Wende bei den ukrainischen Lutheranern

Synode entzieht dem bisherigen Bischof das Vertrauen – bayerische Landeskirche reaktiviert die Partnerschaft

München/Odessa (epd). Nach zwei Jahren Eiszeit sind bayerische und deutsch-ukrainische Lutheraner wieder Partner. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) hat die Partnerschaft mit der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) wieder aktiviert, wie Landeskirchen-Sprecher Johannes Minkus dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mitteilte. Der Landeskirchenrat habe die neu gewählte Leitung der DELKU anerkannt und ihr gratuliert. Gelder für Projekte würden allerdings erst dann wieder fließen, „wenn es eine verlässliche Struktur in der DELKU gibt“, sagte Minkus.

Die DELKU befand sich seit mehreren Jahren in der Krise. Auf der Synode am 9. Oktober entzogen nun Vertreter „einer großen Mehrheit der Gemeinden“ dem bisherigen Bischof Serge Maschewski das Vertrauen und die Vollmachten, wie die DELKU auf ihrer offiziellen Internetseite mitteilte. Im Einklang mit den Bestimmungen der DELKU-Satzung wurde ein Bischöflicher Visitator für ein Jahr gewählt: Neuer Leiter der Kirche ist Pawel Schwarz, der 36-jährige Pfarrer der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Auferstehungsgemeinde Charkiw.

Kirche ist „völlig gespalten“

2016 hatte die ELKB die Partnerschaft mit der DELKU ausgesetzt. Begründung: Sie erhalte keine transparenten Abrechnungen über ihre Zuschüsse, und Bischof Maschewski verweigere Gespräche, erläuterte Oberkirchenrat Michael Martin damals. Er attestierte der DELKU, sie sei „völlig gespalten“ - mehr als die Hälfte der rund 30 Gemeinden hätten die Kirche verlassen. Die Konflikte seien vor allem auf Bischof Maschewski zurückzuführen, der laut Martin „alles selbst im Griff haben will und sich mit abweichenden Meinungen schwer tu“.

Der ukrainische Pfarrer Alexander Gross hatte noch im Juni dieses Jahres in Nürnberg um Hilfe bei der Rettung seiner Kirche gebeten. Maschewski verbreite Angst, entlasse Pfarrer, grenze Synodale aus und lasse eigenmächtig kirchliche Gebäude und Autos einziehen, sagte Gross. Nach der Absetzung des Bischofs zeigen sich nun zahlreiche Pfarrer erleichtert.

Neustart nach der Sowjetzeit

Die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine (DELKU) wurde Mitte des 18. Jahrhunderts von deutschen Aussiedlern gegründet, die von Zarin Katharina II. ins Land gerufen worden waren. Der erste evangelische Gottesdienst fand bereits 1801 in Odessa statt, die Gemeinde dort umfasste zeitweise über 10.000 Mitglieder. In der Sowjetzeit kam das kirchliche Leben jedoch zum Erliegen, die Gemeinden wurden verboten, die Kirchen geschlossen oder umgewidmet. Erst nach der politischen Wende konnte wieder eine evangelische Kirche, auch mit Hilfe der bayerischen Partnerkirche, begründet werden.

Das geistliche und organisatorische Zentrum der ukrainischen Lutheraner ist die Paulskirche in Odessa, zu der auch das „Deutsche Zentrum“ gehört. Zur DELKU gehörten ursprünglich 30 Gemeinden, die weit verstreut im Land liegen. 2013 zählte sie etwa 3.000 Mitglieder.