Protestantismus und Kultur am Beginn des 21. Jahrhunderts

Wolfgang Huber

Club von Berlin (1)

 Über das Verhältnis von Protestantismus und Kultur am Beginn des 21. Jahrhunderts will ich heute aus einer bestimmten Perspektive sprechen. Ich will mich von der Einsicht leiten lassen, dass jede Gesellschaft auf ein "kulturelles Gedächtnis" angewiesen ist (2).

Eine Gesellschaft braucht nicht nur einen gemeinsamen Bestand an Themen, die kurzfristig in aller Munde sind: gestern die Greencard für indische Computerspezialisten, heute das schlechte Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft. Sie kann sich auch nicht mit Elementen der Alltagskommunikation begnügen, die von etwas längerer Dauer sind - den Gesprächen darüber beispielsweise, wie es bei der Jugendweihe einerseits, der Konfirmation andererseits zugeht. Eine Gesellschaft braucht neben solchen Erinnerungselementen von großer Alltagsnähe auch ein kollektives Gedächtnis für alltagstranszendente Inhalte. Dazu gehören außerordentliche Ereignisse der Vergangenheit, große Erzeugnisse der Kunst, aber auch religiöse Überlieferungen und prägende Riten. Keine Gesellschaft kommt ohne solche Erinnerungsfigurationen aus. Denn an ihnen bildet sich die Identität einer Gesellschaft wie die Identität der einzelnen. Grundelemente des kulturellen Gedächtnisses sind ein wichtiges Potential der Erneuerung, der Selbstkritik oder der Reform. Ja, auch noch der Umsturz speist seine Legitimität aus der Anknüpfung an Bestände des kulturellen Gedächtnisses

Mit dem "kulturellen Gedächtnis" bewahrt eine Gemeinschaft nicht nur ein gemeinsames Bild der Vergangenheit auf. Sondern im kulturellen Gedächtnis sind zugleich die Potentiale zur Deutung der Gegenwart wie zum Entwurf der Zukunft enthalten. Eine Verständigung über die Wahrnehmung der eigenen Zeit gelingt ohne Grundbestände eines kulturellen Gedächtnisses ebenso wenig wie eine Vision der Zukunft. Natürlich ist das kulturelle Gedächtnis auf beständige Erneuerung angewiesen. Über die Deutung der großen Ereignisse, die Interpretation der Klassiker, das Verständnis der religiösen Tradition, die Gestalt der prägenden Riten muss immer wieder gestritten werden. Doch zumeist geschieht das in einer Form, in welcher der Rahmen und der Inhalt des kulturellen Gedächtnisses als solcher nicht in Frage gestellt wird. Nur in besonderen Umbruchszeiten entstehen Zweifel am Inhalt und an den Maßstäben des kulturellen Gedächtnisses selbst. Davon muss man schließlich diejenige Situation unterscheiden, in welcher das Bewusstsein dafür verloren geht, dass es überhaupt eines Kanons für das kulturelle Gedächtnis bedarf.

In aller Regel bleibt das kulturelle Gedächtnis so lange relativ unbeachtet, so lange es selbstverständlich eingelebt ist. Es wird zum Thema, wenn es gefährdet, bedroht oder umstritten ist. "Nur deshalb spricht man so viel vom Gedächtnis, weil es keines mehr gibt", heißt ein viel zitierter Satz von Pierre Nora. (3) So wie die Notwendigkeit des Umweltschutzes erst erkannt wurde, als die Ausbeutung der Ressourcen und die Verwüstung der Umwelt durch Abfälle ein besorgniserregendes Maß erreicht hatten, so sorgen wir uns um die Bewahrung des kulturellen Gedächtnisses erst, seit dessen Erosion einen weit fortgeschrittenen Zustand erreicht hat. So wie man sich um ökologische Nachhaltigkeit erst bemüht, seit sie durch die Auswirkungen menschlichen Handelns massiv gefährdet ist, so tritt auch die Notwendigkeit einer kulturellen Nachhaltigkeit erst in den Blick, wenn die Bestände des kulturellen Gedächtnisses einer massiven Erosion ausgesetzt sind. Erst relativ spät werden wir sensibel für die Gefahren einer kulturellen Umweltzerstörung. Erst allmählich erkennen wir, dass Menschen nicht nur auf natürliche Umweltbedingungen angewiesen sind, sondern dass sie auch kulturelle Räume brauchen, um sich entfalten und eine eigene Identität entwickeln zu können.

Die Regeln der Informationsgesellschaft stehen zu dieser Aufgabe in großer Spannung. Denn die Informationsgesellschaft konzentriert die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt. Sie rückt das Erleben in den Vordergrund; Erinnerung und Erwartung treten dagegen zurück. Gewiss bilden sich Gegenbewegungen, vor allem in der Gestalt von Erinnerungspolitik. Gedenkausstellungen und Geschichtsmuseen, Denk- und Mahnmale, die Pflege alter und die Schaffung neuer Erinnerungstage bieten dafür Beispiele. Aleida Assmann und Ute Frevert hat das zu der These veranlasst, an die Stelle der Geschichtsvergessenheit sei die Geschichtsversessenheit getreten. (4) Doch solche Entwicklungen stimmen eher skeptisch als frohgemut. Allzu deutlich gehorchen die Maßnahmen der Erinnerungspolitik den Imperativen des Hier und Heute. Trotz des Umschwungs von der Geschichtsvergessenheit zur Geschichtsbesessenheit besteht kein Grund, im Blick auf die Chancen des kulturellen Gedächtnisses Entwarnung zu geben. Gerade in fortgeschrittenen Gesellschaften ist es besonders bedroht. Die Folgen sind weitreichend. Doch das wird unter der Vorherrschaft ökonomischer Denkmuster weithin verdrängt. Wir verspielen in kurzer Zeit Bestände des kulturellen Gedächtnisses, deren Aufbau Jahrhunderte, ja Jahrtausende gedauert hat und für die Äquivalente überhaupt nicht in Sicht sind.

Es ist kein Zufall, dass in den letzten Jahren die Frage nach einem Kanon des kulturellen Gedächtnisses neue Aufmerksamkeit gefunden hat. Im Feld der Politik haben insbesondere Roman Herzog und Wolfgang Thierse diese Diskussion vorangetrieben. Es ist kaum darauf geachtet worden, warum in dieser Debatte der Begriff des Kanons eine Schlüsselbedeutung erlangt hat. Ein kulturelles Gedächtnis kommt ohne die Bestimmung gemeinsamer Bezugsgrößen nicht aus. Aus der Geschichte des Christentums ist diese Erfahrung vertraut. Deshalb kam es zum Kanon der heiligen Schriften. Mit ihm wurde festgelegt, welche Schriften zum Alten und zum Neuen Testament gerechnet werden. Natürlich ist ein solcher Kanon in dem Sinn offen, dass auch anderes "nützlich zu lesen" ist, wie Martin Luther über die apokryphen biblischen Bücher sagte. Es wird nie einen abgeschlossenen Kanon des kulturellen Gedächtnisses geben. Aber über dessen Kernbestand muss man sich wieder und wieder verständigen. Je mehr sich der gesellschaftliche und damit auch der kulturelle Wandel beschleunigt, je ausgeprägter auch der gesellschaftliche Pluralismus wird, desto wichtiger wird die Verständigung über einen solchen Kernbestand. Freilich wird diese Verständigung unter pluralistischen Bedingungen zugleich schwieriger.

Für die Betrachtung des Verhältnisses von Christentum und Kultur ist diese Fragestellung nur ein Aspekt. Aber er ist wichtig. Deshalb will ich ihn zum Ausgangspunkt meiner heutigen Überlegungen machen. Ich beginne mit einem knappen historischen Rückblick; ihm schließt sich eine Diagnose unserer Gegenwart an. Daraus werde ich nicht etwa kulturpessimistische Betrachtungen, sondern Überlegungen zur Erneuerung des Verhältnisses von Christentum und Kultur am Beginn des 21. Jahrhunderts entwickeln.

I.

Von seinen Anfängen an gibt es das Christentum nicht anders als in lebhafter Auseinandersetzung mit der Kultur. Die Entfaltung des christlichen Glaubens wäre nicht denkbar gewesen, wenn sich nicht die Glaubensbotschaft der christlichen Bibel mit der Kultur der griechisch-römischen Antike verbunden hätte. Man hat dieses Miteinander von biblischer Botschaft und antiker Kultur die "Doppelhelix" der christlichen Tradition genannt. Angelehnt ist diese Bezeichnung an Cricks und Watsons berühmte Metapher zur Beschreibung der DNA-Struktur. (5) So wie die Erbinformationen eines Organismus nicht in einer einfachen Kette, sondern in einer Doppelhelix gespeichert sind, so ist auch der christliche Glaube nicht einfach in einer Kette von Glaubensaussagen, sondern in der Doppelhelix von Christentum und Kultur wirkungskräftig geworden. (6)

Ohne diese Verbindung könnte man nicht erklären, wie sich das kulturelle Gedächtnis Europas entwickelt hat. Denn christliche Bibel und antike Kultur zusammen bilden "das Rückgrat des kulturellen Gedächtnisses der christlichen Welt des Mittelalters". Schon immer werden Bestandteile des kulturellen Gedächtnisses in Frage gestellt. Einzelelemente wurden neu interpretiert. Der Streit um das Verhältnis zwischen Christentum und Kultur bahnt sich schon im Neuen Testament an. Bei den Apologeten des 2. Jahrhunderts zeigt sich bereits ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür, dass die Wahrheit des christlichen Glaubens auf das Wahrheitsbewusstsein der eigenen Zeit bezogen werden muss.

Schon in der Zeit der Kirchenväter symbolisiert das Nebeneinander der beiden Städte Athen und Jerusalem die Verbundenheit von Kultur und christlichem Glauben. (7) Der Name Athens steht dabei für die griechische Kultur, insbesondere für die von den Griechen inaugurierte Philosophie; dabei ist zu bedenken, dass diese weithin in ihrer römischen Verwandlung, in ihrer lateinischen Gestalt den Weg des Christentums bestimmt. Jerusalem aber steht nicht einfach für die Stadt des zerstörten zweiten Tempels, für die Stadt der Juden, in denen Jesu Leben am Kreuz ein Ende gefunden und mit seiner Auferweckung das Christusbekenntnis seinen Anfang genommen hatte. Jerusalem - das neue, himmlische Jerusalem, von dem die Offenbarung des Johannes und der Hebräerbrief sprechen (8) - steht für die Verheißung des Glaubens, der die Christen als ein wanderndes Gottesvolk entgegengehen.

Freilich war das Verhältnis zwischen Religion und Kultur im Lauf der christlichen Geschichte einem tiefgehenden Wandel unterworfen. Der Siegeszug, mit dem das Christentum im vierten Jahrhundert dank der konstantinischen Wende zur Religion des römischen Reiches wurde, veränderte das Verhältnis von Religion und Kultur. Nun wurde die Religion selbst zu einem Hauptkriterium für die Identität der einzelnen wie des Gemeinwesens. Die gemeinsame Religion wurde wieder zu einem wichtigen Bezugspunkt des kulturellen Gedächtnisses und gewann den Vorrang gegenüber anderen Merkmalen. Auch die Zerfallsprozesse im spätrömischen Reich sollten später nichts Grundsätzliches daran ändern, dass die mittelalterliche Welt sich als ein corpus Christianum verstand und dass sie in ihrer politischen Gestalt unter anderem durch ein "heiliges" römisches Reich deutscher Nation repräsentiert wurde.

Natürlich hatte die neue Verhältnisbestimmung von Religion und Kultur, die sich damit vollzog, tiefgreifende Rückwirkungen auf den christlichen Glauben. Die Religion wurde selbst zur kulturellen Leitidee; die entscheidenden Erinnerungsfigurationen der Kultur kristallisierten sich um religiöse Themen, vor allem um die großen biblischen Themen des Alten und Neuen Testaments. Die bildende Kunst des Mittelalters, um nur dies eine Beispiel zu nennen, ist aus diesem Grund in ihrem Kernbestand religiöse, nämlich christliche Kunst. Ein Weg durch die entsprechenden Abteilungen jeder, auch der Berliner Gemäldegalerie überzeugt einen davon schnell.

Damit wuchs der Religion selbst ein Herrschaftsstatus zu. Ihr Sozialkörper, die Kirche, wurde zur Trägerin eigenständiger, auch politischer Macht. Die Einheit dieser Kirche wurde durch Machtmittel geschützt. Der Kaiser, der an Reichskonzilien in eigener Person teilnahm, fühlte sich auch zur Durchsetzung ihrer Beschlüsse verpflichtet. Ein Sog entstand, durch den der christlichen Toleranz auf Dauer schwerer Schaden zugefügt wurde. Die Ketzerverfolgungen und Konfessionskriege, in die sich Europa während des Mittelalters und in der frühen Neuzeit verlor, erklären sich in erheblichem Umfang aus diesem Herrschaftsstatus der Religion.

Die selbstzerstörerische Tendenz, die mit der Herrschaftsstellung der Religion verbunden war, rief zu Recht Gegenbewegungen hervor. Die Reformation war unter ihnen die wichtigste. Sie begründete den Glauben nicht mehr aus einer Herrschaftsstellung der Kirche, sondern stellte ihr das vierfache "Allein" entgegen: allein Christus, allein durch Gnade, allein im Glauben, allein die Schrift. Sie deutete deshalb auch die Freiheit des Glaubens als eine Grenze für jeden politischen Machtanspruch, aber ebenso auch als eine Grenze für alle kirchlichen Zwangsmaßnahmen. Die weltliche Obrigkeit fand ihre Grenze, wie Luther schon einschärfte, an der Freiheit des Gewissens; aber auch für die Kirche galt, dass sie ihrem Wahrheitsanspruch nur durch das Wort, nicht aber durch Zwang Resonanz verschaffen durfte (sine vi sed verbo).

Mit dieser neuen Betonung der Freiheit des Glaubens verband sich eine neue Einsicht in die Weltlichkeit der Welt. Die Säkularität der Welt und ihrer Erkenntnis setzte sich schrittweise, zum Teil gegen erhebliche Widerstände durch. Damit vollzog sich der Übergang zum neuzeitlichen Verständnis wissenschaftlicher Welterkenntnis. Der Protestantismus beharrt darauf, dass diese Welterkenntnis nicht etwa eine Abwendung vom Glauben, sondern ein Ausdruck des christlichen Glaubens selbst ist. Diese Bejahung der Weltlichkeit der Welt und ihrer wissenschaftlichen Entschlüsselung hat für das Verhältnis von Protestantismus und Kultur eine zentrale, kaum zu überschätzende Bedeutung.

Dass die Welt von jeder Vergöttlichung befreit und in ihrem weltlichen Charakter anerkannt wird, wird als ein ureigenes Anliegen des Christentums selbst wahrgenommen. Die Grundlage dafür liegt einerseits im biblischen Schöpfungsgedanken und der mit ihm verbundenen Unterscheidung von Gott und Welt. Die Welt wird dadurch, wie bereits die biblischen Schöpfungsberichte anschaulich zeigen, entgöttert; die vorher als göttlich verehrten Gestirne werden zu "Lampen". Die Grundlage für die Hochschätzung der Welt in ihrer Weltlichkeit liegt zum anderen in dem Gedanken, dass Gott Mensch geworden und in die Welt eingegangen ist. Die Menschwerdung Gottes kommt der Welt zugute; die Arbeit in dieser Welt und das Eindringen in ihre Geheimnisse gewinnen dadurch theologische Legitimität. Die so - zumindest auch - in theologischen Motiven begründete Verweltlichung der Welt aber erweist sich als eine unentbehrliche Voraussetzung für Kultur im modernen Sinn des Wortes. Nur unter der Voraussetzung ihrer Weltlichkeit kann sie als eigenständige "Wertsphäre", als autonomer Bereich erkannt und anerkannt werden. Beide Gründe zusammen machen deutlich, dass der Prozess der Säkularisierung der Kultur aus theologischer Perspektive nicht einfach negativ beurteilt werden darf. Die Unterscheidungsleistungen, die notwendig sind, um eine Eigenständigkeit der Kultur anzuerkennen, sind dem Selbstverständnis des christlichen Glaubens durchaus vertraut. So unterscheidet er beispielsweise zwischen Glauben und Wissen und vermag deshalb auch ein eigenständiges Recht der Wissenschaften anzuerkennen. Oder er unterscheidet zwischen Kirche und Staat und räumt damit politischer Machtausübung eine eigenständige Berechtigung ein.

Doch so sehr die Theologie diese Entwicklungen konstruktiv zu begründen und zu begleiten vermag, so sehr sieht sie sich von ihnen faktisch doch in Frage gestellt. In der Neuzeit verliert der lange Zeit erhobene Monopolanspruch theologischer Deutungen seine Berechtigung. Damit geht die institutionelle Dominanz der Kirche im Bereich von Bildung und Wissenschaft verloren. Ebenso wie die Künste emanzipieren sich auch Wissenschaft und Bildung vom kirchlichen Vorrang. Auch darin manifestiert sich die Forderung nach einer Autonomie der Kultur.

Bereits im 17. Jahrhundert wird die Forderung erhoben: "Die Theologen sollen schweigen im fremden Geschäft." Diese Forderung ist nicht, wie man denken mag, atheistisch begründet. Sondern sie weist darauf hin, dass es für die Erkenntnis der Welt keinen Vorsprung der Theologie mehr gibt; andere Fachleute, gute Christen auch sie, müssen dabei in ihrer spezifischen Kompetenz anerkannt werden. Worin die besondere Deutungskompetenz der Theologie besteht, muss nun im einzelnen begründet werden. Die gesamte Neuzeit ist von der Frage begleitet, ob die kulturelle Bedeutung des Christentums nicht an den Rand rückt. 1799 beginnt Friedrich Schleiermacher seine Reden über die Religion "an die Gebildeten unter ihren Verächtern" mit einer Reflexion darüber, wie er denn bei Gebildeten seiner Zeit für einen "so vernachlässigten Gegenstand" wie die Religion überhaupt Gehör finden will. Die intellektuelle Atmosphäre seiner Zeit schildert Schleiermacher dabei mit folgenden Worten: "Jetzt besonders ist das Leben der gebildeten Menschen fern von allem was ihr (sc. der Religion) auch nur ähnlich wäre. Ich weiß daß Ihr eben so wenig in heiliger Stille die Gottheit verehrt, als Ihr die verlaßenen Tempel besucht, daß es in Euren geschmackvollen Wohnungen keine anderen Hausgötter giebt, als die Sprüche der Weisen und die Gesänge der Dichter, und daß Menschheit und Vaterland, Kunst und Wissenschaft, denn Ihr glaubt dies alles ganz umfassen zu können, so völlig von Eurem Gemüthe Besitz genommen haben, daß für das ewige und heilige Wesen, welches Euch jenseit der Welt liegt, nichts übrig bleibt, und Ihr keine Gefühle habt für dasselbe und mit ihm. Es ist Euch gelungen, das irdische Leben so reich und vielseitig zu machen, daß Ihr der Ewigkeit nicht mehr bedürfet, und nachdem Ihr Euch selbst ein Universum geschaffen habt, seid Ihr überhoben an dasjenige zu denken, welches Euch schuf." (9)

Hundert Jahre später, im Jahr 1899, klingt es beinahe trotzig, wenn Adolf von Harnack in seinen Vorlesungen über das "Wesen des Christentums" (10) die Prinzipien der Reformation beschwört, die trotz des Fortschritts der Wissenschaften noch immer in Geltung stehen: "In der Geschichte der christlichen Religion haben wir seit der Reformation keine neue Stufe erlebt. Ungeheure Wandlungen hat unsere Welterkenntnis erfahren - jedes Jahrhundert seit der Reformation bedeutet einen Fortschritt, den wichtigsten die beiden letzten - , aber die Kräfte und Prinzipien der Reformation sind, religiös und ethisch betrachtet, nicht überholt und abgelöst worden. Wir brauchen sie nur rein zu erfassen und mutig anzuwenden, so setzen ihnen die modernen Erkenntnisse keine neuen Schwierigkeiten entgegen. Die wirklichen Schwierigkeiten, welche der Religion des Evangeliums entgegen stehen, sind immer die alten. Ihnen gegenüber vermögen wir nichts zu ‚beweisen'; denn unsere Beweise sind hier nur Variationen unsrer Überzeugungen." Aber auch Harnack hat gespürt, dass der Erkenntnisanspruch der modernen Wissenschaft die Stellung der Religion tiefergreifend verändert, als er in diesen Bemerkungen erkennen lässt. (11) Dennoch hält er an der Grundentscheidung fest: "Die Religion, nämlich die Gottes- und Nächstenliebe, ist es, die dem Leben einen Sinn giebt; die Wissenschaft vermag das nicht." (12)

II.

Ein weiteres Jahrhundert danach wird das Verhältnis von Christentum und Kultur erneut entdeckt. Die Evangelische Kirche in Deutschland hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Vereinigung Evangelischer Freikirchen einen Konsultationsprozess zu diesem Thema begonnen. Das dazu veröffentlichte Impulspapier trägt die Überschrift "Gestaltung und Kritik. Zum Verhältnis von Protestantismus und Kultur im neuen Jahrhundert". (13) Und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken veröffentlichte kurz darauf ein kulturpolitisches Manifest mit dem Titel: "Kultur als Aufgabe für Staat und Kirche. Zur Förderung der dezentralen und pluralen Kultur in Deutschland". (14) Die Ambivalenz der Situation wird gleich im Vorwort zur evangelischen Publikation deutlich benannt: "Am Ende dieses Jahrhunderts und Jahrtausends vertreten manche Beobachter die Auffassung, das Christentum sei dabei, seine kulturprägende Kraft einzubüßen. Religionskritische Argumente haben im Osten Deutschlands durch die marxistisch-leninistische Propaganda weite Verbreitung gefunden. Die Pointe ist jedes Mal: Religion ist kulturell schädlich. Auch in der westdeutschen Öffentlichkeit sind solche Gedanken durchaus geläufig, auch wenn sie weniger aggressiv vertreten werden. Die Kirche gilt den Kritikern weniger als kulturell schädlich als vielmehr als kulturell irrelevant. Wir nehmen solche Einschätzungen ernst, aber wir widersprechen ihnen. Die Kirchen behalten eine wichtige kulturelle Rolle; im kulturellen Wandel wachsen ihnen auch neue Aufgaben zu. Es kommt darauf an, daß sie sich nicht in die Nische verkriechen, sondern in Auseinandersetzung mit der Kultur der jeweiligen Gegenwart eine spezifische kulturelle Gestalt annehmen. Sie haben zugleich die Entwicklung der Kultur kritisch zu begleiten und wie in den vergangenen 2000 Jahren christlicher Geschichte kulturprägend zu wirken."  (15)

Eine solche Betrachtungsweise muss freilich in einen weiteren Zusammenhang gerückt werden. Kein Zweifel: Der Säkularisierungsprozess ist weiter vorangeschritten; aber auch Gegenbewegungen sind deutlicher erkennbar geworden. Die klassischen Großkirchen der westlichen Industrienationen durchlaufen eine Krise ihrer gesellschaftlichen Relevanz wie ihrer institutionellen Gestalt. Die Minorisierung, die sie unter der Herrschaft des Staatssozialismus in mittel- und osteuropäischen Ländern erlebt haben, greift nach dem Ende der europäischen Spaltung atmosphärisch auch auf den Westen Europas über. Die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung der Kirchen versteht sich nicht mehr von selbst. Sie wird von den einen durch Gleichgültigkeit, von den anderen durch offene, bisweilen auch aggressive Ablehnung in Frage gestellt. Als Beispiel mag die Abrechnung mit dem Christentum gelten, die der Berliner Philosoph Herbert Schnädelbach vor kurzem in der ZEIT veröffentlicht hat. Sieben Todsünden rechnet er dem Christentum vor, die von der Erbsündenlehre bis zur Eschatologie reichen. Im Zentrum der Kritik steht der Missionsauftrag, den Herbert Schnädelbach als Toleranzverbot versteht. (16) Als ob jemand, der von der Wahrheit der eigenen Sache überzeugt ist und andere von dieser Wahrheit überzeugen möchte, es deshalb automatisch an der nötigen Toleranz gegenüber dem anderen fehlen lassen müsse.

Das Beispiel dieses - im Christentum durchaus kundigen und auch persönlich erfahrenen - Autors zeigt in Wahrheit, in wie hohem Maß die Kirchen gerade heute aufs Neue Überzeugungsarbeit leisten müssen. Ihr Missionsauftrag ist, wenn man ihn im Sinn einer solchen Überzeugungsarbeit versteht, keineswegs überholt; er ist vielmehr gerade heute aktuell. Aber um solche Überzeugungsarbeit leisten zu können, fehlt es den Kirchen und ihren Vertretern heute bisweilen selbst an Auftragsgewissheit und der Fähigkeit, über die Tragfähigkeit des Glaubens selbstbewusst Auskunft zu geben. Ganz besonders gilt das auch von den Christen im Alltag des Lebens. Denn der Glaube ist privatisiert; die eigene Glaubensbindung wird allenfalls noch bei den Übergangsriten des Jahres- und Lebenslaufs öffentlich wahrnehmbar. Die Kluft zwischen privatisierter Religion und öffentlicher Kirche ist in den letzten Jahrzehnten gewachsen. Diese Kluft wieder zu verringern, gehört zu den großen, keineswegs leicht zu lösenden Aufgaben.

Die Kirchenkrise, die wir derzeit in Deutschland und Mitteleuropa erleben, wird von manchen gern als weltweite Krise des Christentums dargestellt. Das trifft nicht zu. (17) In anderen Kontinenten hat die gesellschaftliche Bedeutung des Christentums auch im letzten Jahrhundert zugenommen. Osteuropa erlebt derzeit starke Bewegungen der Rechristianisierung. In nur einem Jahrzehnt ist ungefähr ein Drittel der jungen Russen zwischen 18 und 25 der russisch-orthodoxen Kirche beigetreten. In manchen Regionen Afrikas und Asiens breitet sich die Christenheit mit erheblicher Geschwindigkeit aus. Dabei treten Frömmigkeitsrichtungen in den Vordergrund, die dem protestantischen Bündnis von Frömmigkeit und Aufklärung, von Christentum und Bildung, von Glauben und Wissenschaft fremd erscheinen müssen, nämlich die evangelikale sowie die charismatische Bewegung. Die evangelikale Bewegung orientiert sich an einer oft biblizistisch oder fundamentalistisch verstandenen biblischen Wahrheit, auf die der Glaubende in einem persönlichen Bekenntnis antworten soll. Die charismatische Bewegung weckt die persönliche Frömmigkeit, mobilisiert die religiösen Emotionen der einzelnen und gibt dem frommen Gefühl den Vorrang vor der theologisch geprüften Lehre. Sie verbindet sich mit den sozialen Bedingungen und kulturellen Traditionen vor Ort und organisiert sich in einer Fülle autochthoner unabhängiger Kirchen. Ihre Anhängerschaft wird gegenwärtig auf 300 bis 400 Millionen geschätzt.

Während diese Bewegungen in einer bemerkenswerten sozialen Breite wirksam sind und auch viele sozial unterprivilegierte Menschen erfassen, erweisen sich andere Gestalten des christlichen Glaubens als attraktiv für Eliten. In hinduistisch geprägten Gesellschaften gibt es eine Bewegung der Eliten hin zum Buddhismus; in buddhistisch bestimmten Ländern wenden sich die Eliten dem Christentum zu; im christlich geprägten Nordamerika und Westeuropa gibt es auch in den Eliten eine Zuwendung zu charismatischen oder evangelikalen Bewegungen oder aber zu esoterischen Praktiken. Verbreitet ist auch die Neigung, von christlichen Überlieferungsbeständen zu zehren, ja sie einzufordern, ohne sie jedoch für sich selbst als verpflichtend anzuerkennen. Verbreitet ist es beispielsweise, dass Forderungen an die gesellschaftliche Präsenz der Kirche erhoben werden, die beiläufig mit der Feststellung verbunden werden, der Fordernde selbst gehöre - wie selbstverständlich - der Kirche natürlich nicht (mehr) an.

Diese Verschiebungen gehen einher mit einem Abbruch des kulturellen Bewusstseins. Die christlichen Prägungen unserer Kultur werden allenfalls noch in ihrem ethischen Gehalt geahnt. "Irgendwie", so heißt die Auskunft, sei unser aller Ethik christlich geprägt, wir mögen der Kirche angehören oder nicht. Die darüber hinausreichenden christlichen Prägungen unserer Kultur sind dagegen auch für viele Gebildete zu einer terra incognita geworden. Die Ikonographie der europäischen Kunst, die ohne Kenntnis ihrer christlichen Stoffe schlechthin unverständlich ist, die biblischen Anspielungen in der Literatur - bis hin zu Bertolt Brecht - , die Geschichte der europäischen Musik, die gerade auf ihren Höhepunkten geistlichen Charakter trug: all das ist für viele unserer Zeitgenossen in eine fremde Welt entrückt. Unbekannt ist auch, auf welche Weise die Spielregeln unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens an die christliche Herkunft unserer Kultur gebunden sind. Damit scheinen aber auch die Quellen ihrer Erneuerung für viele Menschen verschüttet zu sein. Weithin verschüttet ist für viele auch der Zusammenhang zwischen der politischen Kultur der westlichen Demokratie, in die auch Deutschland im gerade vergangenen Jahrhundert hineingefunden hat, mit dem Christentum; am Konzept der gleichen, unantastbaren Würde jeder menschlichen Person ließe sich dieser Zusammenhang besonders deutlich zeigen. Aber diese politische Kultur wird in aller Regel nur in ihrer säkularen Gestalt, in ihrer für die verschiedenen Überzeugungen in gleicher Weise offenen Form wahrgenommen. Ihre Herkunft gerät in Vergessenheit.

Verstärkt wird dieses Vergessen durch den pluralistischen Charakter der Gegenwartsgesellschaft. Der Pluralismus der Gegenwart ist ja nicht nur ein Interessenpluralismus; er trägt auch ein kulturelles Gesicht. Die Debatte darüber, wie diese kulturelle Pluralität zu deuten und zu bewerten ist, bricht in periodischen Schüben auf. Immer wieder erweist sich der Begriff der Multikulturalität dabei als Schibboleth. Ist damit die wechselseitige Absonderung oder die wechselseitige Befruchtung unterschiedlicher Kulturen und Lebensformen gemeint? Ist eine multikulturelle Gesellschaft überhaupt lebensfähig? Welches Mindestmaß an Übereinstimmung, insbesondere über grundlegende Elemente der Rechtskultur, ist notwendig? Welche Anforderungen an die sprachliche Kommunikationsfähigkeit aller Beteiligten sind zu stellen? Und verbindet sich mit dem Vorrang einer bestimmten Sprache in der Gesellschaft nicht auch ein Vorrang derjenigen Kultur, deren Medium diese Sprache ist?

In jedem Fall ist die Lebensform kultureller Pluralität voraussetzungsreich und anspruchsvoll. Sie kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten mit den Kohäsionskräften der Gesellschaft besonders achtsam umgehen. Entsprechend verdient die religiöse Komponente kultureller Pluralität besondere Aufmerksamkeit. Inwieweit Religionen gesellschaftlichen Unfrieden schüren und auf welche Weise sie dem gesellschaftlichen Frieden dienen können, muß beachtet und bedacht werden. Die Entwicklung in Nordirland, 1998 symbolisch hervorgehoben durch den Friedensnobelpreis, aber auch die Entwicklungen im zerfallenen Jugoslawien oder im Nahen Osten weisen darauf hin, wie eng die Frage nach der kulturellen Bedeutung der Religionen mit der Frage nach ihrer Friedensfähigkeit verbunden ist. Die Kulturleistung der Religion muß heute nicht zuletzt an ihrer Friedensfähigkeit gemessen werden.

Die These von einer nachlassenden Verbindung zwischen Christentum und Kultur in der Gegenwart erfährt also von zwei Seiten her eine Korrektur: Zum einen ist deutlich, dass die Besonderheiten der west- und mitteleuropäischen Entwicklung nicht verallgemeinert werden dürfen. In vielen Regionen der Erde erleben wir einen Trend zur Religion; Trendforscher sagen voraus, dass dieser "Megatrend Religion" über kurz oder lang auch Mittel- und Westeuropa erreichen wird. Zum andern tritt das Phänomen der Religion überall dort auf den Plan, wo nach den Maßstäben zur Deutung und Beherrschung der gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung gefragt wird. Auch von denen wird dann nach der Religion und den von ihr vermittelten "Werten" gefragt, die für sich selbst von einer bestimmten religiösen Bindung Abschied genommen haben oder Abstand halten. Gerade in der pluralistischen Gesellschaft wird die Frage nach verbindlichen und verbindenden "Werten" laut.

III.

In der jüngsten Vergangenheit konzentrierten sich die Bemühungen um eine neue Bestimmung des Verhältnisses von Christentum und Kultur im Bereich des deutschen Protestantismus vor allem auf das Feld der politischen Kultur. Angestoßen durch die neuen sozialen Bewegungen, an denen sich Christen in nicht geringer Zahl aktiv beteiligten, stellte sich die Frage nach dem Verhältnis von Christentum und Demokratie auf neue Weise. Von den einen wurde die Bereitschaft zu Engagement und Kritik, wie sie sich in der Friedensbewegung, in der Ökologiebewegung oder in der Frauenbewegung zeigte, als Vorbote einer neuen demokratischen Kultur angesehen. Von anderen wurde umgekehrt das beharrliche Engagement auf der Seite protestierender Minderheiten oder die Bereitschaft, um der eigenen Überzeugung willen auch zu Mitteln des zivilen Ungehorsams zu greifen, als ein Zeichen protestantischer Unfähigkeit zur Demokratie gewertet. Vor allem aus Anlaß der evangelischen Kirchentage zwischen 1981 und 1985 stießen diese Positionen heftig aufeinander. Was in diesen Debatten antithetisch auseinandertrat, wurde durch die Demokratiedenkschrift der EKD von 1985 (18) und durch die Erklärung des Rates der EKD über "Christentum und politische Kultur" von 1997 (19) wieder in einen inneren Zusammenhang gebracht.

Einen wichtigen Anstoß hat das Nachdenken über das Verhältnis des Protestantismus zur politischen Kultur durch die Entwicklung während der achtziger Jahre in der DDR erhalten. Die Rolle der Kirchen und der Gruppen, die sich unter ihren Dächern versammelten, in der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung der achtziger Jahre, die Artikulation eigenständiger politischer Ziele und Forderungen im konziliaren Prozeß für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, die überzeugende Darstellung von Entschlossenheit und Gewaltlosigkeit auf den Demonstrationen, die von Friedensgebeten in Kirchen ihren Ausgang nahmen, und schließlich die kirchliche Prägung und Moderation der Runden Tische: all das bot Ansatzpunkte für den Neuaufbau einer politischen Kultur, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen.

Im Blick auf den Staat führen solche Erfahrungen zu dem Ergebnis, daß die weltanschauliche Neutralität des Staates diesen nicht daran hindert, die prägende Bedeutung des Christentums für die politische Kultur anzuerkennen; im Blick auf das Christentum aber zeigt sich, daß der Einspruch des Glaubens gegen die Selbstbezogenheit und Selbstmächtigkeit des Menschen in die Mitverantwortung für eine politische und gesellschaftliche Kultur führt, in der die Religionsfreiheit geachtet und der Ehre Gottes Raum gelassen wird, in der Menschen der bewegenden Kraft der göttlichen Liebe etwas zutrauen und deshalb einander in Gerechtigkeit und helfender Liebe begegnen. Die Diskussionserfahrungen der neunziger Jahre führten über diesen Problemstand noch hinaus. Viele wichtige Themen des Zusammenlebens sind, so scheint es, aus der politischen Kommunikation weitgehend ausgewandert. Das Augenmerk richtet sich auf das Feld der Ökonomie. Die wirtschaftlichen Veränderungen, für die ‚Globalisierung' zum Symbolwort geworden ist, greifen unmittelbar in die Lebensverhältnisse der einzelnen ein. Auch die Situation der Kirche bleibt davon nicht unberührt. Auch für das Verhältnis von Glauben und Kultur ist es nicht belanglos, wenn die Frage nach zukünftigen Gestaltungsformen von Kirche unter dem Stichwort 'Unternehmen Kirche' verhandelt wird. Plötzlich wird über die ‚Unernehmenskultur' der Kirche diskutiert; es wird gefragt, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Unternehmens sich ausreichend mit dem ‚Unternehmenszweck' identifizieren, ob die ‚corporate identity' des Unternehmens Kirche ausreichend ausgeprägt sei undsofort. Das ist nicht zuletzt ein Reflex des Umstands, daß die Leitmedien Macht und Gerechtigkeit hinter dem Leitmedium Geld in ihrer Bedeutung zurückgetreten sind.

Was für die Kirche gilt, ist zugleich ein Signum der allgemeinen kulturellen Situation. Die Ökonomie ist zum Kristallisationspunkt öffentlicher Auseinandersetzungen geworden. Im Verhältnis zwischen den Lebensbereichen Wirtschaft, Politik und Kultur kommt der Wirtschaft die Leitfunktion zu. Aber gerade dadurch wird auch wieder neu nach der Rolle von Politik und Kultur gefragt. Der Glaube, der in den letzten Jahrzehnten bei vielen nur noch als eine Deutungsperspektive weltlicher Erfahrungen war, wird wieder in seinem transzendenten Bezug zum Thema. Die Kirche, die in den letzten Jahrzehnten für viele nur noch als politische Akteurin und sozialethische Mahnerin erkennbar war, wird wieder als Raum für die Begegnung mit dem Heiligen wahrgenommen. Auf die Frage, was die wichtigste Aufgabe der Kirche sei, wurde lange Zeit geantwortet: der diakonische Einsatz für Alte und Kranke sowie das Eintreten für die Schwachen in der Gesellschaft. Auch wenn diese Antwort ihre Bedeutung behält, sagen inzwischen doch viele, die wichtigste Aufgabe der Kirche sei die Eröffnung eines Raums für die Begegnung mit dem Heiligen, die Botschaft von Gottes Zuwendung zu seiner Welt, die Sorge für die Seelen. Die religiöse Tiefenschicht des menschlichen Lebens wird wieder entdeckt. Und von der Kirche wird erwartet, dass sie bei der Auseinandersetzung mit dieser Tiefenschicht klare Orientierung gibt.

Der Glaube ist eine Erfahrung eigener Art, die über den Bereich der sichtbaren Welt hinausweist. Im Neuen Testament wird dieser besondere Charakter des Glaubens an der Gestalt des "ungläubigen Thomas" verdeutlicht. Er drängt darauf, den Auferstandenen sehen und anfassen zu können. Doch der Auferstandene sagt zu ihm: "Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du. Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben." (20) Der Glaube ist eine eigene Erfahrungswelt; manche zeitgenössischen Theologen sprechen in diesem Zusammenhang - in der Korrektur früherer Enthmythologisierungsforderungen - auch von ‚mythischen Erfahrungen'. (21) Kennzeichnend für diesen Erfahrungscharakter des Glaubens ist seine Offenheit für eine Wirklichkeit, die sich nicht aus den Kategorien menschlicher Weltbemächtigung ableiten läßt, sondern sich selbst dem Menschen entgegenbringt. Die Vermittlung dieser Wirklichkeit wird im christlichen Glaubensverständnis dem Wirken des Heiligen Geistes zugesprochen. Der Glaube, der so entsteht, ist in seinem Kern ein unbedingtes Vertrauen auf die schöpferische und befreiende Zuwendung Gottes. Als dankbare Antwort auf Gottes zuvorkommende Güte ist er kein menschliches Werk, sondern verdankt sich selbst dem Wirken Gottes.

Eine Erneuerung des Verhältnis von Christentum und Kultur fängt nicht mit neuen Dialogen zwischen Repräsentanten des Christentums und Repräsentanten der Kultur an. Vor allen derartigen Dialogen, so sinnvoll sie sein mögen, muss der christliche Glaube selbst in seiner spirituellen Kraft und in seinem unaufgebbaren Glaubenswissen wieder wahrgenommen und artikuliert werden. Es geht nicht darum, die Plausibilität des christlichen Glaubens durch sekundäre Stützungsaktionen deutlich zu machen und dabei neben der Bedeutung der Diakonie auch das Gewicht des Christentums für unser kulturelles Selbstverständnis deutlich zu machen. Sondern es geht darum, der systematischen Entleerung des Glaubens entgegenzuwirken und die Bedeutung des Glaubens für Erfahrung und Wissen wieder neu zu explizieren. Die Kirche, so sagt der Heidelberger Theologe Michael Welker in diesem Zusammenhang, "muss erkennen lassen: Das Glaubenswissen ist interessant und spannend, es ist überraschend und erhellend zugleich. ... Dieses Wissen ist für die Lebensqualität des einzelnen und für die Qualität menschlichen Zusammenlebens unverzichtbar. Viele Themen, die wir ohne religiöse Sprache und religiöse Erkenntnis verdrängen müssen, könnten wieder zur Sprache gebracht werden: Die interessanten Spannungen zwischen Natur und Kultur, die fruchtbaren Spannungen zwischen der Gottebenbildlichkeit des Menschen und dem Auftrag an ihn, über die Natur zu herrschen, die Spannungen zwischen Recht und Barmherzigkeit, die Konflikte zwischen Gewissheit und Wahrheit, die Grenzen unserer Moral und das Phänomen der Sünde, die tragischen Verstrickungen des Lebens, die Frage von Schuld, die Probleme von Opfer und Sühne, die Annahme der Endlichkeit unseres Lebens. .... Gottesdienste mit Stil und mit Spannung wären möglich, wenn das Inhaltliche wieder stimmen würde." (22)

Glaube in diesem Sinn ist nicht nur eine Deutung von Erfahrungen mit der Wirklichkeit dieser Welt, sondern eine Erfahrung eigener Art. Aber diese Erfahrung ist auf eine kulturelle Ausdrucksform angelegt und angewiesen. Neben dem neuen Bemühen um die Inhalte des Glaubens ist die Gestaltung von Spiritualität in persönlicher wie in gemeinschaftlicher Form die wichtigste Art und Weise, in der die Kultur des Glaubens gestaltet und weiterentwickelt wird.

Es ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß die grundlegenden Handlungsvollzüge des Glaubens gottesdienstlich geprägt sind: Verkündigung und Bekenntnis, Feier der Sakramente, Gebet und Segen sind die charakteristischen Handlungsvollzüge des Glaubens. In ihnen kommt der Geist zur Darstellung, der die Kirche als die Gemeinschaft der Glaubenden prägt. Von solchem darstellendem Handeln hat schon der - bereits zitierte - berühmte Berliner Theologe Friedrich Schleiermacher vor nahezu zwei Jahrhunderten das bewirkende Handeln unterschieden. Im bewirkenden Handeln greifen wir durch effektive Mittelwahl verändernd in die natürliche und soziale Welt ein.

Das bewirkende Handeln ist die Handlungsform des homo faber, des Menschen, der ganz und gar in den Möglichkeiten des ‚Machens' aufgeht. Die Verengung des Menschenbilds auf den homo faber in den hinter uns liegenden Jahrzehnten hat sich auch auf die Kirche ausgewirkt. Auch sie hat das bewirkende Handeln oft wichtiger genommen als das darstellende Handeln. In einem Prozess der Selbstsäkularisierung hat sie in den Hintergrund treten lassen, dass der Gottesdienst der grundlegende Handlungsvollzug der Kirche ist.

Heute erkennen wir wieder deutlicher: Der Glaube ist in seiner Entstehung und in seiner Vergewisserung zuallererst auf ein darstellendes Handeln angewiesen, in dem die Glaubenden ihre Beziehung zu Gott wie ihre wechselseitige Beziehung in der Gemeinschaft der Glaubenden zum Ausdruck bringen. Neue Aufmerksamkeit für diese Darstellungsformen des Glaubens entsteht nur, wenn die Kirchen sich auf ihre eigene Botschaft besinnen und sie wirksam unter die Menschen bringen: die unvertretbare und lebenswichtige Botschaft von Gottes Gnade, den Einspruch gegen die Selbstverliebtheit des Menschen, der aus der befreienden Wirklichkeit der Liebe Gottes kommt, die Erneuerung des Verhältnisses zur Welt durch die Verheißung der Zukunft Gottes.

Gestalt gewinnt diese Botschaft nur, indem sie das Gewand der Kultur anlegt. Glaubensäußerungen tragen immer eine kulturelle Gestalt. Sie sind in sich selbst symbolische Deutungen der jeweiligen Lebenswirklichkeit. Es ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer inneren Notwendigkeit, wenn an dieser kulturellen Gestalt ausdrücklich gearbeitet wird - sei es an der sprachlichen Gestalt von Predigten und Gebeten, an der poetischen und musikalischen Gestalt von Liedern, Kantaten oder Messen oder an der künstlerischen Gestalt von Kirchengebäuden, Plastiken und Bildern. Es gibt keine gesellschaftliche Präsenz des christlichen Glaubens an der Frage nach seiner kulturellen Vergegenwärtigung vorbei. Johann Baptist Metz hat das einmal so ausgedrückt: "Man kann das Christentum nicht kulturell entblättern, ohne seine Identität preiszugeben. ... Kulturen sind nicht der Rost, den man vom Eisen des Christentums klopfen kann, um es als blankes dann zurückzubehalten. Ein kulturell entblößtes, ein kulturell nacktes Christentum ist nicht möglich. ‚Jesus war kein Christ, sondern Jude.' Wer nur das Christentum kennt, kennt das Christentum eben nicht." (23)

Eine neue Anstrengung im Blick auf die kulturelle Gestalt des Christentums ist deshalb heute angezeigt. Niemals war der christliche Glaube exklusiv an eine einzige kulturelle Gestalt gebunden. Niemals war er eingesperrt in die kulturellen Ausdrucksformen, die ihm von seiner Vergangenheit her mitgegeben waren. Gewiss ist das kulturelle Erbe wichtig, das uns in den Kirchen und durch die Kirchen anvertraut ist. Ich denke exemplarisch an die unzähligen Kirchengebäude in Stadt und Land und die gewaltige Aufgabe, sie als Kulturdenkmäler zu bewahren und sie zugleich mit neuem geistlichem Leben zu erfüllen. Diese Aufgabe ist unserer Generation deshalb in besonderem Maß aufgegeben, weil die meisten Kirchengebäude im Bereich der neuen Bundesländer nicht nur vier, sondern mehr als sechs Jahrzehnte lang der ideologischen Feindseligkeit und damit auch dem baulichen Verfall preisgegeben waren. Doch Wiederherstellung kann sich gerade in diesem Fall niemals in bloßer Restauration erschöpfen. Deshalb müssen wir uns gleichzeitig um einen lebendigen Dialog mit der Kultur der eigenen Gegenwart bemühen.

Wenn die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg mit der Stiftung St. Matthäus eine eigene Kulturstiftung eingerichtet hat, wenn in wichtigen Kirchen in dieser Stadt ganz bewusst auch der Dialog mit der Musik unserer Zeit gesucht oder das Kirchengebäude für die Präsentation zeitgenössischer Malerei genutzt wird, wenn Gottesdienstformen entwickelt werden, in denen moderne Popmusik ihren Ort hat, dann sind das unterschiedliche Beispiele für die Suche nach zeitgenössischen und zeitgemäßen kulturellen Ausdrucksformen des Glaubens.

Es ist richtig, wenn unsere Kirche dazu aufgefordert wird, in dieser Richtung mehr zu tun. Doch manchmal nimmt diese Aufforderung auch ungerechte Formen an. Hans Stimmann beispielsweise hat unserer Kirche vorgehalten, sie habe es versäumt, mit markanten eigenen Bauwerken im "neuen Berlin" vertreten zu sein; es habe der "Mut für einen neuen Anfang gefehlt". (24) Nun ist das Evangelische Zentrum Berlin-Brandenburg, das wir vor einem Monat in Friedrichshain eingeweiht haben, schon deshalb kein Beispiel für das "neue Berlin", weil es nicht auf der grünen Wiese errichtet wurde, sondern zwei denkmalgeschützte Gebäude zu integrieren hatte. An diesem Beispiel kann man sehen, dass die Kirche in beispielloser Weise die Verantwortung für ererbte Bausubstanz wahrzunehmen hatte. Auf 1,5 Milliarden DM wurde allein im Lande Brandenburg der Instandsetzungsbedarf geschätzt, der im Jahr 1990 an Kirchengebäuden überfällig war. 650 Millionen von diesem Bedarf wurden im vergangenen Jahrzehnt abgearbeitet. Das ist auch dann eine beachtliche Gemeinschaftsleistung von Kirche, Staat und Förderern, wenn man kaum weiß, wie eigentlich der verbliebene Rest noch bewältigt werden soll. Aber ich gebe zu, dass mich angesichts dieser Aufgaben die Aufforderung des Stadtbaudirektors, wir sollten als Kirche noch mehr und noch repräsentativere Bauprojekte in Angriff nehmen, einigermaßen ratlos zurücklässt.

Die Architektur und die Künste sind nur ein Bereich der heute nötigen Begegnung zwischen Glaube und Kultur. Viele andere Bereiche sind von vergleichbarer Bedeutung. Besondere Aufmerksamkeit zieht gerade in Berlin der Bereich der Bildung auf sich. Auch hier beobachten wir die gegensätzlichen Einschätzungen der Kulturbedeutung von Religion und Christentum. Die einen können sich kaum noch vorstellen, dass dies ein wichtiger, gar notwendiger Bildungsinhalt ist. Die anderen reduzieren Religion auf einen Beitrag zur Werteerziehung. Die dritten suchen nach einer neuen, angemessenen Form, unter den Bedingungen der Pluralität Religion so zum Gegenstand schulischer Bildung zu machen, dass dabei auch die Religionsfreiheit in überzeugender Weise geachtet ist. Eine solche überzeugende Form liegt nicht in einem staatlichen Einheitsfach, das schwerpunktmäßig der Wertevermittlung dient und anhangsweise religionskundliche Anteile enthält, wie es gegenwärtig in Brandenburg als LER praktiziert und ansatzweise auch in Berlin diskutiert wird. Weit überzeugender wäre es, wenn eine Fächergruppe mit mehreren gleichberechtigten Fächern im Bereich von Religion und Ethik eingerichtet wird, die durch gemeinsame Projektphasen miteinander verbunden werden. Dadurch würde die Voraussetzung dafür geschaffen, dem christlichen Religionsunterricht einen ebenso klaren Ort zu geben wie einem islamischen Religionsunterricht, der in deutscher Sprache, mit grundrechtsverträglichen Inhalten von angemessen ausgebildeten Lehrkräften nach den Grundsätzen einer dafür geeigneten islamischen Religionsgemeinschaft erteilt wird. Selbstverständlich müsste zu einer solchen Fächergruppe auch ein staatlich verantwortetes Fach im Bereich Ethik/Philosophie gehören. Eine solche Fächergruppe wäre für jüdischen Religionsunterricht ebenso offen wie für ein weltanschaulich bestimmtes Lebenskundefach. Entscheidend wäre die Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit der Fächer. Ein besonderes Berliner Modell aber entstünde dadurch, dass diese Fächer nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern durch gemeinsame Themen und Arbeitsphasen miteinander verbunden wären. So entstände ein Lernfeld für einen Pluralismus, der nicht mit Beliebigkeit verwechselbar ist.

IV.

Ich komme zum Schluss: In einer Zeit verbreiteter Beliebigkeit und Traditionsvergessenheit sind die Kirchen Anwälte der Erinnerung und des kulturellen Gedächtnisses. Aber die kulturelle Gestalt des christlichen Glaubens erschöpft sich zu keiner Zeit in der Pflege der Überlieferung. Würde die kulturelle Ausdrucksform des Glaubens auf Traditionspflege beschränkt, wäre blutleere Sterilität die Folge. Der Glaube selbst würde zum Museumsstück, wenn er nicht mehr in die Kultur der jeweiligen Gegenwart einwandern würde. Lebendig ist der Glaube nur, wenn nach neuen Gestaltungsformen gesucht wird und die Auseinandersetzung mit den kulturellen Ausdrucksformen der eigenen Gegenwart lebendig bleibt. Diese Suche, diese Auseinandersetzung ist gerade am Beginn des 21. Jahrhunderts an der Zeit.

Anmerkungen

  1. Vortrag im Club von Berlin am 26. Juni 2000. In anderer Fassung zuvor vorgetragen zur Eröffnung der Interdisziplinären Ringvorlesung "Was hat das Christentum uns gebracht? Versuch einer Bilanz nach 2000 Jahren" in der Humboldt-Universität zu Berlin am 18. April 2000.
  2. Jan Assmann hat diese auf Maurice Halbwachs und Aby Warburg zurückgehende Überlegung in vielen Variationen vorgetragen. Grundlegend: J. Assmann, Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität, in: J.Assmann / T.Hölscher (Hg.), Kultur und Gedächtnis, Frankfurt a.M. 1988, 9-19. Vgl. insgesamt J.Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1992.
  3. Mit diesem Satz beginnt die Arbeit von Aleida Assmann, Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses, München 1999, 11.
  4. A. Assmann / U. Frevert, Geschichtsvergessenheit - Geschichtsversessenheit. Vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach 1945, Stuttgart 1999.
  5. Guy G. Stroumsa, Kanon und Kultur. Zwei Studien zur Hermeneutik des antiken Christentums, Berlin / New York 1999, 5.
  6. Ebenda.
  7. Tertullian, Praescr. 7,9 (CChr.SL 1, 193,32f. Refoulé).
  8. Offenbarung 21,2.10; Hebräer 12,22.
  9. F. Schleiermacher, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern (1799), hg. von G. Meckenstock, Berlin 1999, 57.
  10. A.v.Harnack, Das Wesen des Christentums, hg. von T.Rendtorff, Gütersloh 1999, 261
  11. Vgl. Harnacks eigene Randbemerkung zu dem gerade zitierten Text, die aaO 261 Anm.9 wiedergegeben ist.
  12. Harnack, aaO 261.
  13. Gestaltung und Kritik. Zum Verhältnis von Protestantismus und Kultur im neuen Jahrhundert, Hannover 1999.
  14. Kultur als Aufgabe für Staat und Kirche. Zur Förderung der dezentralen und pluralen Kultur in Deutschland. Eine Erklärung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Bonn 1999.
  15. Gestaltung und Kritik, aaO 5.
  16. H. Schnädelbach, Der Fluch des Christentums. Die sieben Geburtsfehler einer alt gewordenen Weltreligion. Eine kulturelle Bilanz nach zweitausend Jahren, in: DIE ZEIT, 11.5.2000; vgl. insbesondere die beiden Repliken von R. Schröder, Unkraut unter dem Weizen. Das Christentum und die Geschichte seiner permanenten Selbstkritik - Eine Replik, in: DIE ZEIT, 25.5.2000, sowie R.Spaemann, Die Taube auf dem Dach. Gott ist nicht der Veranstalter des Bösen. Ein Einspruch gegen Schnädelbachs Ökumene der Absurditäten, in: DIE ZEIT, 31.5.2000.
  17. Michael Welker weist immer wieder auf diesen Tatbestand hin. Vgl. zuletzt M. Welker, Das Ende der Volkskirche? Gestaltwandel der Kirche aus evangelischer Sicht, in: K. Hofmeister / L. Bauerochse (Hg.), Die Zukunft der Religion. Spurensicherung an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, Würzburg 1999, 60-72.
  18. Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und Aufgabe. Eine Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 1985.
  19. Christentum und politische Kultur. Über das Verhältnis des demokratischen Rechtsstaates zur Demokratie. Eine Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Hannover 1997.
  20. Johannes 20, 29.
  21. Vgl. J. Fischer, Glaube als Erkenntnis. Studien zum Erkenntnisproblem des christlichen Glaubens, München 1989.
  22. Welker, aaO 70 f.
  23. F.X. Kaufmann / J.B. Metz, Zukunftsfähigkeit. Suchbewegungen im Christentum, Freiburg i. Br. 1987, 128.
  24. H. Stimmann, Stadtentwicklung und Stadtplanung. Vortrag bei dem Symposion "Raum und Ritual" in Lübeck am 25. März 2000, Typoskript S. 12.