„Kirchen sind als Vermittler gefordert!“

Delegation des Rates der EKD ist aus dem Südlichen Afrika zurückgekehrt

Eine Delegation des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war vom 5. bis 15. März zu Gast in Südafrika und Namibia. Die Reise diente dazu, mehr über die kirchliche, soziale und politische Situation in beiden Ländern zu erfahren. „In Südafrika", so der Vorsitzende des Rates der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, „haben wir ein Land im Aufbruch erlebt, dass die Lähmung durch Korruption sowie durch anhaltende Armut und extremer Ungleichheit in der Gesellschaft überwinden möchte. In Namibia ringt man mit den unterschiedlichen Deutungen der Kolonialgeschichte und ihrer Konsequenzen für heute. Auch hier ist die Überwindung von Armut und Ungleichheit das zentrale Thema.“

Mehrere kirchlich-soziale Projekte, die sich bereits seit mehreren Jahrzehnten der Armutsbekämpfung, Stadt- und Gemeinwesenentwicklung widmen, waren Teil der beeindruckenden Begegnungen in beiden Ländern. Besuche der „Outreach Foundation“ in Hillbrow (Johannesburg), „Tshwane Leadership Foundation“ (Pretoria) sowie „iThembaLabantu“ (Kapstadt), „Women on Farms“ (Stellenbosch) und „Hephata“ (Katutura/Windhoek) standen auf dem Programm. Dort bekam die Delegation Einblicke in die starken sozialen Unterschiede innerhalb der Bevölkerung Südafrikas und Namibias, und in die damit verbundenen enormen Herausforderungen sowohl für die Kirchen als auch für die Nichtregierungsorganisationen und staatlichen Einrichtungen. Dies wurde auch in den Begegnungen mit den Kirchenbünden, dem Südafrikanischen Kirchenrat (SACC) sowie dem Vereinigten Kirchenrat der Lutherischen Kirchen Namibias (UCC-NELC) und dem Kirchenrat von Namibia (CCN) deutlich. Aber auch in den Gesprächen mit den drei Partnerkirchen – Evangelisch-Lutherische Kirche im Südlichen Afrika (Natal-Transvaal) (ELKSA N-T), der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika (ELKSA Kap) und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia/Deutsche evangelisch-lutherische Kirche in Namibia (ELKIN DELK) – wurde davon berichtet.

Weitere Themen der Gespräche waren

  • die Herausforderung von „State Capture“ in Südafrika (Übernahme von staatlichen Institutionen und öffentlichen Ämtern durch korrupte Beamte, Geschäftsleute und Privatpersonen);
  • der Genozid an Herero, Damara und Nama (1904-1908) in Namibia;
  • die Rolle der Apartheid sowie
  • die öffentliche Rolle der Kirchen in den Versöhnungsprozessen der Gesellschaften beider Länder.

Die Delegation, die sich auch mit dem anglikanischen Erzbischof von Kapstadt Thabo Magkoba sowie mit dem namibischen Minister und früheren lutherischen Bischof Zephania Kameeta getroffen hatte, erfuhr, dass eine ernstzunehmende Bedrohung von dem wachsenden Populismus in beiden Ländern ausgehe. „Auch bei diesem Thema sind die Kirchen als Vermittler und Gesprächspartner im Südlichen Afrika gefordert“, erklärte Bedford Strohm.

Bei den zahlreichen ökumenischen Begegnungen war es der Delegation ein wichtiges Anliegen, die transformativen Kräfte innerhalb der Partnerkirchen wahrzunehmen und ebenso von ihren missionarischen und diakonischen Herausforderungen zu erfahren.

Auch die Frage, in welcher Weise die EKD den Prozess der Öffnung der dortigen Partnerkirchen zur einheimischen Bevölkerung begleiten kann, spielte eine wichtige Rolle. Dabei ging es nicht zuletzt um die Frage, wie die Kirche ihr geistliches Profil stärken kann. „Wir wollen kein Kulturclub, sondern ein Gottesclub sein“, beschrieb ein Gemeindeglied die Ausrichtung der St. Martini-Gemeinde in Kapstadt.

Die Delegation nahm dankbar die erfolgreichen Bemühungen der Partnerkirchen im Südlichen Afrika bei der Integration von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und bei der Überwindung von Vorurteilen, aber auch in dem großen sozialpolitischen Engagement wahr. Gerade dem Südafrikanischen Kirchenrat (SACC) kommt dabei eine besondere Rolle zu. Umso dankbarer nahm die Delegation die Aufbruchsstimmung wahr, die dort herrscht.

„Der Besuch“, so fasste Heinrich Bedford-Strohm die Eindrücke der Delegation zusammen, „hat eindrucksvoll deutlich gemacht, welch zentrale Rolle den Kirchen bei der Bewältigung der mit der Globalisierung verbundenen Herausforderungen zukommt. Die Kirche ist durch ihre Gemeinden überall auf der Welt vor Ort tief verwurzelt. Gleichzeitig lebt sie in dem universalen Horizont des gemeinsamen Glaubens. Durch die engen Kontakte unter den Partnerkirchen kann sie weltweit Salz der Erde und Licht der Welt sein.“

Hannover, 15. März 2018

Pressestelle der EKD
Kerstin Kipp