristina Köhler aufnehmen kann,
- die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt aus Thüringen, die bereits im Mai zur Präses der Synode gewählt worden war und aufgrund dieses Amtes automatisch auch Mitglied des Rates ist,
- den Fernsehredakteur Uwe Michelsen aus Hamburg,
- den Generalsekretär der Vereinten Evangelischen Mission, Dr. Fidon Mwombeki, ursprünglich aus Tansania, jetzt aus Wuppertal,
- die Direktorin einer großen deutschen Bank, Marlehn Thieme aus Frankfurt am Main
- und die Architektin Gesine Weinmiller aus Berlin.
Das sind genau sieben, und ihnen steht die gleiche Zahl von Personen an der Seite, die hauptamtlich auf der kirchenleitenden Ebene tätig sind:
- Landesbischof Jochen Bohl aus Sachsen,
- Landesbischof Ulrich Fischer aus Baden, der zugleich Vorsitzender des Zusammenschlusses der unierten und reformierten Kirchen, der Union Evangelischer Kirchen, ist,
- Landesbischof Johannes Friedrich aus Bayern, der zugleich Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands ist,
- der reformierte Kirchenpräsident Jann Schmidt aus Leer
- und der Leitende Jurist der westfälischen Kirche, Klaus Winterhoff.
Hinzu kommen noch die beiden, die als Vorsitzende des Rates gewählt wurden: der rheinische Präses Nikolaus Schneider aus Düsseldorf als mein Stellvertreter und schließlich ich selbst, inzwischen etwas mehr als zehn Jahre Landesbischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.
In dieser Vielfalt werden wir unter dem jakobäischen Vorbehalt so Gott will und wir leben die kommenden sechs Jahre Leitungsverantwortung in unserer Kirche wahrnehmen. Dabei vertrauen wir auf Gottes Hilfe und die Unterstützung vieler Menschen. Wir freuen uns auf vielfältige Begegnungen und einen intensiven Austausch mit Ihnen allen. Dafür bildet der heutige Abend den Auftakt.
Herzlichen Dank