Bericht zur Lage vor der konstituierenden Sitzung der Vollkonferenz der UEK
Landesbischof Dr. Ulrich Fischer
Der Weg der AKf in die UEK
Wer genau verstehen will, was wir heute mit der Konstituierung der Union Evangelischer Kirchen vollziehen, darf nicht nur die gegenwärtige Debatte zur Neustrukturierung der EKD im Blick haben. Vielmehr gilt ganz besonders heute der Grundsatz: „Wer nicht weiß, wo er herkommt, kann auch nicht sagen, wo er hin will.“ Deshalb will ich kurz skizzieren, welchen Weg wir in der Arnoldshainer Konferenz zurückgelegt haben bis zu diesem Tag der Konstituierung der Vollkonferenz.
Begonnen hat alles damit, dass nach dem Zeiten Weltkrieg die alten reformatorischen Verwerfungen in der Abendmahlslehre nicht hatten überwunden werden können. Die erste Grundordnung der EKD von 1948 hatte lapidar formuliert: „Über die Zulassung zum Heiligen Abendmahl besteht innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland keine volle Übereinstimmung“ (GO Art.4 IV). Schon mit der Gründung der EKD im Jahr 1947 war eine Kommission eingesetzt worden mit dem Auftrag in ein „verbindliches theologisches Gespräch über die Lehre vom Heiligen Abendmahl im Hinblick auf die kirchliche Gemeinschaft“ einzutreten (Treysa 1947). Im Jahr 1957 legte diese Kommission die berühmte und für die Weiterentwicklung evangelischer Abendmahlslehre grundlegenden „Arnoldshainer Abendmahlsthesen“ vor, so benannt nach dem Ort der Zusammenkunft, an dem diese Thesen formuliert wurden.
In den Jahren nach Abfassung der Arnoldshainer Abendmahlsthesen wurde das Gespräch über Möglichkeiten voller Abendmahlsgemeinschaft innerhalb der EKD intensiv geführt - nicht immer mit großem Erfolg. Am 14. März 1966 versammelten sich auf Einladung des Ratsvorsitzenden der EKU, Präses Beckmann, Vertreter (maskulin) der unierten Kirchenleitungen, um dem Einigungsprozess innerhalb der EKD einen frischen Impuls zu geben. So kam es zur Konstituierung einer ersten Vollkonferenz unierter Kirchen, die im Oktober 1966 in Arnoldshain stattfand, also fast auf den Tag genau vor 37 Jahren. Bald schon einigte man sich auf den Namen „Arnoldshainer Konferenz“ unter Hinweis auf die konstitutive Bedeutung der Arnoldshainer Abendmahlsthesen für diesen Zusammenschluss. Ziel der Arnoldshainer Konferenz war es von Anfang an, aus den theologischen Erkenntnissen der Arnoldshainer Abendmahlsthesen institutionelle Folgerungen zunächst für die unierten Kirchen und dann für die EKD zu ziehen.
Unter dieser Zielsetzung ist es zu verstehen, dass in den Jahren seit der Gründung der AKf immer wieder wesentliche Impulse zur Herstellung voller Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft innerhalb der EKD von der Arnoldshainer Konferenz ausgingen. Mit vollem Recht zog die AKf aus den Arnoldshainer Abendmahlsthesen die Konsequenz, dass es innerhalb der evangelischen Kirchen in Deutschland keine kirchentrennenden Gegensätze mehr gäbe. Dieser Überzeugung folgend unterzeichneten im Februar 1969 neun Konferenzkirchen der AKf eine Vereinbarung über Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Als dann im Jahr 1970 als Ergebnis lutherisch-reformierter Gespräche „Thesen zur Kirchengemeinschaft“ vorgelegt wurden, konnte sich die AKf in diesen Thesen mit ihrer Position behaupten, dass die traditionellen Lehrdifferenzen im Lichte des gewonnenen Konsensus als nicht mehr kirchentrennend angesehen werden müssen.
Auch wenn schmerzlich zu verzeichnen ist, dass der dann ebenfalls wieder von der AKf angestoßene Prozess zur Reform der Grundordnung der EKD im Jahr 1976 scheiterte, hatte das Bemühen der AKf, aus den Arnoldshainer Abendmahlsthesen kirchenrechtliche Folgerungen abzuleiten, doch großen Erfolg. Nicht zuletzt das Engagement der AKf ebnete nämlich den Weg hin zur Leuenberger Konkordie. Und mit der Unterzeichnung der Leuenberger Konkordie im Jahr 1973 war die grundsätzliche Erkenntnis gewonnen, dass es heute keinen zwingenden theologischen Grund mehr für separate konfessionelle Zusammenschlüsse innerhalb des Protestantismus gibt. Es ist wohl nicht zu vermessen, die Leuenberger Konkordie als magna charta der AKf zu bezeichnen. Prägnant ist in der Leuenberger Konkordie ausgesprochen, was Intention der Arbeit der AKf von ihren Anfängen her war: „Kirchengemeinschaft im Sinne dieser Konkordie bedeutet, dass die Kirchen verschiedenen Bekenntnisstandes aufgrund der gewonnenen Übereinstimmung im Verständnis des Evangeliums einander Gemeinschaft an Wort und Sakrament gewähren und eine möglichst große Gemeinsamkeit in Zeugnis und Dienst an der Welt erstreben“ (Nr. 29).
Möglichst große Gemeinsamkeit in Zeugnis und Dienst an der Welt, darum ging es der AKf in ihrer 37jährigen Geschichte. Diese Intention der Arnoldshainer Konferenz hat mit der heutigen Konstituierung der Union Evangelischer Kirchen eine erfolgreiche Umsetzung gefunden, und die Auflösung der AKf ist somit ein konsequenter Schritt, der in ihrer Konstituierung selbst schon angelegt war.
Landesbischof Dr. Ulrich Fischer
ehemaliger Vorsitzender der Arnoldshainer Konferenz