Geschichte
- Erster Schritt zu protestantischer Einheit 1817: Aufruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III zur Union der reformierten und lutherischen Gemeinden (Ausschnitt Faksimile)
Friedrich Schleiermacher (1768-1834), evangelischer Theologe und Förderer der Einheit protestantischer Kirchen
Die ersten konkreten Schritte, die protestantischen Konfessionen unter einem Dach zu vereinen, reichen ins beginnende 19. Jahrhundert zurück. Die Trennung zwischen den evangelisch-reformierten und den evangelisch-lutherischen Christen galt vielen als unzeitgemäß; die Unterschiede der Lehrauffassungen verloren an Bedeutung. 1817 erließ der preußische König Friedrich Wilhelm III einen Aufruf zur Vereinigung (Union) der reformierten und lutherischen Gemeinden zu einer unierten Kirche. Daraufhin entstand auf der Basis des Unionsaufrufs und einer gemeinsamen Gottesdienstordnung (Agende) eine Union der beiden Konfessionen in Preußen, der das Gemeinsame der beiden Bekenntnisse zugrunde lag. Wegen der gemeinsamen Agende wird sie auch als Liturgische Union bezeichnet. Die reformierten und die lutherischen Gemeinden gewährten einander Abendmahlsgemeinschaft trotz unterschiedlicher Deutung des Mahls.
Evangelische Kirche im Preußen des 19. Jahrhunderts
Die Evangelische Kirche in den Königlich-Preußischen Landen durchlief im darauffolgenden Jahrhundert zahlreiche Veränderungsprozesse und änderte mehrfach ihren Namen. Zunächst änderte man 1845 den Namen in Evangelische Landeskirche in Preußen und unterschied sich damit von der Evangelisch-Lutherischen Kirche ("Alt-Lutheraner"), die sich der Union widersetzt und als Freikirche konstituiert hatte. 1866 vergrößerte sich das Staatsgebiet nach Westen hin erheblich; die Landeskirchen in den neuen Landesteilen (Hannover, Hessen-Nassau und Schleswig-Holstein) schlossen sich der Union aber nicht an. Dem trug der ab 1875 offiziell geführte Name Evangelische Landeskirche der älteren Provinzen Preußens Rechnung.
Nachdem das Landesherrliche Kirchenregiment 1918 endete, nannte sich die Kirche von 1922 an Evangelische Kirche der altpreußischen Union (ApU). Dazu zählten die acht altpreußischen Provinzialkirchen Ostpreußen, Grenzmark Posen-Westpreußen, Brandenburg (mit Berlin), Pommern, Schlesien, Provinz Sachsen, Rheinland und Westfalen. Kirchlich gehörte auch die Freistadt Danzig dazu.
Bedrängnis und Bekenntnis im Kirchenkampf 1933-1945
Handschriftliche Erläuterungen von Karl Barth zur Barmer Theologischen Erklärung
Der Kirchenkampf in der Zeit des Nationalsozialismus führte auch innerhalb der ApU zu großen Konflikten. Der gemeinsame Widerstand gegen die nationalsozialistischen Deutschen Christen wurde jedoch zur prägenden Erfahrung einer konfessionsübergreifenden Bewegung.
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Die Bekennende Kirche formierte sich mit der maßgeblich von Karl Barth formulierten Theologischen Erklärung von Barmen (1934), die von unierten, reformierten und lutherischen Christinnen und Christen gemeinsam verantwortet wurde. Allerdings hat die Barmer Erklärung bis heute noch nicht den Status eines unierten Bekenntnisses; sie selbst hat diesen Anspruch ausdrücklich nicht erhoben. Gleichwohl wird ihre wegweisende Bedeutung heute auch in lutherisch geprägten Kirchen anerkannt.
Gründung der EKU nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde etwa ein Drittel der ApU-Kirchen unter polnische Verwaltung gestellt. Die Provinzen Ostpreußen, der Grenzmark Posen-Westpreußen sowie Teile der Gebiete von Brandenburg (Neumark), Pommern und Schlesien gehören seither zu Polen. Die Kirchenleitungen der in Deutschland verbliebenen sechs Provinzen bzw. Provinzreste westlich der Oder-Neiße-Linie kamen 1945 in Treysa zusammen und gaben den bisherigen Kirchenprovinzen neue Verfassungen als selbständige Landeskirchen.
Diese Landeskirchen blieben in der 1953 umbenannten Evangelische Kirche der Union (EKU) zusammen. Wie ihre Mitgliedskirchen trat die EKU der 1945 gegründeten Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei. Neben den Evangelischen Kirchen im Rheinland, von Westfalen, in Berlin-Brandenburg, der Kirchenprovinz Sachsen, den Evangelischen Kirche Greifswald (Restpommern) und des Görlitzer Kirchengebiets (Restschlesien) wurde die Evangelische Landeskirche Anhalts 1960 als siebte Kirche Mitglied der EKU.
Kirche im geteilten Deutschland
Die Teilung Deutschlands und der Mauerbau (1961) erschwerten die Zusammenarbeit zwischen den ost- und westdeutschen Landeskirchen. Zugleich wurde die EKU durch zahlreiche gemeinsame Ausschüsse und Begegnungstagungen in Ost-Berlin eine wichtige Brücke zwischen Ost und West. 1972 wurde die EKU in zwei selbständige Bereiche gegliedert. Deren Leitungs- und Verwaltungsorgane blieben jedoch zur gegenseitigen Beratung und Abstimmung in Verbindung. Nach der Wiedervereinigung wurden die Bereiche Ost und West der EKU zum 1. Januar 1992 formell wieder in einer Organisation zusammengeführt.
Die Arnoldshainer Konferenz
- Ausgabe der Arnoldshainer Abendmahlsthesen von 1957
- Wilhelm Hüffmeier, Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union (Hg.), „…den großen Zwecken des Christentums gemäß“. Die Evangelische Kirche der Union 1817 bis 1992, Bielefeld 1992
- Christoph Thiele, Die Arnoldshainer Konferenz: Struktur und Funktion eines gliedkirchlichen Zusammenschlusses aus rechtlicher Sicht, Frankfurt/M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1997
- Gemeinsam evangelisch. 200 Jahre lutherisch-reformierte Unionen in Deutschland. Herausgegeben im Auftrag des Präsidiums vom Amt der UEK, Hannover 2016
In die 1960er Jahre fiel auch die Gründung der Arnoldshainer Konferenz (Akf) in Westdeutschland. Die nach der Evangelischen Akademie Arnoldshain im Taunus benannte Arbeitsgemeinschaft von leitenden Persönlichkeiten unierter und reformierter Landeskirchen schloss sich 1967 zusammen mit dem Ziel, Übereinstimmungen in den wesentlichen Bereichen des kirchlichen Lebens und Handelns zu fördern und die Einheit der EKD zu stärken. Sie knüpften damit an Erfahrungen überkonfessioneller Zusammenarbeit an, wie etwa in den unierten Kirchen, in der Bekennenden Kirche und den Abendmahlsgesprächen von 1947-1967. In Ostdeutschland arbeitete der östliche Bereich der EKU mit dem Bund der Evangelischen Kirche in der DDR zusammen.
Die Arbeitsweise der AKf hatte weniger administrativen Charakter, sondern vollzog sich eher im verbindlichen Dialog der Mitgliedskirchen untereinander, wie auch mit anderen konfessionellen Zusammenschlüssen, besonders der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Delegierte der AKf arbeiteten an der Leuenberger Konkordie sowie an der Konvergenzerklärung der Kommission für Glaubens- und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) mit.
Mitgliedskirchen der AKf waren: die EKU und deren sieben Mitgliedskirchen, sowie die Evangelische Landeskirche in Baden, die Bremische Evangelische Kirche, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, die Lippische Landeskirche, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg, die Evangelische Kirche der Pfalz, die Evangelisch-reformierte Kirche (Synode evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland) und - als „Gastkirche“ - die Evangelische Landeskirche in Württemberg. Die unierten Landeskirchen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sind nach der Wiedervereinigung der AKf beigetreten.
Zusammenschluss zur UEK 2003
Am 1. Juli 2003 entstand aus dem Zusammenschluss aller Mitgliedskirchen der AKf mit der EKU die Union Evangelischer Kirchen (UEK). Die UEK übernahm den Rechtsstatus der EKU als Körperschaft des öffentlichen Rechts und zunächst auch den Sitz der vormaligen Kirchenkanzlei der EKU in Berlin. Mittlerweile ist das Amt der UEK in das Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover eingegliedert.
Die Grundordnung der UEK geht von der Übereinstimmung ihrer Mitgliedskirchen im Verständnis des Evangeliums und in der Verwaltung von Taufe und Abendmahl aus, „wie sie nach reformatorischer Einsicht für die wahre Einheit der Kirche notwendig ist und ausreicht“ (Art.1 Abs.3). Als Gemeinschaft von Kirchen versteht sich die Union als Kirche, die - unter Aufnahme der Anliegen ihrer Vorgänger-Organisationen - eine weitergehende Einheit der EKD anstrebt.
Laut Gründungsvertrag hat die UEK sich verpflichtet, jeweils zum Ablauf der sechsjährigen Amtsperiode ihrer Organe durch die Vollversammlung prüfen zu lassen, ob das angestrebte Ziel einer verbindlichen Gemeinsamkeit aller Gliedkirchen der EKD „so weit verwirklicht ist, dass ein Fortbestand der Union in ihrer bisherigen Form entbehrlich ist“ (§ 7).
Kooperation mit der VELKD
Mit Beginn des Jahres 2007 ist die Zusammenarbeit der UEK mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) auf eine neue Basis gestellt worden. Zwei Verträge sind parallel in Kraft getreten, einerseits zwischen der EKD und der UEK und andererseits zwischen EKD und Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands(VELKD). Diesen Verträgen zufolge
nehmen die UEK und die VELKD ihren Auftrag seither eigenverantwortlich in der EKD wahr. Durch das Vertragswerk entsteht eine vertiefte strukturelle Verbindung der drei großen gliedkirchlichen Zusammenschlüsse.
Das Zusammenwirken folgt dem Grundsatz, soviel Gemeinsamkeit unter den Gliedkirchen der EKD zu erreichen, wie möglich und zugleich soviel Differenzierung zuzulassen, wie es vom Selbstverständnis der VELKD und der UEK nötig ist.
Literatur