Morgenandacht bei der 6. Tagung der 12. Synode 2019 in Dresden von Colleen Michler

Colleen Michler, Mitglied der Synode

- unredigierte Fassung -
Es gilt das gesprochene Wort
 

Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast, und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor allen Sünden und allem Übel, dass dir all mein Tun und Leben gefalle. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.

Mit Martin Luthers Morgensegen grüße ich Sie herzlich zu unserer Morgenandacht am heutigen Tag. Wir halten diese Andacht im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Denn unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

Um Herz und Verstand auf gedeihliche Betriebstemperatur zu bringen, laden Igor Zeller, unsere Synodenband und ich Sie herzlich ein, mit uns das erste Lied anzustimmen: „Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt, damit ich lebe.“

(freiTÖNE 71)

Der 85. Psalm weist uns in den Versen 8 bis 11 den Weg:

„Herr, zeige uns deine Gnade und gib uns dein Heil! Könnte ich doch hören, was Gott der Herr redet, dass er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen, auf dass sie nicht in Torheit geraten. Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, dass in unserm Lande Ehre wohne; dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen.“

Im Brief des Paulus an die Epheser im 2. Kapitel lesen wir in den Versen 14 und 15:

„Denn er ist unser Friede, der aus beiden eins gemacht hat und hat den Zaun abgebrochen, der dazwischen war, indem er durch sein Fleisch die Feindschaft wegnahm. Er hat das Gesetz, das in Gebote gefasst war, abgetan, damit er in sich selber aus den zweien einen neuen Menschen schaffe und Frieden mache und die beiden versöhne mit Gott in einem Leib durch das Kreuz, indem er die Feindschaft tötete durch sich selbst.“

Sich selbst in den Tod gegeben, damit Frieden werde. Was für eine Gabe an uns! Was für eine Hingabe! Und was für eine Aufgabe für uns! So wie ein einzelnes Sandkorn noch keinen fruchtbaren Acker ausmacht, können wir als Einzelne den Weltfrieden noch nicht herstellen.

Der fruchtbare Boden besteht aus vielen, ganz unterschiedlichen Bestandteilen: große, kleine, dicke, dünne, runde und kantige können nur in ihrem Zusammenwirken die notwendigen Mineralien und Wasser binden, die den Boden fruchtbar machen. Und dennoch braucht es das richtige Klima, damit auf diesem Boden etwas keimt und gedeiht.

So braucht es in einer seinen Frieden suchenden Gesellschaft große, kleine, dicke, dünne, runde und kantige Menschen, die von Gott mit den unterschiedlichen Gaben gesegnet sind – jene, die den Finger in die Wunde legen, damit wir spüren, hier läuft etwas falsch, und jene, die Schmerzen zu lindern und Wunden zu heilen verstehen; jene, die den ersten Schritt tun, den Mut haben, vorneweg zu gehen; ebenso jene, die dahinter stehen. Sie sind manchmal Mitläufer, stärken jedoch den Vorderen den Rücken, geben Halt und Unterstützung.

Wir brauchen jene, die mit brennendem Herzen einer überzeugenden Idee so richtig Fahrt geben, und auch jene, die sanft auf die Bremse treten, damit andere dabei nicht abgehängt werden.

Es bedarf jener, die den Mund aufmachen, den Mund aufmachen gegen Unrecht und Unterdrückung, ebenso jener, die schweigen, wo Worte fehlen, die hinhören und zuhören. Wir brauchen jene, die Grenzen aufzeigen – Grenzen, die wir als Christen im Miteinander nicht überschreiten dürfen.

Aber es muss auch jene geben, die den Mut haben, im richtigen Moment und am richtigen Ort die Zäune abzubrechen, die Mauern niederzureißen und die Schlagbäume zu öffnen.

Mit all diesen und vielen weiteren Fähigkeiten hat er uns begabt, doch wenn sein Segen nicht auf unserem Tun und Lassen liegt, werden wir diese Gaben nicht für andere fruchtbar machen können. Er schafft das Klima, in dem auf fruchtbarem Acker die gute Saat keimen und etwas wachsen kann.

Dass er diesen Segen zu menschlichem Handeln gibt, haben wir vor gut 30 Jahren erlebt. Etwas Wunderbares ist geschehen. Menschen haben das nach menschlichem Verständnis fast Unmögliche ermöglicht: Wir sind ein Volk.

Aber sind wir auch eine Gemeinschaft?

Vor 30 Jahren standen wir uns näher als heute. Frieden gabst du schon, Frieden muss noch werden. Kirche kann dazu etwas leisten. Die Erfahrungen vom Herbst 1989 zeigen uns das deutlich. Aber der Weg ist noch nicht an seinem Ende. Schauen wir auf unsere Begabungen, die so vielfältig sind wie unsere Fußabdrücke. Und bitten wir Gott um seinen Segen, dass auf dem fruchtbaren Boden die Keime des Friedens zu stattlichen Pflanzen werden, die reiche Frucht bringen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

(Lied: „Komm, Herr, segne uns“)

Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen geplagt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnloser Trennung nach Rasse, Hautfarbe und Weltanschauung. Gib uns den Mut und die Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst mit Stolz den Namen „Mensch“ tragen.

Gemeinsam beten wir, wie Christus unser Bruder uns lehrte.

(Vaterunser)

Nun geht in den Tag mit dem Segen des Herrn. Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir seinen Frieden. Amen.