Vollkonferenz der UEK am 4./8. November 2011 in Magdeburg

Vom Provisorium zur Perspektive

Bericht im Namen des Präsidiums der Union Evangelischer Kirchen (UEK) in der EKD durch den Vorsitzenden Landesbischof Dr. Ulrich Fischer auf der UEK-Vollkonferenz in Magdeburg am 8. November 2011

1. Theologie

Die UEK hat Mut zur Theologie. So haben wir es Ihnen vor einem Jahr zugemutet, ein Votum unseres Theologischen Ausschusses hier auf der Vollkonferenz zu diskutieren. Und zwar ein Votum, wie Michael Beintker uns erläuterte, zu einer der anspruchsvollsten Fragen der Theologie: Zur Personalität des dreieinigen Gottes. Wir sind dankbar dafür, wie intensiv Sie sich in den Arbeitsgruppen und im Plenum auf dieses Thema eingelassen, sich an manchen Aussagen des Votums auch gerieben haben. (Das Protokoll unserer Debatte im Plenum gibt davon eindrucksvoll Bericht.) Die Vollkonferenz hat dann selber ein profiliertes Votum zu diesem Votum abgegeben und damit die Rezeption dieses Textes eröffnet. Im Januar dieses Jahres ist das Buch erschienen, nach wenigen Wochen war eine zweite Auflage fällig. Der Ausschuss erfreut sich bereits an einer Reihe von intensiven Reaktionen und guten Rezensionen. Hier und da in unseren Kirchen und Gemeinden macht der Text nun selber Mut zur Theologie im wörtlichen Sinne: den Mut nämlich, „mit Gott zu reden“ und den Mut „von Gott zu reden“.
 
Wir haben uns im Präsidium Gedanken darüber gemacht, wie in Zukunft eine Vollkonferenz bereits vor Fertigstellung eines theologischen Votums in die Debatte des Ausschusses einbezogen werden kann. Beim neuen Schwerpunktthema des Ausschusses: „Was bedeutet gelebte Kirchengemeinschaft (im Sinne der Leuenberger Konkordie)?“ möchten wir rechtzeitig vor Abschluss der Arbeit ein Forum, vielleicht auch einen Workshop veranstalten, in dem Thesen und Erkenntnisse aus der Arbeit des Ausschusses bekannt gemacht und diskutiert werden können.
 
Vergessen wir aber eines nicht: Zur Frage: „Was bedeutet gelebte Kirchengemeinschaft?“ hat ein hochprominentes Forum im deutschen Protestantismus längst begonnen: Das sind nämlich diese verbundenen Tagungen von Generalsynode und Vollkonferenz und EKD-Synode. Sicherlich, diese verbundenen Tagungen sind immer noch auch „Work-Shop“, in manchem vorläufig, „work in progress“ und „learning by doing“. Aber sie sind auch jetzt schon der Ernstfall „gelebter Kirchengemeinschaft“. Liebe Schwestern und Brüder, die UEK steht dafür ein, dass Schritt für Schritt zunehmend deutlich wird: Wir arbeiten hier nicht an zwei oder gar drei unterschiedlichen Modellen von Kirche. Wir profilieren uns nicht gegeneinander. Vielmehr gönnen wir einander die unterschiedlichen Profile als lutherische, unierte und reformierte Kirchen. Wir wissen um unsere Ergänzungsbedürftigkeit durch das je andere Profil. Und genau darin verwirklichen wir die Gemeinschaft, die uns als evangelischen Kirchen durch unsere Gemeinschaft an Wort und Sakrament geschenkt ist.
 
Nach Abschluss seiner im letzten Jahr beendeten Arbeit wurde unser Theologischer Ausschuss neu berufen. Wir freuen uns darüber, dass nun auch eine Generation jüngerer Theologinnen und Theologen in die Arbeit dieses Ausschusses hineinwächst und dass wir darin - dank unserer Mitgliedskirchen - eine Erweiterung des Spektrums an Perspektiven und auch an wissenschaftlicher Kompetenz verzeichnen können. Ein solcher Ausschuss soll immer auch stellvertretend für unsere Kirchen die theologischen Debatten der Gegenwart führen. Darum darf er nicht zu einem Erfüllungsorgan im Interesse einer kirchenpolitischen Strategie oder einer theologischen Richtung werden. Vielmehr hat der Theologische Ausschuss eines gliedkirchlichen Zusammenschlusses die Aufgabe, jene Herausforderungen, unter Umständen auch jene Provokationen zu formulieren, die das Evangelium von Jesus Christus für unsere real existierende Kirche bedeutet. Und das hat ein theologischer Ausschuss oder eine theologische Kammer gerade auch dann zu tun, wenn es für uns Kirchenleitende einmal unbequem ist: siehe Thema „Ordination“ und „Beauftragung“.

2. Liturgie

Die Verabschiedung (hoffentlich!) einer gemeinsamen Agende „Berufung – Einführung – Verabschiedung“ für die Landeskirchen der VELKD und der UEK ist ein Meilenstein in der Geschichte der evangelischen Agendenarbeit im deutschsprachigen Raum. Die beiden Liturgischen Ausschüsse von UEK und VELKD hatten mit und nach dem Stellungnahmeverfahren eine anspruchsvolle und komplexe Aufgabe zu bewältigen. Den beiden Ausschüssen, namentlich den beiden Vorsitzenden Prof. Dr. Klaus Raschzok (VELKD) und Pfarrer Dr. Martin Evang (UEK), aber auch der Geschäftsführerin der gemeinsamen Arbeit im Amt der VELKD, Oberkirchenrätin Christine Jahn und ihrer Mitarbeiterin Christine Leukefeld, sei hier noch einmal unser Respekt und Dank ausgesprochen. Wir freuen uns darauf, die Agende in der UEK und in der VELKD gemeinsam in Geltung zu setzen!

Freilich: Nicht erst die heftigen Irritationen in der Schlussphase der Arbeit nötigen zur Besinnung auf den weiteren Weg, den die Agendenarbeit in der EKD künftig nehmen kann und soll. Es ist zu konstatieren, dass die liturgische Landschaft im Horizont der UEK vielfältiger ist als im Horizont der früheren EKU und eben auch vielfältiger als im Horizont der VELKD. An dieser Vielfalt unserer gottesdienstlichen Formen, Kulturen und Traditionen dürfen wir uns zunächst einmal herzlich freuen – so wie wir eben auch gern durch eine abwechslungsreiche Landschaft reisen. Auch hier gilt: Gönnen wir einander unsere unterschiedlichen Profile! Aber es ist dann durchaus den Schweiß der Kennerinnen und Könner wert, für diese vielfältige Landschaft gottesdienstliche Navigationshilfen und Orientierungsmuster zu erarbeiten: Was macht eigentlich einen evangelischen Gottesdienst aus? Was ist das gemeinsam Evangelische in der lutherischen, unierten und reformierten Liturgie? Und: Was können wir voneinander lernen?

Das Evangelische Gottesdienstbuch von 1999, das die unterschiedlichen Formen des evangelischen Gottesdienstes miteinander verbunden darstellt, ist die Frucht einer jahrzehntelangen gemeinsamen Bemühung in dieser Frage. Rezeptionsstudien zeigen inzwischen, dass es sich dort, wo in den Gemeinden intensiv über den Gottesdienst nachgedacht wird, als eine solche Navigationshilfe bewährt. (Der publizistische „Renner“ ist übrigens die handliche Taschenausgabe des Gottesdienstbuches; mancherorts werden ganze Presbyterien mit diesem Handwerkszeug liturgischer Arbeit ausgestattet!) Die UEK steht für die agendarische Weiterarbeit auf der Grundlage und nach dem Vorbild des Gottesdienstbuchs. Sie möchte in ihrem Bereich zunehmend mit Agenden arbeiten, die in Kirchen unterschiedlicher gottesdienstlicher Kultur verwendbar sind – ohne freilich liturgisch zu uniformieren. Wir setzen dabei auf Gemeinden, Pastorinnen und Pfarrer, die ihren Gottesdienst kompetent und kreativ gestalten wollen, dabei aber auch ihre gottesdienstliche Tradition achten und wertschätzen.

Die Verabschiedung der gemeinsamen Berufungsagende ist hier ein entscheidender Schritt. Jetzt ist es Zeit, sich gemeinsam über den weiteren Weg der Agendenarbeit im Horizont der EKD zu verständigen. Wir laden die für die liturgische Arbeit Verantwortlichen in der EKD und in der VELKD dazu ein, sich an dieser Beratung zu beteiligen. Auch die Liturgische Konferenz Deutschlands, die sich grundsätzlich und wissenschaftlich mit gottesdienstlichen Fragen beschäftigt, bietet einen geeigneten Rahmen, um über die künftige Ausrichtung und Struktur der agendarischen Arbeit in der EKD nachzudenken.

Wir freuen uns darüber, dass es bei der geplanten Revision der Perikopenordnung bereits gelungen ist, das Projekt in einer konzertierten Aktion von EKD, UEK, VELKD und Liturgischer Konferenz in Angriff zu nehmen. Eine einvernehmlich und kompetent besetzte Arbeitsgruppe hat nun begonnen, jene moderate Reform der Ordnung der Lese- und Predigttexte zu erarbeiten, auf die sich die gliedkirchlichen Zusammenschlüsse geeinigt haben. Nachdem damit auch eine bewusste Entscheidung gegen einen grundlegenden Systemwechsel - etwa zu einem „ökumenischen“ Lektionar - verbunden war, hat sich die UEK besonders dafür eingesetzt, das Revisionsvorhaben auch ökumenisch zu verorten und zu kommunizieren. So werden demnächst die Mitgliedskirchen der Leuenberger Kirchengemeinschaft offiziell über unser Revisionsvorhaben unterrichtet, von denen viele ja ebenfalls eine Ordnung nutzen, die sich auf die „altkirchlichen“ Epistel- und Evangelienreihen bezieht.

3. Evaluierung der UEK – und des Verbindungsmodells?

Wie Sie wissen, hat die UEK eine Evaluierung ihrer derzeitigen Arbeit in Auftrag gegeben. Unter der Leitung des ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD, Landesbischof i.R. Dr. Klaus Engelhardt, und begleitetet von einer Berliner Unternehmensberatung soll die Evaluierungskommission uns helfen, nach fünf Jahren Arbeit im so genannten Verbindungsmodell eine Zwischenbilanz zu ziehen: Was ist gelungen; wo und wie konnten wir die Aufgaben und Ziele, die uns von unserer Grundordnung her gestellt sind, erfüllen und fördern? Und was macht es schwer, diesen Aufgaben in guter Weise nachzukommen? Wie gut sind wir „aufgestellt“ auf jenen Feldern der gemeinsamen Arbeit in der EKD, in denen es notwendig ist, Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Geschichte und der Gegenwart der Kirchenunionen im deutschen Protestantismus beherzt und zum Besten des Ganzen einzubringen? Sie wissen auch, dass diese Evaluierung, diese Zwischenbilanz uns ermöglichen soll, jene Grundentscheidung vorzubereiten, die die Vollkonferenz in genau zwei Jahren, im Herbst 2013 treffen wird; die Entscheidung nämlich, ob und wenn ja in welcher Form die UEK ihre Arbeit über das Ende der Amtszeit dieser Vollkonferenz im Jahr 2015 hinaus fortsetzen will. Diese Entscheidung werden wir vorbereiten zunächst im Licht jener Ziele, die die Union Evangelischer Kirchen in der EKD zu verfolgen hat; wir werden sie aber auch vorbereiten mit einem Seitenblick auf die Realität der Zusammenarbeit zwischen EKD, VELKD und UEK im Verbindungsmodell.
 
Ein Leitmotiv dieser Überlegungen heißt für mich: „Vom Provisorium zur Perspektive“. Als Ende 2006 die Kirchenkanzlei in der Berliner Jebensstraße ihre Tore schloss und eine kleine Amtsstelle mit gerade einmal eineinhalb Referentenstellen die Arbeit der UEK übernahm, wusste noch niemand von uns, wie sich das bewähren und weiterentwickeln würde. Es gab unter den UEK-Kirchen durchaus disparate Vorstellungen über die Zukunft der UEK im Verbindungsmodell. Jetzt haben wir fast fünf lang Jahre unsere Erfahrungen in dieser Konstellation gemacht. Jetzt können und müssen wir perspektivisch überlegen: Wie soll und wie kann es weitergehen in der EKD im Zusammenspiel der lutherischen, unierten und reformierten Kirchen und ihrer je besonderen Anliegen und Erfahrungen – bis zum Jahr 2017 und über das Jahr 2017 hinaus? „Vom Provisorium zur Perspektive“ – das gilt im Übrigen auch dann, wenn wir uns entschließen sollten, die Aufgaben der UEK insgesamt in die EKD zu integrieren. Dann brauchen wir erst Recht eine Perspektive für unsere theologische und liturgische Arbeit, für unsere ökumenischen Beziehungen, für unser Engagement in Forschung und Lehre: für die Evangelische Forschungsakademie, für die Pietismuskommission, aber auch für das Predigerseminar Wittenberg, für die Berliner Bibelwochen und für den Berliner Dom. Mit einem Provisorium, dies jedenfalls ist uns in den letzten Jahren deutlich geworden, sind die Aufgaben der UEK auf Dauer nicht zu bewältigen.

4. Nordkirche

Aufmerksam und aktiv beratend begleiten Präsidium und Amt der UEK das Werden einer Verfassung für die Evangelisch-lutherische Kirche in Norddeutschland. Freilich hätten wir es gern gesehen, wenn sich die künftige Kirche bei der – ja durchaus unterschiedlichen – lutherischen Prägung in Nordelbien, Pommern und Mecklenburg im konfessionsverbindenden Sinne schlicht als „Evangelische Kirche im Norden“ bezeichnen würde. Wichtiger aber als der Name ist das Selbstverständnis und die gelebte Konfessionalität der neuen Kirche. Wir haben dankbar wahrgenommen, dass die Verantwortlichen im dortigen Fusionsprozess achtsam mit dem uniert-lutherischen Erbe umgehen, das in besonderer Weise „unsere“ Pommersche Evangelische Kirche in die neue Kirche einbringt. Die Leuenberger Kirchengemeinschaft ist selbstverständliche Grundlage der Zusammenarbeit im Inneren und nach außen. Es wird in der künftigen Kirche also weiterhin Gemeinden geben, die sich bewusst als „Evangelische Kirchengemeinde“ bezeichnen. Die Nordkirche wird als Gesamtkirche nicht nur die Zusammenarbeit mit der UEK (in der Form einer Gastmitgliedschaft) fortsetzen, sondern z.B. auch die Kirchengemeinschaft mit der UCC. In der Nordkirche werden sich Theologinnen und Theologen weiterhin auch in unierter Tradition mit einer Verpflichtung auf die „reformatorischen Bekenntnisschriften“ ordinieren lassen können. Und selbstverständlich müssen Pastorinnen und Pastoren, die sich bereits in dieser Weise verpflichtet haben, nicht nachträglich auf einen separierten Kanon lutherischer Bekenntnisschriften verpflichten lassen. Nicht zuletzt wird die Nordkirche sich in herausgehobener Weise auch auf die Barmer Theologische Erklärung als einer ihrer Bekenntnisgrundlagen beziehen. Wenn dies hier weltweit erstmalig in einer weit überwiegend konfessionell-lutherisch geprägten Kirche geschieht, wäre das ein weiteres Mal ein Zeichen für die Orientierungskraft und die Einigungswirkung, die – bei aller Zeitbezogenheit – bis heute von der Barmer Theologischen Erklärung für den gesamten Protestantismus ausgeht. [1]

5. Auf dem Weg zum Reformationsjubiläum

Was feiern wir eigentlich im Jahr 2017? Wir sind als evangelische Kirchen noch auf dem Weg dahin, dies für uns zu klären. Es wird aber nun auch allmählich Zeit. Immerhin wissen wir inzwischen schon, was wir nicht feiern: Wir feiern jedenfalls nicht die Spaltung der Kirche! Durch die Spaltung des abendländischen Christentums ist die Reformation mit ihren Anliegen genau genommen gescheitert. Was wir feiern wollen, ist doch vor allem dies: Wir feiern die Wiederentdeckung des in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments bezeugten Evangeliums durch Martin Luther. Und wir feiern, dass mit und nach Luther Theologen, Gemeinden, Kirchen und auch weltliche Fürsten bald in ganz Europa aus dieser Wiederentdeckung des Evangeliums notwendige Konsequenzen für eine Reformation der Kirche und für ein neues Selbstverständnis ihres Wirkens in der Gesellschaft gezogen haben. Insofern begehen wir eine „Lutherdekade“, die immer auch schon eine „Reformationsdekade“ ist. Und im Jahr 2017 feiern wir mit dem Reformationsjubiläum ein Fest, das natürlich auch eine Erinnerung an Luthers reformatorische Entdeckung ist. Es ist die zweiundsechzigste der 95 Thesen, die den Ton für dieses Jubiläum angibt: „Der wahre Schatz der Kirche ist das allerheiligste Evangelium von der Herrlichkeit und Gnade Gottes.“ Dass wir dieses Jubiläum nicht im deutschen Horizont allein feiern können, ist klar. Aber warum sollten wir eigentlich dieses Fest unter diesem Vorzeichen nicht auch zusammen mit unseren Schwestern und Brüdern in der römisch-katholischen Kirche feiern können?

Die UEK ist bereits intensiv mit ihrem Anteil und Beitrag zu diesem Jubiläum befasst: In Wittenberg bringen wir in einer hochkomplexen, aber auch großartigen konzertierten Aktion zusammen mit dem Bund, dem Land, der Stadt und den dortigen Luthergedenkstätten als „unser“ Pfund das Augusteum und das darin wohnenden Predigerseminar in die Gesamtlösung eines „Kirchencampus“ an der Schlosskirche und auf dem Schlossareal ein. Wir danken hier der EKD für ein ganz großartiges Zusammenwirken in diesen komplizierten Verhandlungen und Verfahren! Wir danken aber auch dem Predigerseminar Wittenberg, das um des gemeinsamen großen Zieles willen außerordentlich große Belastungen in seinem Lehrbetrieb auf sich genommen hat und weiterhin auf sich zu nehmen bereit ist!

Ein wichtiges Datum auf dem Weg zum Reformationsjubiläum wird im nächsten Jahr in Florenz die Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa sein. Es ist aus theologischen Gründen und um einer angemessenen Wahrnehmung des Erbes der Reformation unerlässlich, dass wir bewusst im Horizont der Leuenberger Kirchengemeinschaft und auf der Basis der Leuenberger Konkordie auf das Jahr 2017 zugehen. Darum beteiligen wir uns als UEK intensiv an den Lehrgesprächen und fördern kontinuierlich die Arbeit des Büros der GEKE in Wien. Mit Spannung und Interesse verfolgen wir auch den eben begonnenen Gesprächsprozess der GEKE mit der römisch-katholischen Kirche zum Thema „Kirchengemeinschaft“.

Weit über den deutschen, ja auch über den europäischen Horizont hinaus wird uns das 450. Jubiläum des Heidelberger Katechismus im Jahr 2013 auf die weltweiten Wirkungen der Reformation aufmerksam machen. Dieses Jubiläum wird uns aber auch an die immer neu anspruchsvolle und herausfordernde Aufgabe der Weitergabe der christlichen Botschaft erinnern. Dieser Aufgabe haben wir uns in heutiger Zeit vielleicht ganz anders als mit einem Katechismus anzunehmen, aber hoffentlich nicht weniger durchdacht und liebevoll, wie wir es am Beispiel des Heidelberger Katechismus lernen. Ich freue mich über die hervorragende Zusammenarbeit von UEK, Reformiertem Bund und Badischer Landeskirche in der Vorbereitung dieses „kleineren“ Reformationsjubiläums! Und ich bin mir sicher: Es wird ein Ereignis und eine Chance für die gesamte EKD sein. Auf Ihren Tischen liegt ein gemeinsam erarbeitetes und produziertes Faltblatt, das Ihnen ein Vorgeschmack und eine Verlockung zum Jubiläum des HEIDELBERGER und zu den damit verbundenen Projekten sein soll.

6. Karl-Barth-Preis

Noch klingt bei vielen von uns die Verleihung des Karl-Barth-Preises an George Hunsinger nach, die wir am Rande des Dresdner Kirchentags vorgenommen haben. Der Gottesdienstraum der Reformierten Gemeinde bot bei hochsommerlichen Temperaturen willkommene Abkühlung. Eindrücklich die ebenso elegante wie interessante Laudatio von Christiane Tietz und der ernste Vortrag des Preisträgers mit seinem bedrängenden Thema und beeindruckenden Engagement: Nein, die Folter ist niemals und nie und schon gar nicht theologisch zu rechtfertigen, und ihre Legitimation und Praxis muss immer und überall, auch um unseres Glaubens willen, kritisiert und bekämpft werden.

Inzwischen hat die Jury ihr Votum für den nächsten Preisträger des Karl-Barth-Preises getroffen und das Präsidium hat es am vergangenen Freitag bestätigt. Träger des Karl-Barth-Preises 2012 wird Bischof i. R. Prof. Dr. Dr. hc Wolfgang Huber. Die Jury begründet ihre Entscheidung unter anderem so, und das Präsidium ist ihr darin gern gefolgt: „In seinem theologischen Denken hat Wolfgang Huber die Perspektiven einer ‚Kirche der Freiheit‘ im Sinne der Barmer Theologischen Erklärung immer wieder neu ausgeleuchtet. Karl Barth ist ihm von Beginn seines theologischen Denkweges bis heute ein wichtiger Gesprächspartner geblieben. In seinem kirchlichen Wirken als Berliner Bischof und als Ratsvorsitzender der EKD hat Wolfgang Huber ‚Kirche der Freiheit‘ beherzt gelebt und überzeugend repräsentiert. Beispielhaft hat er die Kirche theologisch reflektiert geleitet und damit ein Wort von Karl Barth bewährt: ‚Wer Kirche sagt, muss auch Theologie sagen.‘“

Liebe Schwestern und Brüder! Mit dem „Mut zur Theologie“ habe ich diesen Bericht begonnen. Ich stelle an den Schluss dieses Berichts ein Zitat von Wolfgang Huber zu der Frage: „Was ist gute Theologie?“
 
„Gute Theologie verbindet das bleibend Wichtige mit dem jetzt Dringlichen.
Sie dient dem Verstehen des christlichen Glaubens
aus seinen Quellen und historischen Gestalten
in Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsbewusstsein der eigenen Gegenwart.
Um Wissenschaftlichkeit bemüht sie sich wie um Weisheit;
Genauigkeit eignet ihr ebenso wie Verständlichkeit.
Die Leidenschaft für die Gottesfrage prägt sie genauso
wie der nüchterne Blick wissenschaftlicher Kritik.
Sie dient denen, die im Glauben beheimatet sind,
aber auch den vielen, die diese Heimat nicht kennen.
Gute Theologie unterwirft sich den Maßstäben guter Wissenschaft;
Aber sie stellt sich zugleich der öffentlichen Debatte.
Die Theologie ist nicht die einzige Sprache des Glaubens;
vor allem die Sprache des Gebets weist über sie hinaus.
Gute Theologie kennt diese Differenz.“

Ich danke Ihnen.

(1) Der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Jan Janssen, wies in der Aussprache zum Präsidiumsbericht darauf hin, dass die Barmer Theologische Erklärung in seiner Landeskirche verpflichtendes Bekenntnis bei der Ordination sei. Barmen ist bereits Bestandteil der Oldenburger Kirchenordnung von 1950.