Organspende in Deutschland

Referentenentwurf eines Gesetzes für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende

Gemeinsame Stellungnahme des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – und des Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union

Transportbehälter vor einem OP-Tische bei der Spenderorganentnahme an einem hirntoten Menschen

Die beiden großen Kirchen in Deutschland unterstützen das Ziel des Gesetzgebers, mit dem obengenannten Referentenentwurf die Zahl der Organspender in Deutschland zu erhöhen.

Die Lebensqualität und das Überleben tausender schwerkranker Menschen jährlich hängt maßgeblich vom Erhalt eines Spenderorgans ab. Daher stehen die Kirchen der Organspende ausdrücklich positiv gegenüber. Die Organspende ist für Christen eine Form praktizierter Nächstenliebe, auch über den Tod hinaus. [1]

Der Referentenentwurf setzt sich zum Ziel, die Strukturen und Prozesse in den Krankenhäusern bei der Organspende zu verbessern. Eine Nachbesserung der mit dem Transplantationsgesetz aus dem Jahr 2012 getroffenen Regelungen begrüßen wir ausdrücklich. Die einzelnen Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz, zur besseren Refinanzierung, zur Einführung eines flächendeckenden Berichtssystems zur Qualitätssicherung bei der Spendererkennung und Spendermeldung und zur Freistellung der Transplantationsbeauftragten erscheinen folgerichtig.

Zugleich möchten wir gemeinsam mit den beiden kirchlichen Krankenhausverbände (KKVD und DEKV) darauf hinweisen, dass eine Verbesserung von Strukturen und Prozessen in der Krankenhauspraxis zur Steigerung der Organspendebereitschaft nur ein erster Schritt sein kann. Es gibt keine nachweisbare Monokausalität zwischen den Abläufen in den Krankenhäusern und der immer geringer werdenden Zahl gespendeter Organe. Es sollte nicht der Eindruck erweckt werden, dass Krankenhäuser Organspenden aus finanziellen oder strukturellen Gründen meiden oder diese erst im Falle einer besseren Refinanzierung oder Ausstattung durchführen wollen. Eine bessere Refinanzierung, wie auch mit dem Referentenentwurf intendiert, zielt darauf ab, künftig eine leistungsgerechte Vergütung der Krankenhausleistungen sicherzustellen.

Ebenfalls sollte die „Gewinnung“ von Organen nicht als vorrangige Aufgabe des Transplantationsbeauftragten betrachtet werden.
Die Freistellung der Transplantationsbeauftragten sollte das Ziel verfolgen, mehr Zeit und Raum im Krankenhausalltag für u.a. das Gespräch mit Angehörigen potentieller Organspender, für Aufklärungsarbeit sowie für Aus- und Fortbildung zu gewährleisten.

Die Maßnahmen im Referentenentwurf können somit nicht isoliert betrachtet werden von der größeren gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, das Thema Organspende offen und transparent zu diskutieren und stärker ins Bewusstsein der Allgemeinheit zu rücken.

Um die Bereitschaft zur Organspende zu erhöhen, muss nicht zuletzt Vertrauen zurückgewonnen werden, das durch verschiedene Skandale und Intransparenz verloren gegangen ist.

Wichtige Elemente sind hierzu die umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit und eine entsprechende Aus- und Fortbildung des Pflegepersonals, einschließlich der Transplantationsbeauftragten. Dazu gehört auch offen darüber zu sprechen, dass die Organspende den Sterbeprozess verändert, was für nicht wenige Menschen mit erheblichen Unsicherheiten und Ängsten einhergeht. Ziel der Aufklärung und des öffentlichen Diskurses sollte sein, Menschen diese Unsicherheiten und Ängste durch Gesprächsangebote und umfassende Informationen zu nehmen und sie so zu einer Entscheidung zu befähigen. Die persönliche Entscheidung, Organe zu spenden, sollte jederzeit in größtmöglicher Freiheit und ohne Druck getroffen werden können.

Das Nachbesserungspotential im Rahmen der derzeit geltenden gesetzlichen Regelung der Organspende sollte zuerst voll ausgeschöpft werden. Sowohl die Umsetzung der im Referentenentwurf vorgesehenen Maßnahmen als auch die Erfüllung der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, durch entsprechende Aufklärung das Vertrauen in die Transplantationsmedizin zurückzugewinnen, sollten somit Priorität vor einer Diskussion über eine mögliche Neuregelung des Zustimmungsverfahrens haben.

Berlin, den 24.09.2018

 

1 Vgl. „Hirntod und Organspende“. Erklärung der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz Nr. 41 vom 27. April 2015, s. 28. Seite 2 von 2