Grußwort anlässlich der Entpflichtung von Landesbischöfin Ilse Junkermann aus dem Bischofsamt

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Ilse,

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn wir Dich heute aus dem Amt der Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland entpflichten und verabschieden, dann tun wir das mit großem Dank für Dein Engagement für die Kirche und die Menschen in dieser Region ebenso wie für die Evangelische Kirche in Deutschland. Wir danken für Dein segensreiches Wirken im Großen und im Kleinen: für Verkündigung und Ermutigung, für Beharrlichkeit und Tatkraft, für klare Worte des Evangeliums, tröstende und stärkende - zugleich geistlich, politisch, lebendig und kräftig.

Du bist die erste mitteldeutsche Bischöfin gewesen und hast Dich der Aufgabe gestellt, zwei Kirchen mit ganz unterschiedlicher Tradition zusammenzuführen. Vor zehn Jahren fusionierten die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Du hast das Leitungsamt übernommen und den Prozess des Zusammenwachsens gestaltet und begleitet. Du brachtest einen reichen Erfahrungsschatz aus Württemberg mit in dieses Amt. Aber Du hast Dich ganz auf die neue Aufgabe eingelassen und warst schnell von Herzen „mitteldeutsche Bischöfin.“ – an der Seite der Menschen, engagiert in der Sache.

Das Reformationsjubiläum hast Du maßgeblich mitgeprägt. Der Papst ist der Bischof von Rom. Du aber warst als Landesbischöfin der EKM auch die Bischöfin von Wittenberg! Die Erinnerungen an dieses besondere Jahr und unsere gute Zusammenarbeit werden auch uns beide persönlich immer verbinden.

In den Gremien der EKD, das habe ich seit 2011 dann ja selbst miterlebt, hast Du immer wieder konsequent die Perspektive der östlichen Landeskirchen eingebracht. Dir war es immer wichtig, dass die Erfahrungen, Geschichten, Traditionen der Menschen aus Deiner Kirche in Ost und West gehört wurden. Du hast Dich dafür eingesetzt, dass gesehen und anerkannt wird, welche tiefgreifenden Veränderungen die Menschen in Deiner Landeskirche durch den politischen Systemwechsel und die kirchlichen Veränderungsprozesse zu bewältigen hatten. Und im 30. Jahr nach der DDR-Revolution sage ich: wir haben noch viel zu wenig zugehört. Die meisten Geschichten sind noch gar nicht erzählt. Und sind noch gar nicht gehört. Das Meiste liegt noch vor uns.

Auch in anderer Hinsicht warst Du Brückenbauerin und Vermittlerin: Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland ist ja eine Besonderheit unter den Gliedkirchen der EKD, da sie sowohl zur VELKD als auch zur UEK gehört. Auch hier hast Du viel für das Zusammenwachsen innerhalb der EKD getan. Der Weg von getrennten Organisationen über das Verbindungsmodell hin zum gemeinsamen evangelischen Handeln hat die Arbeit in den Gremien und im Kirchenamt über Jahre geprägt. Als stellvertretende Leitende Bischöfin der VELKD (2011-2018) hast Du in der entscheidenden Zeit maßgeblich dazu beigetragen, dass die Arbeit unserer Steuerungsgruppe Erfolg hatte. Dein klarer Blick auf Strukturen, der stets verbunden ist mit der Wahrnehmung der seelsorgerlichen, der theologischen Dimensionen kirchenleitenden Handelns, hat dem Prozess sehr gedient.

Denn kirchenleitendes Handeln ist ja nicht (nur) die Arbeit an Strukturen, ist nicht nur Verwaltung, misst sich nicht am Erfolg von Prozessen. Sondern vielmehr: „Gott loben, das ist unser Amt!“ (EG 288,5). Oder, wie es im 2. Vers des von Dir so geschätzten 103. Psalm heißt, den ich Dir deswegen heute als Segensspruch mitgegeben habe: Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. 

Das Lob Gottes speist sich aus der tiefen Erfahrung der Nähe Gottes. Und es ist untrennbar verbunden mit der Hoffnung auf Gerechtigkeit – untrennbar auch verbunden mit dem eigenen Einsatz für eine gerechtere und friedlichere Welt. Dein Engagement gegen rechte Gewalt, gegen Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit und auch Dein persönliches Engagement für Geflüchtete, sind nur zwei Beispiele für Vieles, was zu nennen wäre.

Dein Weg führt Dich nun weiter an den Lehrstuhl für praktische Theologie der Theologischen Fakultät Leipzig und hier an die Forschungsstelle "Kirchliche Praxis in der DDR. Kirche (sein) in Diktatur und Minderheit" – eine Stelle, an der Du Dich intensiv mit den Besonderheiten kirchlichen Lebens in der DDR beschäftigen wirst.

Mögest Du nun in die Zukunft aufbrechen mit all Deinen Erfahrungen der letzten zehn Jahre im Rücken, den guten und den schweren. Und Dir beim Blick zurück immer wieder diesem Wort aus Ps 103 in der Seele Resonanz geben: „Lobet den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er Dir Gutes getan hat.“

Gottes Segen möge Dich begleiten auf allen Deinen Wegen in der neuen Lebensphase!