Vortrag auf dem „Forum Glauben“ des 29. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Frankfurt am Main
Robert Leicht
Was glauben Sie eigentlich?
Was glauben Sie eigentlich? - Das heißt: Was bilden Sie sich eigentlich ein?
Was glauben Sie eigentlich? - Das heißt: Was glauben Sie in Wirklichkeit?
Was bilden Sie sich eigentlich ein? Was glauben Sie in Wirklichkeit? Also: Was glauben Sie eigentlich? Dies alles sind Fragen nach unserem Verhältnis zur Wirklichkeit, zur nackten Realität, die uns umgibt – und zur wahren Realität unseres Lebens.
Liebe Schwestern und Brüder,
wir verfehlen diese Fragen, wenn wir darauf nur mit Informationen antworten, mit kurzen, knackigen Infos über eine Glaubenslehre, mit einer Inhaltsangabe von Sätzen, die möglichst all dem widersprechen, was – wie doch jeder sieht – offenkundig der Fakt ist.
Sondern diese eine Frage – „was glauben Sie eigentlich?“ – forscht danach, wie wir selber zu dieser Wirklichkeit stehen, also danach, wer wir in Wirklichkeit selber sind. Wer uns so befragt, der will nicht nur wissen, wie es in der Wirklichkeit aussieht – sondern wie es in uns selber in Wirklichkeit aussieht.
Am Ende heißt es dann: Und das soll ich Ihnen glauben?
Es geht also nicht allein darum, was einer glaubt, sondern darum, wem er glaubt – auf dass wir erfahren, ob wir ihm glauben können. Es geht also nicht nur um Wissen, sondern um Gewissheit. So wichtig das Wissen ist, das Wissen allein schafft keine Gewissheit. Von Lenin soll der Satz stammen: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. In Glaubenssachen verhält es sich genau umgekehrt. Ohne Vertrauen geht da gar nichts.
Und deshalb ist uns diese Frage zunächst so peinlich: Was glauben Sie eigentlich? Sie will – vertraulich und doch ganz direkt – erfahren, wer wir im Innersten sind; und das ausgerechnet in einer Zeit, in der, wenn die Intimsphäre vor aller Welt nackt aufgedeckt wird, im Container oder außerhalb, man in Wahrheit alles andere sehen will als das: Wer wir wirklich sind.
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Vor Jahren, ich war damals noch Chef und noch nicht mehr nur Redakteur, bat eine gerade eingestellte Kollegin nachdrücklich um einen Gesprächs-Termin. Sie kam also selbigen Abends in mein Büro, setzte sich eilends hin und fragte ohne jede Vorrede: „Was glauben Sie eigentlich?“ –„Wieso?“ – Ach, es sei ihr einfach wichtig, was ihr Chefredakteur glaubt – ob überhaupt; und wenn ja: was. Sie wollte also wissen, mit wem sie es in Wirklichkeit – und also auch im Dienst – zu tun hat.
Das sind peinliche Fragen – übrigens auch deshalb, weil es für mich nicht weniger peinlich wäre, wenn jemand auf eine solche Frage hin frisch-fromm-fröhlich-frei seine Glaubenssprüchlein aufsagen würde. Wenn es wirklich um den Kern der eigenen Individualität geht, scheint mir ein gewisser Grad der Diskretion, auch des Selbstzweifels angebracht. Und des Eingeständnisses der Schwierigkeiten…
In jenem Gespräch hangelten wir uns dann – teils kritisch kommentierend, teils historisch interpretierend – an einigen traditionellen Formeln aus Bekenntnissen und Katechismen entlang. An diesen theologischen Längen- und Breitengraden kann man ja doch fürs Erste seinen Standort in etwa bestimmen.
Aber ich vermute, dass die eigentliche Antwort auf die Frage: „Was glauben Sie eigentlich?“ schon darin liegt, dass man die Frage überhaupt für zulässig hält und sich auf sie einlässt.
Glaubensfragen, gerade weil sie nach dem inneren Kern des Gegenübers fragen, sind nicht nur vertrauliche Fragen, sondern zugleich Vertrauens-Fragen. Glaubensfragen sind Beziehungsfragen – weil sie das Gegenüber nach seiner wichtigsten Beziehung fragen, nach dem Subjekt seines Ur-Vertrauens. Denn auf diese Weise erfahre ich, ungefähr, ob ich meinem Gegenüber vertrauen kann. Der Glaube ist keine Kiste voller Lehrsätze, sondern zuallererst eine Beziehungskiste: ER und ich; Sie und ich.
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Welche Rolle Bekenntnisformeln für die Bezeichnung der eigenen existentiellen Längen- und Breitengrade haben (und deshalb auch der Beziehungsgrade), das hatte ich schon angedeutet mit jenem Gespräch unter Kollegen. Diese Rolle möchte ich Ihnen noch deutlicher machen, an einer anderen für meine Erfahrungen bezeichnenden Episode.
Vor Jahren ging ich mit meiner Tochter, die damals vielleicht drei Jahre alt war, an einem Seeufer spazieren. Sie hatte bis dahin noch nie ein totes Wesen gesehen, und entdeckt mit einem Mal, was ich schon eine Augenblicke früher im Auge hatte, ohne dass ich eine Möglichkeit sah, die Stelle zu umgehen: eine tote Möve. „Papa, was macht denn der Vogel da?“ Was nun – und zwar blitzschnell, bitte? Lügen geht nicht. Die nackte Wahrheit sagen, wäre sicherlich zu wenig. – Ich sagte damals zu mir selber: Du wirst gerade in Fragen der existentiellen Wahrheiten deinen Kindern nie etwas sagen, was du später lachend wegwischen wirst als eben nur für Kindern bestimmte Augenblickslügen – von wegen Klapperstorch oder so. Aber schlage auch nie eine Gesprächssituation dadurch tot, dass du einfach eine vermeintlich nackte Wahrheit hinrotzt, die in Wahrheit der eigentlichen Frage das Maul stopft.
Also, zum zweiten Mal: „Papa, was macht denn der Vogel da?“ (Die Frage ließ erkennen, dass das Kind längst mehr ahnte als es sagte.) – „Ich weiß noch nicht, möglicherweise schläft er.“ – „Nein, das kann nicht sein, seine Augen sind doch offen.“ – „Stimmt, dann ist er vielleicht tot.“ – „Und dann?“ – „Dann ruht er anders – und länger.“ – „Wie lange?“ – „Das können wir nicht sagen, wahrscheinlich länger als wir denken können.“ – „Und wenn du einmal tot bist?“ – Und so weiter, und so fort…
Bezeichnend an dieser Unterhaltung ist nun nicht, was ich in ihrem weiteren Verlauf gesagt habe – wovon ich übrigens denke, dass weder die Pietisten noch die Vertreter der historisch-kritischen Schule etwas daran auszusetzen gehabt hätten. Interessant ist allein die Tatsache, dass meine Tochter noch stundenlang den Gesprächsablauf fragend, zuhörend, Wort für Wort, Satz für Satz peinlich genau wiederholte und abhorchte: „Papa, und wenn du einmal stirbst...?“
Ich habe lange gerätselt, was der Sinn dieser scheinbar ewigen Wiederholung war. Offenbar war dies für das Kind die einzige Möglichkeit, Sicherheit zu erlangen und Vertrauen zu fassen: Wird mein Vater bei seiner Wahrheit bleiben, immer bei der Wahrheit bleiben? Oder wird er irgendwann ausweichen, abweichen vom Pfad dessen, was er mir als Wahrheit vorstellt? Also: Wird er immer dasselbe sagen?
Immer dasselbe sagen – damit alle immer dasselbe sagen, kümmerte sich schon die Alte Kirche um die Homologie. ´ßüüöä (homologeo – griech.: übereinstimmen, bekennen) Glaube ist in der Kirche nur möglich, wenn alle – und zwar: jederzeit – in dem übereinstimmen, was sie bekennen. Wenn also alle immerzu dasselbe sagen – und wenn der Vater dem Kinde stets dasselbe bekennt, Mal um Mal.
In der Gegenwart: alle dasselbe. In Vergangenheit und Zukunft: immer dasselbe: Sicut erat in principio et nunc et semper et in saecula saeculorum…
Natürlich stehen wir immer wieder vor der Aufgabe, dieses Eine situationsgerecht zu sagen: Kindern, Kollegen, Freunden, Feinden, Gläubigen, Zweiflern – und vor allem uns selber. Aber wenn wir unterdessen den archimedischen Punkt aus dem Auge verlieren, dabei allesamt und immer dasselbe zu sagen, dann verlieren wir jeden Boden unter den Füßen. Um es radikal zuzuspitzen: Wenn wir – als Christen – auf die Frage „Was glauben sie eigentlich?“ nicht alle, im Kern, dasselbe sagen – dann ist es im Grunde völlig gleichgültig, was jeder Einzelne, jede Einzelne von uns antwortet. Und wer uns durcheinander und gegeneinander reden hört – wird sich sein Teil ebenso dazu denken, wie eine Tochter, die ihren Vater ‚eiern’ hört, mal so, mal so…
(Und wenn wir schon von Ökumene reden: Auch dort geht es darum, dass alle immer im Kern dasselbe sagen – also wie es zum Credo heißt: „bekennen wir gemeinsam mit der gesamten Christenheit.“ Wer sagen wollte, mit den altkirchlichen Glaubensbekenntnissen könne er nichts mehr anfangen, steht also sofort vor der Frage, was er dann noch mit der Ökumene anfangen will.)
Sie sehen also: Wer den Schwierigkeiten, die unsere überlieferten Glaubensbekenntnisse mit sich bringen, dadurch ausweichen möchte, dass er moderne, zeitgemäße – vielleicht sogar leicht eingängige – Aussagen fordert, der steht zumindest vor der einzigartigen Schwierigkeit, sicherzustellen, dass diese angeblich neuen Aussagen exakt dasselbe aussagen wie die alten Bekenntnisse – und dasselbe wie das Bekenntnis der gesamten übrigen Christenheit. Und ich sage ihm voraus: Die Schwierigkeiten, die schon immer mit den alten Bekenntnissen verbunden (und in ihnen verborgen) waren, wird er folglich ebenso exakt mit in seine neuen Formulierungen importieren müssen.
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Bei dieser Gelegenheit möchte ich vor allem vor der perspektivisch vollkommen verzerrten Annahme warnen, als sei das Sprechen unserer Glaubensbekenntnisse irgendwann einmal einfach und einleuchtend gewesen, und als seien die Schwierigkeiten damit erst im Lauf der Moderne aufgetreten. Im Gegenteil, sowohl die Formulierung als auch der Nachvollzug der Glaubensbekenntnisse war immer schwierig gewesen – und selbst dort, wo man glaubte, verstanden zu haben, galt doch weiterhin das Wort:
„In dieser Nacht werdet ihr alle Ärgernis nehmen an mir.“ (Matth. 26,31)
Ich will sogar einen Schritt weitergehen und ausdrücklich werben für die außerordentliche Schwierigkeit, die Frage zu beantworten: Was glauben Sie eigentlich?“ Und zwar meine ich das ebenso en gros wie en detail.
Zunächst en gros:
Es ist zwar einfach, jemandem zu vertrauen – aber sehr schwer zu erklären: warum. Und es ist durchaus einfach zu glauben – aber eben auch sehr schwer zu erklären, was nun genau – und warum. Und das ist auch noch ausdrücklich richtig so.
Woher kommt eigentlich unsere Vorstellung, die Darlegung und das Verständnis unseres Glaubens müsse kindisch einfach sein?
Würden Sie zu einem Arzt gehen, dessen Medizin Sie auf den ersten Blick verstehen? Wir gehen doch allesamt am liebsten zu einem Arzt, der soviel von Medizin versteht, dass uns ganz schwummerig im Kopf würde, wenn wir seine Kunst nachvollziehen wollten. Und trotzdem, ja gerade dann erst – vertrauen wir ihm, glauben wir an ihn.
Oder würden wir zu unseren Philosophen sagen: „Heh, Herr Habermas und Herr Theunissen, Herr Kant und Herr Hegel, Herr Schopenhauer und Herr Nietzsche – könnt Ihr nicht bitte alle Eure Gedanken auf einen Haufen werfen. Wir brauchen nämlich eine einfache, praktikable, handliche „Gemeindephilosophie“ – leicht verdaulich und leicht wieder auszuscheiden“?
Oder würden wir ähnlich zu unseren Physikern, Biologen, Ökonomen sprechen?
Aber ausgerechnet dort, wo wir nicht nur Teile, sondern das Ganze unserer menschlichen Existenz interpretieren, da soll alles ganz simpel und bequem sein?
Ich gestehe Ihnen offen ein: Ich habe Schwierigkeiten, zwei Gruppen von Leuten zu verstehen – zum einen die, die alles ganz einfach glauben, zum anderen jene, die ganz einfach – gar nichts glauben.
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Nun aber en detail: Ich möchte – und zwar nur beispielhaft, pars pro toto – an einer zunächst anstößigen, sodann an einer äußerst schwierigen Formulierung aus unseren Bekenntnissen zeigen, was uns verloren ginge, wenn wir uns über diese Ärgernisse und Schwierigkeiten einfach hinwegsetzten – und sei es mit angeblich zeitgemäßen, modernen Formulierungen.
Eine Vorbemerkung: Viele der Aussagen unserer Glaubensbekenntnisse, bis hin zur „Theologischen Erklärung von Barmen“ und der „Leuenberger Konkordie“ – beides übrigens höchst zeitgenössische Glaubenszeugnisse! – , sind aus ungemein wichtigen Streitigkeiten hervorgegangen, haben außerordentlich schwierige Probleme auf einen Nenner zu bringen versucht. Wer diese Bekenntnisse vereinfachen und ersetzen wollte, würde auch die glaubensklärenden Streitigkeiten mit in den Papierkorb versenken. (Was zumindest ein entsetzlicher Verlust an theologischer und kirchlicher Bildung wäre – auch an politischer Bildung, nota bene.)
Nun also zum Ärgernis Nummer eins – der Jungfrauengeburt: „geboren von der Jungfrau Maria“. Das ist doch schlechterdings unmöglich! Weg damit! Weg damit?
Ich zögere! Ich schlage sogar den Hinweis aus, das sei so strikt biologisch ursprünglich gar nicht gemeint gewesen – zu jener Zeit, vor aller In-Vitro-Fertilisation und PID. Es sei doch nur gemeint gewesen: „geboren von einer jungen Frau“. Nebbich, kann ich da nur sagen, von wem dem sonst! Von einer jungen Frau, das wäre doch so banal – wie die Formel absurd wäre: von einer alten Frau.
Natürlich ist die Geburt durch eine virgo, durch eine Jungfrau, rein natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, biologisch betrachtet. Wirklich gemeint ist bei Lukas vielleicht nicht einmal die Geburt durch eine Jungfrau, sondern die Geburt ohne Zutun eines (menschlichen) Mannes. Denn schöpferische Zeugung, war aus damaliger Sicht Mannessache – männliche Tat- und Willenssache. Und Jesus von Nazareth sei, diese Aussage wird durch die Jungfrauengeburt gewissermaßen unwiderleglich verstärkt, eben nicht durch den Willen eines Mannes, sondern durch Gottes Willen zur Welt gekommen.
Sei dem, wie es sei: So oder so biologisch unmöglich. Aber ist es in den Verständnisformen nicht nur unserer Biologie, sondern unseres menschlichen Verstandes nicht erst recht schlechterdings unmöglich, dass Gott als schlichter Mensch geboren wird – mit oder ohne Josef? Dass Gott die Gestalt eines einzelnen, eines bestimmten Menschen annimmt?
„Geboren von der Jungfrau Maria“ – das ist für mich eine theologisch wertvolle Aussage nicht etwa, obwohl das biologisch unmöglich ist, sondern weil es unmöglich ist – nach den Gesetzen unserer Biologie und unserer Wirklichkeit, die doch eben darin durch eine andere, durch die wirkliche Wirklichkeit erschüttert wird.
Ich wundere mich also ein wenig über jene, die jene Formel von der Jungfrauengeburt als vollkommen unmöglich verwerfen, die aber gleichzeitig – angeblich! – nichts dabei finden, den Einbruch Gottes in unsere naturwissenschaftlich definierte und über-definierte, in Wirklichkeit aber unter-definierte Wirklichkeit für durchaus möglich zu halten.
Glaube ich deshalb – biologisch! – an die Parthenogenesis, an das biologische Faktum der Jungfrauen-Geburt? Natürlich nicht, denn ich glaube überhaupt nicht an biologische Fakten, mögliche oder unmögliche. Die kenne ich – oder ich kenne sie halt nicht. Aber ich glaube, dass die Alte Kirche mit dieser Formulierung – wohl wissend, was sie tat – das an sich noch viel Unmöglichere bildkräftig zum Ausdruck brachte: dass nämlich Gott Menschengestalt angenommen hat, ja noch mehr: dass er wahrhaft Mensch geworden ist. Was an sich nicht geht, wenn es nach uns ginge…
Und damit kommen wir en detail zur Schwierigkeit Nummer zwei: Zu der christliche Aussage: Christus – wahrer Mensch und wahrer Gott.
Es geht dabei um ein Zweifaches: zum einen darum, das theologisch Mögliche nicht zu reduzieren auf die Gesetze des biologisch eben noch Möglichen, zum anderen darum, das theologisch Wirkliche nicht zu entleeren bis zu einer reinen, bewusst unmöglichen Mythologie, jenseits aller Realität. Es gibt aber keine christliche Mythologie, sondern nur: entweder eine christliche Wirklichkeit – oder sonst gar nichts.
Diese höchst paradoxe christologische Glaubensformel „Wahrer Mensch und wahrer Gott“ will vermeiden, dass unser Glaube auseinander fällt. Sie will zum einen vermeiden, dass wir glauben, Christus sei zwar ein besonders edler Mensch, sonst aber nichts gewesen; dann wäre er zwar immer noch Gegenstand der moralischen Bewunderung (wie Albert Schweitzer, Mahatma Gandhi oder Mutter Teresa), aber nicht mehr Subjekt des existentiellen Glaubens: Ein seltsamer Heiliger mehr oder weniger…
Jene paradoxe Formel will zum anderen vermeiden, dass wir glauben, Gott sei nur zum Schein Mensch geworden – dann wäre er zwar immer noch Gegenstand der frommen Spekulation, nicht aber existentiellen Wirklichkeit.
Diese paradoxe Formel wehrt sich also dagegen, Theologie und Glaube zu reduzieren entweder auf Biologie und Anthropologie – oder aber auf Mythologie und Götzendienst. Und sie wehrt sich gegen den faulen Kompromiss: Halb-Mensch – und Halb-Gott. Das wäre eben nichts Halbes und nichts Ganzes…
Die Wahrheit – und Wirklichkeit – ist eben nicht orthodox im engen Sinne, sondern paradox im weitesten Sinne. Dieses Paradox kann nie zuende gedacht werden – und deshalb hört das Nachdenken darüber auch nie auf.
Dass da einer lebt und stirbt, das ist biologische Banalität. Dass da einer stirbt und lebt, das ist – in unserem Glauben – theologische Realität.
Und das, bitte, soll einfach sein! Die Alte Kirche hat fast fünfhundert Jahre und heftigste Auseinandersetzungen gebraucht, um diese Paradoxie zum unbestrittenen Mittelpunkt ihrer Orthodoxie zu machen. Ich frage mich, wie lange wir brauchen würden, um genau dasselbe besser zu sagen, alle und jederzeit. Und einfacher.
Und gemeinsam mit der gesamten Christenheit auf Erden…
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Was glauben Sie eigentlich? Die Frage ist einfach gestellt – zu Recht. Ich möchte Sie herzlich dazu ermutigen, mit den seit jeher selben Schwierigkeiten zu leben, die eine Antwort darauf mit sich bringt – in alten wie in neuen Worten. Nicht etwa verschämt damit zu leben, sondern ganz – unverschämt. Und ich möchte Sie gerne ein wenig warnen. Nicht vor dem schlichten Gottvertrauen, das beileibe nicht! – aber vor den allzu schlichten Begründungen und Erläuterungen dieser Vertrauensbeziehung.
Und, Hand aufs Herz, habe ich Ihnen unterdessen (wenigstens in Umrissen) eigentlich nicht gesagt, woran ich glaube? Woran Christen glauben, wenn sie glauben und Christen sind – jederzeit und allesamt, immer dasselbe. Sicut erat in principio et nunc et semper et in saecula saeculorum… Fehlt nur noch das : Amen.
Amen.