Persönlicher Rückblick der Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum

Margot Käßmann

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4. Tagung der 12. Synode der EKD vom 12. bis 15. November 2017 in Bonn

Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Präses, Hohe Synode, verehrte Anwesende,

nun liegt es tatsächlich hinter uns, das Reformationsjubiläumsjahr. Ichmöchte zuallererst sagen, dass wir dankbar sein können, wie vielfältig dieses Jahr genutzt wurde, um in unseren Kirchen, aber auch in unserer Gesellschaft Reformation zu diskutieren. Das war möglich durch eine sehr konstruktive Zusammenarbeit zwischen der EKD und dem Bund, durch die Zusammenarbeit von Evangelischer Kirche in Deutschland und Deutschem Evangelischem Kirchentag im Verein r2017, durch die Kooperation der Landeskirchen von den Themenjahren bis zur Präsenz in Wittenberg und durch das Miteinander von Kirche und Stadt in Wittenberg. Zudem: Soviel Kulturprogramm gab es zu einem Reformationsjubiläumsjahr noch nie. Da seien die großen staatlichen Ausstellungen ebenso genannt wie all die Oratorien, die Lieder, die beispielsweise der Liederwettbewerb hervorgebracht hat. Und das waren auch die vielen Ausstellungen und Theateraufführungen. Nennen will ich Dieter Wedels „Der Anschlag“ in Bad Hersfeld, das Stück war durchgehend ausverkauft. Aber auch die Medien haben einen großen Beitrag geleistet. Ich denke allein an den mdr, der beispielsweise mit dem Film Katharina Luther eine riesige Einschaltquote hatte.

Heute Abend will ich zunächst ein wenig über meine Tätigkeit als Botschafterin des Reformationsjubiläums und dann als Vorsitzende der Projektleitung für die Weltausstellung Reformation in Wittenberg berichten. Wir werden dann einen Film über die Weltausstellung sehen und danach mit dem Oberbürgermeister von Wittenberg sowie den Geschäftsführern des Vereins 2017 über Erfahrungen und Weiterführendes sprechen. Anschließend haben Sie selbst dann Gelegenheit zu Rückfragen oder Ergänzungen und auch für den Beitrag eigener Erfahrungen. Beginnen lassen Sie uns aber mit einem echten Erfolgsschlager des Reformationsjubiläums. Michael Kunze und Dieter Falk haben mit dem Pop-Oratorium Martin Luther einen enormen Beitrag geleistet. Beteiligung durch Mitsingen, das war Kennzeichen der Reformation und das ist auch Kennzeichen dieses Projektes. Ich bin Dieter Falk sehr dankbar, dass er heute Abend eigens nach Bonn gekommen ist und mit uns nun singt, was wir als Leitthema ausgegeben haben: Im Anfang war das Wort!

Kanon: Im Anfang war das Wort

Tätigkeit der Reformationsbotschafterin

Als Nikolaus Schneider und Ulrich Anke mich 2011 gefragt haben, ob ich Botschafterin für das Reformationsjubiläum sein wolle, habe ich gezögert. Zum einen, weil nach meinem Rücktritt ja die Frage war, ob es gut sein könne, wieder ein Amt in der EKD inne zu haben. Zum anderen, weil ja nicht klar war, wie dieses Amt zu füllen wäre.

Heute bin ich dankbar, dass mir das Amt angetragen wurde. Zum einen, weil sich gezeigt hat, dass es hilfreich sein kann, wenn unsere Kirche zu einem bestimmten Thema schlicht eine Person zur Verfügung stellt, die sozusagen abrufbar ist. So war ich eingeladen, Vorträge in der Richterwoche des Bundessozialgerichts, beim deutschen Lehrertag, beim Tag der Schmerzmedizin oder auch bei Wirtschaftskongressen zu halten. Dazu war ich zu Predigten eingeladen, habe jeweils die Themenjahre eröffnet und etliche Fernsehgottesdienste mitgestaltet. Das hat – auch durch unzählige Interviews – den einen Auftrag erfüllt: das Jubiläumsjahr in Deutschland präsent machen.

Der andere Auftrag war die Internationalität des Jubiläums. Die haben wir in diesem Jahr nun wirklich gewährleistet und ich finde, das können wir feiern neben der ökumenischen Dimension. Unsere Partnerkirchen ebenso wie die deutschsprachigen Kirchengemeinden vor Ort haben das Jubiläumsjahr genutzt, um vor Ort zu fragen, was Reformation bedeutet. Wir können sagen, dass überall auf der Welt Reformation gefeiert wurde. Ich denke an die Eröffnung dieses Jahres auf den Chatham Islands, direkt an der Datumsgrenze. Um vier Uhr morgens haben wir dort auf Einladung des neuseeländischen und des australischen lutherischen Bischofs eine Andacht abgehalten. Im Internet haben sich evangelische Gemeinden aus aller Welt angeschlossen, als die Sonne aufging bei ihnen im Jahr 2017 – unsere Kirche nutzt also durchaus die digitalen Möglichkeiten. In den vergangenen fünf Jahren haben mich Partnerkirchen in Afrika, Asien Lateinamerika eingeladen. Immer gab es dabei übrigens eine gute Zusammenarbeit mit den deutschen Botschaften und Konsulaten. Die vom Auswärtigen Amt zur Verfügung gestellte Ausstellung über die Reformation habe ich in vielen Ländern angetroffen. In den Gesprächen wurde jeweils gefragt, was Reformation vor Ort bedeutet, wie sie gefeiert werden kann, und natürlich war das Interesse sehr groß, was wir in Deutschland diskutieren, wie wir feiern. Lassen Sie mich kurz vier Beispiele nennen:

  • An der lutherischen Hochschule in Hongkong wurde heftig diskutiert, was Rechtfertigung in Kontext chinesischer Leistungskultur bedeutet.
     
  • Bei der lutherischen Bischofskonferenz in Tansania war eine zentrale Frage, wie reformatorische Theologie der Herausforderung durch die Pfingstkirchen begegnet.
     
  • In Guatemala City wurde dieses Jahr mit Unterstützung der deutschen Botschaft ein Reformationsdenkmal auf dem Platz „Berlin“ installiert.
     
  • Von den 140 Pastorinnen und Pastoren der isländischen lutherischen Kirche waren 80 in diesem Sommer in Wittenberg. Als ich den Vortrag zum Jubiläum in Skalholt gehalten habe, waren alle topinformiert über unsere Aktivitäten.

Insofern: Ich konnte an viele Kontakte aus meinen ökumenischen Erfahrungen in zwanzig Jahren Mitgliedschaft im Ökumenischen Rat der Kirchen und fünf Jahren im Zentralausschuss der Konferenz Europäischer Kirchen anschließen und dazu beitragen, dass wir dieses Mal wahrhaftig nicht deutsch-national, sondern weltoffen und international gefeiert haben. Das Interesse war überall groß. Beigetragen dazu hat auf jeden Fall auch der Stationenweg. Dieser Truck, der 67 Städte in Europa besucht hat, war für viele Kirchen in Europa, in Prag und Genf, in Dublin oder Hermannstadt/Sibiu oder auch Rom eine gute Gelegenheit, nach dem eigenen reformatorischen Erbe zu fragen und es eben auch an die anderen Städte weiterzugeben.

2. Lied

Die Musik hat für die Reformation eine besondere Rolle gespielt. Das ist auch 2017 deutlich geworden. In einem großen Liederwettberwerb wurden neue Lieder für 2017 komponiert und getextet, vierzig von ihnen sind in „frei Töne“, dem Liederheft zum Reformationssommer zusammengestellt. Sie haben es heute auf Ihren Plätzen und ich würde gern mit Ihnen singen. Dieter Falk wird uns dabei begleiten.

Ich lobe meinen Gott (82 in frei Töne)

3. Weltausstellung Reformation

Die Weltausstellung Reformation war ein großes Experiment. Ich war gebeten, den Vorsitz der Projektleitung zu übernehmen, der Menschen mit Erfahrung aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft und vor allem auch drei Wittenberger angehörten, darunter der Oberbürgermeister. 16 Wochen lang wurde die Stadt Wittenberg selbst zum Ausstellungsgelände. In den Wallanlagen rund um die historischen Stätten der Reformation gab es Gelegenheit, nicht nur historisch zurückzuschauen, sondern zu fragen, was unser Glaube für Kirche und Gesellschaft heute bedeutet. Das war ein sehr neues Format und es ist in großen Teilen gelungen. Vor allem die Gestaltung der Themenräume, die das Ergebnis eines großen Architekturwettbewerbs an deutschen, österreichischen und Schweizer Universitäten war, wird vielen in Erinnerung bleiben.

Den Kirchen der Reformation lag daran, das Reformationsjubiläum ökumenisch auszurichten. Und das haben wir auch umgesetzt. In seinem Vortrag in der Themenwoche Ökumene sagte Kardinal Kasper in der Exerzierhalle: „Das Reformationsjubiläum ist ein ökumenischer Kairos.“ Das ist eine Ermutigung, die zeigt: Wir haben nicht gegen andere, sondern mit anderen gefeiert. Römische Katholiken, aber auch Reformierte, Orthodoxe, Mennoniten, Baptisten waren aktiv beteiligt. Sie haben sich präsentiert in eigenen Räumen, mit täglichen Mittagsgebeten im Christuszelt und durch die Beteiligung an den inhaltlichen Veranstaltungen. Das war neu und ermutigend für die zukünftigen ökumenischen Gespräche und Beziehungen.

Erstmals war ein Reformationsjubiläum weltoffen, international, dialogorientiert. Gäste aus aller Welt waren in diesem Sommer bei der Weltausstellung. Zu sehen war das vor allem im Gasthaus Ökumene, wo jede Woche drei Kirchen aus anderen Ländern ihr Gemeindeleben präsentiert haben. Das weist nach vorn: Wir leben unser Christsein nicht länger in nationaler Einengung, sondern in globalem Horizont. Am Gasthaus Ökumene haben 48 Gruppen teilgenommen, aus verschiedenen Bereichen: Gruppen aus Partnerkirchen der EKD, aus deutschsprachigen Gemeinden im Ausland, aus international arbeitenden Organisationen wie der Deutschen Seemannsmission und oder aus mit der EKD eng verbundenen Einrichtungen wie dem EMW, der interkulturellen Pfarrkonferenz; und Gruppen aus Kirchen, die mit unseren Partnern oder deutschsprachigen Gemeinden im Ausland ökumenisch verbunden sind. Im Gasthaus Ökumene konnten wir Gruppen aus allen Erdteilen begrüßen.

Viele junge Leute waren beteiligt, eine „Generation 2017“ hat sich formiert. 15.000 Konfirmandinnen und Konfirmanden, 4.200 Pfadfinderinnen und Pfadfinder sowie die überall präsenten Volunteers und die jungen Mitarbeitenden werden die Erfahrung des Reformationssommers mitnehmen. Sie werden unsere Kirche damit prägen in Zukunft. Der Young Point Reformation hat dafür eine besondere Rolle gespielt. Und auch der “Global schools500reformation day“, bei dem evangelische Schulen und Hochschulen aus aller Welt ein globales pädagogisches Netzwerk gegründet haben. Das ist zukunftsweisend.

Wir haben intensiv diskutiert, wie wir Kirche und Welt verändern. Unter den vielen Diskussionen will ich den Dialog der Religionen herausgreifen. In der Themenwoche gab es gute Gespräche in vertrauensvoller Atmosphäre über Differenzen und Herausforderungen. Und es ist gelungen, im „House of One“ auf je eigene Weise Gottesdienst zu feiern, bei dem die Angehörigen anderer Religion mit Respekt anwesend sein konnten. Hier wurde eine Möglichkeit erprobt, nicht übereinander, sondern miteinander zu reden. Von diesen Erfahrungen werden wir in Zukunft profitieren.

Und evangelische Spiritualität hat ihre Wirkung entfaltet. Wer erlebt hat, wie der Abendsegen auf dem Marktplatz immer mehr Menschen angezogen hat, konnte beobachten, dass spirituelle Formen auch heute eigene Kraft entfalten. Das war ebenso im Torraum Spiritualität auf dem Bunkerberg. Das ist eine Ermutigung, solche Orte der Entschleunigung, des Kraftschöpfens in Zukunft auch an ganz anderen Orten öffentlich anzubieten.

Vor allem das Kulturprogramm hat viele besonders angezogen. Das Asisi-Panorama war eine Hauptattraktion der Weltausstellung. Aber auch die vielen Konzerte waren ein Renner, ebenso die Kunstausstellung „Luther und die Avantgarde“. Das zeigt: Evangelische Kirche kann Kultur in den öffentlichen Raum bringen und so niedrigschwellig zur Diskussion anregen. Darin steckt eine Einladung, solche Projekte auch andernorts zu wagen.

Und last but not least: Verschiedene Landeskirchen haben sich intensiv als Aussteller engagiert. Oft wird die „Kleinstaaterei“ des deutschen Protestantismus beklagt. In Wittenberg hat sich im Sommer 2017 gezeigt, wie alle an einem Strang ziehen können: Die Landeskirchen mit ihren Angeboten vom Erlebnisraum Taufe bis zum Segensroboter, von der innovativen Präsentation „Württemberg in Wittenberg“ bis zu dem Treffpunkt norddeutscher Kirchen in der Collegienstraße „Denkbar – Der Laden“. Und auch die Fachbereiche wie beispielsweise die Seelsorge am Riesenrad.

Zuletzt: Die gesamte Stadt Wittenberg, in der Christen in der Minderheit sind, zeigte sich offen für den Diskurs.

Natürlich gab es Kritik. Es wäre es ja auch äußerst ungewöhnlich für den Protestantismus, wenn dem nicht so wäre. Die einen bemängeln Zahlen, die für sie nicht erreicht wurden, die anderen sehen zu viel Luther im Jubiläum, wieder andere meinen, wir hätten immer noch nicht begriffen, dass die Säkularisierung eine Herausforderung ist.

Ich finde gut, wenn wir das alles anschauen. Natürlich kann es nicht jedem Recht gemacht werden in so einem Jahr, in dem wirklich alle mitbestimmen wollen. Aber insgesamt können wir dankbar sein. Sehr klug hat Christian Nürnberger das in „Glaube und Heimat“ kommentiert:

„Ja, es stimmt, die freundliche Harmlosigkeit des mit Frieden, Achtsamkeit, Toleranz, Respekt, Feminismus, Umwelt und Political Correctness beschäftigten Protestantismus steht in einem seltsamen Gegensatz zu ihrem Jubilar, diesem fundamentalistischen Berserker Martin Luther.

Aber: Hätten die Kritiker des heutigen Protestantismus lieber aggressiv dogmatische Prediger als Galionsfiguren der evangelischen Kirche? Haben wir nicht schon genug misogyne, homophobe, xenophobe, nationalistische und fundamentalistische Prediger in fast allen Religionen und Konfessionen? Wer den Protestanten heute vorwirft, zu lieb und zu harmlos zu sein, argumentiert nicht nur gegenwarts-, sondern vor allem geschichtsvergessen.“[1]

Vieles, denke ich, wird seine Auswirkungen erst langfristig erweisen. So hat das Reformationsjubiläum beispielsweise auch in Brüssel viele Menschen begeistert und inspiriert. Seit 2010 hat die EKD-Vertretung dort die verschiedenen Themen der Reformationsdekade mit zahlreichen Veranstaltungen ins öffentliche Bewusstsein gerückt. In diesem Jahr wurde besonders auf die europäische Dimension der Reformation hingewiesen und dabei mit verschiedenen kirchlichen und nicht-kirchlichen Akteuren vor Ort kooperiert, z.B. mit der Konferenz Europäischer Kirchen, den deutschen Ländervertretungen, der ökumenischen Auferstehungskapelle oder dem Goethe-Institut. Die durchweg hohen Besucherzahlen der Veranstaltungen spiegeln das große Interesse am Reformationsjubiläum in Brüssel wider, auch und gerade bei Nicht-Deutschen.

Besondere Erwähnung verdienen zwei Veranstaltungen: Unter dem Titel „500 Jahre europäische Reformation – Europa gestalten – Veränderung wagen!“ hat die Brüsseler EKD-Vertretung gemeinsam mit der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) am 7. März 2017 im Europäischen Parlament unter großer öffentlicher Beachtung eine Konferenz über die Relevanz der Reformation für das Europa von heute organisiert. Daran haben neben dem Ratsvorsitzenden der EKD zahlreiche europäische Spitzenpolitiker wie z.B. der Erste Vize-Präsident der EU-Kommission und MdEP David McAllister sowie hochrangige Repräsentanten verschiedener Kirchen in Europa teilgenommen, aber auch die schwedische Erzbischöfin und der Moderator der Waldenser. Im Anschluss fand im Parlament die Aufführung des Luther-Pop-Oratoriums statt, ein in der Geschichte des Europäischen Parlaments wohl einmaliges Ereignis, das Hunderte von Besuchern anzog und dank einer englischen Untertitelung auch unter Nicht-Deutschen großen Anklang fand.

Insofern: Ökumenisch und weltoffen, einladend und mit vielen Beteiligungsmöglichkeiten war dieser Reformationssommer.

Ich möchte Ihnen jetzt einen Film über den Reformationssommer zeigen. Einige werden sagen, der zeigt ja nur die schönen Seiten. Ja, in der Tat! Aber ich finde, wir Protestanten dürfen uns tatsächlich auch mal freuen, an dem, was schön war und gelungen ist – und davon gab es vieles 2017. Danach wird es ein Gespräch mit Beteiligten geben, bei dem auch die kritischen Punkte zu Wort kommen und anschließend können wir hier in der Synode ins Gespräch kommen und offen auswerten: Was war gut, was gibt es zu kritisieren, was können wir besser machen – und nicht erst in 500 Jahren.

6. Film (13 Minuten)

7. Gespräch mit Dieter Falk, Thorsten Zugehör, Ulrich Schneider und Hartwig Bodmann

Was waren die schönsten Erfahrungen?

Was waren die größsten Herausforderungen und Probleme?

Was bleibt/Was wird kommen?

8. Lied: Justificatio sola fide (frei Töne 150)

9. Zum Abschluss:

Ja, was bleibt?

Der Ratsvorsitzende hat am 29. September erklärt, es war ein Jubiläum der Beteiligung. Das kann ich nur unterstreichen. Mitglieder unserer Gemeinden im ganzen Land haben das Thema Reformation lebendig werden lassen durch Vorträge, Ausstellungen, Konzerte, Bildungsveranstaltungen in Kitas und Schulen.

Dieses Jubiläum war international geprägt wie kein Jubiläum zuvor. Das wird im Gedächtnis bleiben.

Das Jubiläum hatte einen klaren ökumenischen Akzent mit Blick auf Reformierte, Baptisten, Mennoniten, aber auch römische Katholiken. Dahinter führt kein Weg zurück. Das war unser gemeinsames Reformationsjubiläum.

Wir haben im veränderten säkularen und multireligiösen Kontext neue Formen christlicher Präsenz erprobt. Das war eine Ermutigung, sich den veränderten Konstellationen zu stellen.

Viele Anregungen werden bleiben vom Global Pedagogical network bis zu den „kleinen Formen“ im säkularen Umfeld.

Das Jubiläumsjahr hat viele erreicht, es tauchte an interessanten Orten auf. Als Beispiel nehme ich die Einladung zur Chefkonferenz 2017 von Volkswagen Nutzfahrzeuge. Die betitelte sich mit einem Zitat, das Luther zugeschrieben wird: „Nur wer sich entscheidet, existiert“. (Nun gut, mancher wird jetzt sagen, das war Ablasshandel wegen Abgashandel!) Oder ein Tweet von Hannover 96: „Warum nicht 96 Thesen?“ Das heißt doch: Auch in ganz säkularen Winkeln der Republik ist das Thema angekommen. 

Das hat sich ganz großartig aber auch noch einmal innerkirchlich am Reformationstag selbst gezeigt. 40.000 Menschen waren allein in Wittenberg. Es gab überfüllte Kirchen im ganzen Land. Manche waren ganz überrascht von dem Andrang. In Hannover sagte mir die Pfarrerin meiner ehemaligen Gemeinde: „Wir hatten mit 50 oder 60 Leuten gerechnet, aber da waren über 300, die Emporen waren rappelvoll!“ Eine befreundete Dekanin aus Kurhessen-Waldeck schrieb mir: „In Zeiten, in denen auch die Kirchenaustritte über den Dekanatsschreibtisch wandern, war das gestrige Fest einfach wunderbar! Der Tag hat eindrücklich gezeigt, wie viel angekommen ist.“

Insofern können wir sagen: Gewiss ist nicht alles optimal gelungen. Aber als Evangelische Kirche in Deutschland haben wir mit unseren Partnerkirchen, in ökumenischer Gemeinschaft, in Kooperation mit dem Staat und der Kultur, aber auch der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft ein Reformationsjubiläumsjahr gestaltet, das geistliche und inhaltliche Akzente gesetzt hat. Allein die große Aufmerksamkeit auf die revidierte Fassung der Lutherübersetzung aber auch unzählige Symposien und Veranstaltungen an Universitäten waren ein Zeichen dafür. Die Nachwirkungen werden sich gewiss nachhaltig entfalten, da bin ich sehr zuversichtlich. Mir hat die Haltung Jürgen Mettes sehr aus dem Herzen gesprochen: „Als überzeugter und engagierter Mitgestalter dieses Festjahres weigere ich mich, das geistliche Ergebnis in quantitativen Bilanzen zu messen. Wo Menschen vom Evangelium erreicht und von Gott berührt wurden und ein neues Verständnis für die vier „Soli“ der Reformation geweckt wurde, da war nichts vergeblich…  Ich wäre wieder dabei, auch wenn die Welt voll Teufel wär.“ [2]

Zuletzt danke ich dem Rat der EKD für die Übertragung dieser Aufgabe. Es war mir in den vergangenen sechs Jahren eine Freude, das Thema Reformation in Kirchen, aber auch im säkularen Umfeld in Deutschland und bei Besuchen unserer Partnerkirchen in aller Welt präsent werden zu lassen. Ich danke auch meinem kleinen engagierten Büro: Swetlana Varol, Sibille Reiner und Uwe Birnstein für die tolle Unterstützung. Falls es mal wieder ein so besonderes Thema gibt, das unsere ganze Kirche betrifft, ist die Berufung einer Person als „Botschafter“ oder „Botschafterin“, die dazu abgerufen werden kann, ein gutes Modell, denke ich, ein solches Thema breit präsent zu machen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Gleich ist die Debatte im Plenum freigegeben. Die Synode kann diskutieren, ob es „die letzte Party des Gremienprotestantismus“ war, wie ein Journalist gerne sagte, oder ein großes gemeinsames Fest unserer Kirche, ja der Kirchen in Deutschland, Europa und weit darüber hinaus. Aber vor den ersten Wortmeldungen singt Dieter Falk noch einmal mit uns:

10. Lied: Vertraut den neuen Wegen (frei Töne 142)

Aussprache

[1] http://www.glaube-und-heimat.de/aktuell/

[2] medienmagazon PRO, https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/gesellschaft/2017/11/01/nur-zehn-prozent/