„Eine Botschaft an ‚alles Volk’“
GEKE-Generalsekretär zum missionarischen Auftrag der Kirchen in Europa
17. Mai 2008
Wie kann Mission unter den heutigen Bedingungen gelingen? „Der Einstieg in die Lebensweise einer missionarischen Kirche beginnt für mich mit dem Aufhören“, sagte Michael Bünker, Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE). „Aufhören“ im Sinne von „Hinhören, ganz Ohr sein“, das „Aufhören auf Jesus Christus“ war Ausgangspunkt seines Vortrags beim Empfang der Rheinischen Landeskirche aus Anlass der Vollkonferenz der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK) am Freitag. Unter der Überschrift „Eine Botschaft an ‚alles Volk’ – der missionarische Auftrag evangelischer Kirchen in Europa“ entwickelte Bünker seine Gedanken mit Bezug auf die 6. These der Barmer Theologischen Erklärung.
Den aus seiner Sicht notwendigen Schritt von der Innen- zur Außenorientierung der Kirche illustrierte der österreichische Bischof mit dem Bild des Schanigartens. Dieser Teil eines Wiener Gasthauses spiele sich „auf der Straße, auf dem Gehsteig“ ab. Übertragen auf die Kirche plädiere das Bild des Schanigartens zunächst einmal für die „Öffnung nach draußen“. Wenn sie innerhalb der eigenen Mauern bleibe, verfehle die Kirche ihren Auftrag, unterstrich Bünker. Zu diesem Auftrag heiße es in der 6. These der Barmer Theologischen Erklärung: „Der Auftrag der Kirche, in welchem ihre Freiheit gründet, besteht darin, an Christi Statt und also im Dienst seines Wortes und Werkes durch Predigt und Sakrament die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk.“ Bünker betonte, dass die Kirche nur einen einzigen Auftrag habe, der allen aktuellen Herausforderungen und Erwartungen an die Kirche voraus liege. „Heute geht es darum, diese Freiheit aus dem einen Auftrag auch gegenüber allen Interessen geltend zu machen, in erster Linie gegenüber dem kirchlichen Eigeninteresse an Selbsterhalt und Selbstvermehrung.“ Folgerichtig ergebe die Studie der GEKE „Evangelisch evangelisieren“ aus dem Jahr 2006, dass das Ziel der Mission nicht kirchlich sein könne, sondern „die Versöhnung, das Heilwerden der Menschen, die von Gott her immer schon geschehen sind“.
Mit einem zweiten Bild führte Bünker die Zuhörer ins Wiener Kaffeehaus. Dass es dort immer „gratis Wasser“ gebe, nahm er als Hinweis darauf, „dass wir das Grundlegende, das Elementare, das Leben letztlich und erstlich aus Gnade erhalten“. Die Konzentration in der Mission „in allem Vielerlei auf das Eine“, ergebe sich aus der „Botschaft von der freien Gnade Gottes“, die die Kirche der Welt schulde. Alle missionarischen Ansätze, davon ist der Bischof überzeugt, hätten sich auf diesen Inhalt hin zu relativieren. Aus dieser Grundausrichtung ergebe die Studie der GEKE, dass nicht vorschnell Grenzen gezogen werden dürfen. Vielmehr gehe es um das Öffnen von Räumen. Mission, „die zum Glauben rufende Evangelisierung in evangelischer Hinsicht“, sei eine Eröffnung von Wegen in eine neue Freiheit der Kinder Gottes. Erlöst von dem „Gotteskomplex“, alles selbst und perfekt machen zu müssen, würden die Menschen durch evangelischer verstandene Evangelisierung in ihrer Geschöpflichkeit ernst genommen.
Bünkers dritter Gedankengang ging von dem Bild eines einfachen Weinlokals aus, dem „Wiener Heurigen“, in dem jeder und jede einkehren dürfe, und der daher „eine gewisse Demokratisierung der Gastronomie“ darstelle. Bünker hob hervor, dass die 6. These der Barmer Theologischen Erklärung von der Botschaft spreche, die auszurichten sei „an alles Volk“. „Es ist das Volk, das die Glauben weckende Verkündigung – immer neu – braucht.“ Weil Gott in seiner rettenden Zuwendung an alles Volk sich konkret an „die drunten und draußen Stehenden“ wende, habe das Konsequenzen für die missionale Grundausrichtung der Kirche: „An alles Volk“, so der Bischof, meine zwar alle, aber „in bewusster Adressierung“. An erster Stelle stünden die am Rande Stehenden.
Die Kirche, so das Resumee des GEKE-Generalsekretärs, erweise sich als missionarische Kirche, sofern es ihr gelänge, das Evangelium auf gewinnende Weise zu feiern. „Im Zentrum steht der gegenwärtige Herr, der Auferstandene, den die Gemeinde in ihrer Mitte weiß und feiert. Darauf, auf diese ausstrahlende und gewinnende Feier des unter uns gegenwärtigen Jesus Christus, wird es entscheidend ankommen, um als evangelische Kirchen den missionarischen Auftrag in Europa überzeugend wahrzunehmen.“
Wuppertal-Barmen, 17. Mai 2008
Pressestelle der UEK
Karoline Lehmann