(Zwischen-) Evaluierung des Programms Erasmus+ durch die aej und die EKD

Rückmeldung zur Zwischenevaluierung von Erasmus+ 2021–2027 und zur Abschlussevaluierung von Erasmus+ 2014–2020 des Brüsseler Büros der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V.

Das Brüsseler Büro der Evangelischen Kirche in Deutschland und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. (aej) begrüßen die Fortführung des Erasmus+ Programms in der Förderperiode 2021-2027 ausdrücklich. Im Folgenden möchten wir auf der Grundlage unserer praktischen Erfahrung aus der letzten und der aktuellen Förderperiode mit dem Programm einige Hinweise und Empfehlungen geben.

Sehr erfreulich war, dass mit dem Beginn der neuen Programmgeneration einige neue Förderformate in Erasmus+ aufgenommen wurden. Besonders positiv hervorzuheben ist dabei die Einführung der small-scale Partnerships in der Leitaktion 2. Sie werden unserer Erfahrung nach gerade von solchen Antragstellenden gut angenommen, die bislang noch keine Erfahrung mit der Beantragung und Durchführung von EU-Projekten haben oder bislang nur über keine bzw. wenige Kontakte im europäischen Ausland verfügen.
Unserer Einschätzung nach handelt es sich bei den small-scale Partneships um ein Förderformat, dass sehr gut dazu geeignet ist, neue Akteure an europäische Projektarbeit heranzuführen. Deshalb ist es sehr wichtig dafür zu sorgen, dass auch bei einer höheren Anzahl an Anträgen genügend finanzielle Mittel für dieses Format vorhanden sind, damit die Förderchancen hoch bleiben und auch Anträge von Antragstellenden mit wenig oder keiner Vorerfahrung in der Antragstellung eine Chance auf Bewilligung haben.

Die Einführung der Jugendpartizipationsprojekte in Erasmus+ Leitaktion 1 ist in unseren Augen ebenfalls sehr begrüßenswert, da sie für Jugendverbände eine sehr passende und flexible Fördermöglichkeit bieten und insbesondere auch mit der Möglichkeit für nationale Projekte a) einen guten Einstieg für neue Antragstellende und b) eine gute Ergänzung der bisherigen Förderlandschaft darstellen.

Dabei sind die Jugendpartizipationsprojekte mit ihrem „Baukastensystem“ grundsätzlich gut auf die Bedürfnisse von Jugendverbänden ausgerichtet, jedoch wäre hier weiterer Feinschliff nötig.
So wäre es z.B. hilfreich, die einzelnen Bausteine des „Baukastensystems“ Jugendpartizipationsprojekte klarer und verständlicher zu beschreiben, damit weniger Missverständnisse entstehen. Wünschenswert wäre es außerdem das „Baukastensystem“ um weitere Module zu erweitern und auch andere Arten von Projekten unter dieser Leitaktion förderfähig zu machen. So werden im Programmleitfaden als Beispiele für Jugendpartizipationsprojekte z.B. Konsultationen, Sensibilisierungskampagnen, Hackathons, etc. genannt. Solche Inhalte innerhalb von Projekten umzusetzen, ist jedoch mitunter mit erheblichen Mehrkosten bei der Planung und Implementierung verbunden, können aber bislang in keinem der „Förderbausteine“ der Jugendpartizipationsprojekte finanziell gefördert werden, obwohl dies für die Jugendarbeit eine hervorragende Ergänzung von Projekten darstellen könnten. Diese Fördermöglichkeit sollte in der folgenden Programmgeneration eröffnet werden, um noch vielfältigere Jugendpartizipationsprojekte zu ermöglichen.

Als grundsätzlich positiv bewerten wir die Einführung von Lump-sums in der Leitaktion 2. Sie vereinfachen und flexibilisieren dem zugrundlegenden Prinzip nach die Beantragung von Fördermitteln. In der praktischen Umsetzung besteht jedoch noch Verbesserungsbedarf. Oftmals sind Regelungen bzgl. der Mittelverwendung nicht ausreichend klar oder die zur Verfügung gestellten Informationen sind zu lang. Es sollten Präzisierungen und Vereinfachungen im Programmhandbuch und den weiteren Begleitdokumenten vorgenommen werden.

Ebenfalls positiv zu vermerken ist, dass die Definition der beruflichen Fort- und Weiterbildung und damit die Zielgruppe für Lernende und Fachkräfte, die an Mobilitätsprojekten in der Berufsbildung teilnehmen, erweitert wurde. Das bedeutet, dass nicht nur die Beteiligten an staatlich anerkannten Fortbildungen wie z.B. der Technikerausbildung an Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen können. Stattdessen können seit 2022 auch Aufenthalte im Rahmen von Mobilitäten in der LA1 im europäischen Ausland von Lernenden und Fachkräften aus non-formalen Bildungsgängen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen vermitteln, gefördert werden.

DiscoverEU ist und bleibt aus Perspektive der aej ein unausgegorenes Förderformat, das ohne signifikante Lernkomponente bleibt. Daran ändert auch die Einführung des unverbindlichen DiscoverEU Learning Cycles nichts. DiscoverEU sollte insofern abgeschafft oder mindestens aus dem Bildungsprogramm Erasmus+ ausgegliedert und in ein eigenes Förderprogramm überführt werden.

Ebenfalls grundsätzlich positiv zu bewerten, ist die Einführung der Möglichkeit zur Akkreditierung. Diese hat die Beantragung von Fördermitteln für einige Antragstellende deutlich vereinfacht. Jedoch gibt es beim Mittelabruf über die Akkreditierung an einigen Stellen Hürden. Eine dieser Hürden besteht darin, dass eine finanzielle Festlegung für relativ lange Zeiträume (> 1 Jahr) im Vorfeld getroffen werden muss und die Möglichkeiten zur Vornahme von z.B. Ergänzungen von Veranstaltungen mit einem Vorlauf von unter einem Jahr nicht möglich ist. Im Jugendbereich ist es jedoch notwendig, auch kurzfristig auf aktuelle Bedarfe und Entwicklungen Rücksicht nehmen zu können. Von noch größerer Bedeutung ist diese Flexibilität bei Förderformaten wie den Jugendpartizipationsprojekten (derzeit noch nicht Teil der Akkreditierung), die sich dezidiert auch mit aktuellen politischen Entwicklungen (z.B. im Kontext der EU-Jugendziele auseinandersetzen sollen). Um diese Flexibilität bei der Antragstellung weiterhin möglich zu machen, sind Anpassungen im Bereich der aktuellen Regelungen des Budgetabrufs nötig. Die Beibehaltung des Einzelantragsverfahrens als Alternative zur Akkreditierung bleibt insofern nötig, um Antragstellenden hier eine größere Flexibilität zu ermöglichen. Dies ist außerdem wichtig, um unerfahrene Einrichtungen die Möglichkeit erst einmal zu testen, wie europäische Projektarbeit funktioniert und ob und in welchem Umfang eine tatsächliche Nachfrage für ihre Angebote besteht.

Mit großer Sorge betrachten wir die zunehmenden Verpflichtungen, die aus dem Programm heraus an Träger gestellt werden(v.a. durch die Umstellung der Projektverträge 2023). Indem die EU-Kommission versucht, sich vertraglich gegen immer mehr und mehr Eventualitäten abzusichern, steigt die Länge und Komplexität der Projektverträge von Erasmus immer weiter an. Gleichzeitig erhöhen sich auch die mit den Projektverträgen einhergehenden Pflichten von Trägern, die immer umfassenderen Rahmenbedingungen richtig umzusetzen und die Erledigung dieser Pflichten immer ausführlicher und detaillierter dazulegen. Somit treibt die zunehmende Anforderungen des Programmes auch den administrativen Aufwand für die Träger stetig in die Höhe.

Programmleitfaden
Der Programmleitfaden zu Erasmus+ ist an sich gut aufgebaut und schlüssig strukturiert. Leider erschließt sich seine Logik und Einfachheit aber erst nach quasi vollständigem Lesen. Die Handhabbarkeit könnte jedoch erhöht werden, indem in der Kopfzeile vermerkt würde, in welchem Abschnitt des Leitfadens man sich befindet bzw. die Sprungmarken wieder ins Dokument eingefügt würden. Noch besser wäre es, in der Zukunft gesonderte Programmleitfäden für jeden Bildungsbereich anzubieten. Dabei wirken gesonderte Programmleitfäden mit einem Umfang von vielleicht 100 Seiten auf insbesondere neue und unerfahrene Antragstellende auch wesentlich weniger einschüchternd als das bisherige Dokument.

Antragstellung, Antragsformulare und Tools
Das online-Antragsformular ist in Teilen nach wie vor technisch fehlerhaft (Felder sind nicht ausfüllbar, obwohl sie es sein müssten; die Seite ist nicht verfügbar; Eingaben sind plötzlich gelöscht; das Beneficiary Modul ist nicht erreichbar; Zugänge zu Online-Tools stehen zu spät zur Verfügung; die Budgetberechnung im Beneficiary Modul funktioniert nicht; Teile des Antragsformulars können nicht eingesehen werden; etc.). Diese Probleme schrecken Antragstellende und insbesondere Personen ab, die neu ein Projekt durchführen wollen. Sie sollten deswegen so schnell wie möglich abgestellt werden. Besonders gravierend zeigten sich die Probleme bei den ersten Antragsrunden der aktuellen Programmgeneration. Hier machten Probleme und Verzögerungen bei der Antragstellung, Bewilligung und Mittelauszahlung Antragstellenden die Nutzung von Erasmus+ Mitteln zeitweise unmöglich, da Förderzu- bzw. -absagen erst so spät nach der im Programmleitfaden beschriebenen Deadline bei den Antragsstellern eingingen, dass eine tatsächliche Durchführung der Maßnahmen unmöglich wurde. In Teilen besteht dieses Problem bis heute fort. Noch immer gehen Förderzusagen, Mittelzusagen und Zugänge zu online-Tools erst so spät den Projektträgern zu, dass eine fristgerechte Umsetzung von Projekten quasi unmöglich ist und Projektträger bei der Umsetzung durch die gegebenen Rahmenbedingungen strukturell in Verzug geraten und die Projektumsetzung hierdurch gestört bzw. unmöglich wird. So ist es beispielsweise nicht förderlich, wenn die Förderzusage erst Wochen nach dem beantragten Förderbeginn (und damit deutlich nach der durch die EU gesetzten offiziellen Frist) eingeht, zur Hälfte des Projekts noch keinerlei Mittel ausgezahlt wurden, zum Beginn von Mobilitätsaktivitäten noch kein Zugang zum OLS-System besteht oder Teilnehmende sogar nach der Durchführung der Mobilitätsaktivität noch immer nicht ins Beneficiary Modul eingepflegt werden können.

Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der durch die Corona-Pandemie sowieso schon angespannten Lage z.B. der internationalen und europäischen Jugendarbeit besonders schwerwiegend und behinderte ihren “Re-start“ nach Corona unnötig. Diese Art von Verzögerungen sollten zukünftig vermieden werden.

Sollten Probleme und Verzögerungen dieser oder ähnlicher Art auftreten, sollten die nationalen Agenturen und die EU-Kommission offen mit diesen umgehen und Antragstellende über den aktuellen Sachstand informieren (transparente Kommunikation).

Darüber hinaus ist es problematisch, dass die Antragsformulare in der Regel erst sehr kurz vor dem Antragsschluss (teils weniger als acht Wochen) zur Verfügung gestellt werden. Die Beantragung von Fördermitteln stellt jedoch in der Regel eine große zusätzliche Arbeitsaufgabe für die Antragstellenden dar. Insofern sind diese darauf angewiesen, die Antragstellung langfristig in ihre Arbeitsabläufe einplanen zu können. Weiterhin sind in der Regel auch mehrere Gespräche mit der nationalen Agentur von Nöten, um etwaige Rückfragen klären zu können. Auch hierfür muss gerade im Vorfeld von Antragsfristen ein größerer zeitlicher Puffer eingeplant werden.

Des Weiteren ist es problematisch, dass die Antragsformulare auch in der neuen Programmgeneration zu lang sind. Es braucht kürzere Antragsformulare. In diesem Kontext zwei konkrete Beispiele:
Beispiel 1: Die Beantragung eines Erasmus+ Jugendpartizipationsprojekts (Fördervolumen ca. 11.000€) umfasst über 45 Seiten. Das Ausfüllen des Formulars durch eine einschlägig vorerfahrene Fachkraft nimmt ca. 1 Woche Vollzeitarbeit in Anspruch.

Beispiel 2: Die Beantragung eines Erasmus+ Jugendpartizipationsprojekts (Fördervolumen ca. 49.000€) umfasst ca. 85 Seiten. Das Ausfüllen des Formulars durch eine einschlägig vorerfahrene Fachkraft nimmt mehrere Wochen Vollzeitarbeit in Anspruch.

Dieser Arbeitsaufwand stellt für viele Antragstellende einen kaum/nicht leistbaren Mehraufwand da. Angesichts eines dramatisch zunehmenden Fachkräftemangels werden Fachkräfte in ihren immer knapper werdenden zeitlichen Ressourcen immer weniger Spielraum für aufwändige Projektbeantragungen haben. Dies wird insbesondere Felder wie die Erwachsenenbildung oder Jugend perspektivisch vor schwerwiegende Herausforderungen stellen. Insofern muss das Programm in seinen administrativen Prozessen jetzt drastisch vereinfacht werden, um sich angesichts des Fachkräftemangels zukunftssicher aufzustellen.

Es ist auffällig, dass es im Antragsformular an mehreren Stellen weiterhin Fragen mit sehr ähnlichen Fragestellungen gibt. Außerdem werden bei einzelnen Punkten im Antragsformular unnötig viele Details abgefragt. Hier gibt es Potenzial für Kürzungen. Zudem zeigen verschiedene Micro-Funding Ansätze (durchgeführt von einigen Nationalen Agenturen während des Europäischen Jahrs der Jugend) bzw. nationale Förderinstrumente, dass und wie die Beantragung von Fördermitteln auch mit deutlich weniger umfangreichen Förderanträgen möglich ist.
Unter den gegebenen Rahmenbedingungen ist die Mittelbeantragung für Ehrenamtliche, insbesondere junge Ehrenamtliche, praktisch nicht leistbar. Hier muss im Sinne der Inklusivität, Nutzerfreundlichkeit, Zielgruppenorientierung und Jugendfreundlichkeit des Programmes nachjustiert werden.

Positiv zu bewerten ist die Übersetzung der Antragsformulare in die EU-Amtssprachen. Problematisch ist jedoch, dass die übersetzten Formulare oft erst mit großer zeitlicher Verzögerung zur Verfügung stehen und teils unvollständig übersetzt sind. Dies ist insbesondere für kleine Organisationen und ehrenamtliche Antragstellende (zum Beispiel informelle Gruppen junger Menschen, die durch das Programm explizit angesprochen werden sollen) ein Problem und trägt nicht zum inklusiven Charakter des Programmes bei, der über die allgemeinen Programmprioritäten immer wieder betont wird. Es kann außerdem nicht davon ausgegangen werden, dass alle potentiellen Antragstellenden über ein ausreichendes Maß an (Antrags-)Englisch verfügen, um die Antragstellung bzw. den Umgang mit den Tools bewältigen zu können.

Deshalb sollten die Antragsformulare zum Beginn jeder Antragsfrist in vollständig übersetzter Fassung vorliegen. Gleiches gilt für die Tools zur Projektumsetzung und -abrechnung. Ebenfalls wäre es wichtig, dass auch alle Dokumente und Tools rechtzeitig zur Verfügung stehen, die während der Projektdurchführung notwendig sind.

Überdacht werden sollte zudem der Umgang mit Trägerorganisationen in Bezug auf die Bewertung der Anträge. Das Feedback, das Trägerorganisationen erhalten, ist oft relativ knapp gehalten und fokussiert sich häufig auf die Fehler im Antrag sowie auf Aspekte, die von Gutachterinnen und Gutachtern bzw. den Nationalen Agenturen als negativ bewertet werden. Diese Aspekte werden aber häufig nur stichpunktartig benannt, so dass oft nicht ersichtlich ist, was eigentlich der tatsächlich zu verbessernde Aspekt ist.
Die Möglichkeit, Fragen zur erhaltenen Rückmeldung zu stellen (z.B. zum besseren Verständnis von Rückmeldungen), besteht nur sehr eingeschränkt. Dies erschwert für Antragstellende die Möglichkeit, erhaltenes Feedback bei Folgeanträgen in geeignetem Maße zu berücksichtigen und ist insofern nicht zielführend. Für Antragstellende, die ihr Projekt weiterentwickeln und bei Ablehnung ggf. weiterentwickeln wollen, führt diese Praxis darüber hinaus zu großer Frustration und Demotivation.
Ihnen sollte deshalb ein Feedback zum Antrag zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie ihre Antragstellung faktisch verbessern und weiterentwickeln können. Bei Rückfragen und Herausforderungen sollten die Träger durch die Nationalen Agenturen in der Antragsweiterentwicklung stärker als bislang begleitet werden.

Insbesondere informelle Gruppen junger Menschen sollten darüber hinaus auch positive Rückmeldungen zu ihrem Antrag angeboten bekommen, um ihre ehrenamtliche Arbeit gebührend wertzuschätzen. Hierbei sollte beachtet werden, dass junge Menschen bereits mit der Antragstellung einen Lernprozess durchlaufen. Ihre positiven Lernfortschritte sollten dabei gebührend gewürdigt werden. Erasmus+ als Bildungsprogramm, bzw. die Nationalen Agenturen müssen an dieser Stelle als unterstützende Kraft auftreten, die den Bildungsprozess junger Menschen (in Form der Antragstellung) begleiten.

Zielgruppen und Zugänge
Das Programm Erasmus+ bleibt für Jugendverbände in Deutschland in punkto Attraktivität weitgehend hinter seinen Möglichkeiten zurück. Dies liegt zum einen darin begründet, dass es sich bei Erasmus+ um Projektförderung handelt und die Förderbedingungen im Rahmen von Erasmus+ nicht die notwendigen Rahmenbedingungen bieten, um aus Sicht von Jugendverbänden attraktive Projekte durchführen zu können. Um die Rahmenbedingungen der Projektförderung im Kontext von Erasmus+ zu verbessern, müsste dringend die Förderung von Personalkosten im Rahmen von Projekten im Jugendbereich aufgenommen werden, da für alle Projekte auch Personalkosten (mindestens anteilig) anfallen. Die bisherigen Organisationskostenpauschalen sind hierfür nicht ausreichend.
Zudem machen die langen, aufwändigen Antragsverfahren sowie die langen Vorlaufzeiten für die Antragstellung die Nutzung von Erasmus+ Mitteln für Träger wenig attraktiv. Sie brauchen Fördermittel, die einfach zu beantragen und abzurechnen sind und die die Möglichkeit bieten, auf aktuelle Ereignisse auch kurzfristiger zu reagieren. Die bürokratische Projektumsetzung und Dokumentation verstärken dieses Problem. Zunehmend spricht sich zudem herum, welche massiven IT-Probleme es immer noch im Programm gibt, was interessierte Personen bzw. Organisationen zusätzlich abschreckt.
Viele interessierte Antragstellende sind außerdem von Erfahrungsberichten anderer abgeschreckt. Bei den abgelehnten Projekten wurde oft viel Energie in die Beantragung gesteckt, die Projekte wurden aber letztendlich trotzdem abgelehnt und bei teils haben auch bei Verbesserungsversuchen in Folge-Antragsrunden keine Besserung gebracht. Potentielle Antragssteller werden durch diese unsicheren Förderaussichten zusätzlich von der Programmnutzung abgeschreckt.
Die beschriebenen Probleme potenzieren sich dabei zudem, wenn die Antragstellung nicht durch hauptamtliche Kräfte, sondern durch Ehrenamtliche (z.B. informelle Gruppen junger Menschen) durchgeführt werden soll. Für sie sind die Zugangshürden zur Antragstellung und -umsetzung schlichtweg viel zu hoch. Eine Antragstellung unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist für sie quasi nicht möglich.

Programmprioritäten
Die Einführung der vier Programmprioritäten (Inklusion und Vielfalt, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimaziele, Partizipation am demokratischen Leben, Digitaler Wandel) begrüßen wir sehr. Sie bilden für die Bildungsbereiche aktuelle und wichtige Fragestellungen ab und helfen relevante Themen zu bearbeiten. Insofern unterstützen wir die vorgenommene Prioritätensetzung. Für den Jugendbereich ist dabei die Programmpriorität Partizipation von besonderer Bedeutung. Wir würden uns wünschen, dass diese für den Jugendbereich dauerhaft, das heißt auch in der nächsten Förderperiode, als Programmpriorität aufrechterhalten wird.

Inklusion
Alle EU-Förderprogramme müssen so ausgestaltet sein, dass alle Menschen in ihrer individuellen Unterschiedlichkeit durch den Ausgleich von Benachteiligungen an EU-Projekten partizipieren können. Aus diesem Grund begrüßen wir die Schwerpunktsetzung des Erasmus+ Programms auf das Thema Inklusion. Wir sind erfreut darüber, dass Inklusion als inhaltliche Komponente innerhalb von Erasmus+ gestärkt und als Programmpriorität behandelt wird.

Um die Anzahl von Teilnehmenden mit Behinderungen und geringeren Chancen an Mobilitäten im Ausland zu erhöhen, wäre es dringend zu empfehlen, zunächst die Einrichtungen z.B. durch Informationen und Veranstaltungen durch die Nationalen Agenturen verstärkt an Erasmus+ heranzuführen, die für und mit dieser Zielgruppe arbeiten. Dabei handelt es sich häufig um Heime, Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Werkstätten, schulische Einrichtungen, Einrichtungen zur Berufsausbildung und -vorbereitung. Insbesondere angesichts des aktuellen Fachkräftemangels brauchen sie Zeit und Unterstützung, um zunächst mit den Möglichkeiten des Programms Erasmus+ vertraut zu werden. Ziel muss es sein, dass sie nicht nur Personen ohne Benachteiligungen ermöglichen, durch Mobilitäten ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern und sich persönlich weiterzuentwickeln, sondern auch insbesondere Personen mit geringeren Chancen und Menschen mit Behinderungen, auch wenn die Arbeit mit dieser Zielgruppe einen höheren Aufwand erfordert.

Um die Stärkung der Programmpriorität Inklusion weiter voranzutreiben, sollten prinzipiell alle Informationsdokumente (Programmleitfäden, Ausschreibungen, Förderstrategien, etc.), Antrags- und Abrechnungsformulare sowie sonstige relevante Dokumente besser strukturiert und barrierefrei zugänglich sein. Zumindest jedoch müssen alle Dokumente für Teilnehmende unbedingt in Leichte Sprache übersetzt werden. Bei der Übersetzung empfehlen sich die Europäischen Standards für Leichte Sprache. Selbstverständlich beinhaltet dies, dass die offiziellen Übersetzungen in alle Programmsprachen spätestens mit Veröffentlichung der Ausschreibung von der EU-Kommission zur Verfügung gestellt werden. Die nationalen Agenturen sollten alle relevanten Informationen ihrer Webseiten in Leichter Sprache bereitstellen. Digitale Informationen sollten grundsätzlich in barrierefreier Form (WCAG-Standard, z.B. lesbar für Screenreader) zur Verfügung gestellt werden. Hilfreich sind zudem unterstützende Videos in offiziellen Gebärdensprachen sowie die Verfügbarkeit gedruckter Materialien in Brailleschrift.

Um die Programmpriorität Inklusion darüber hinaus weiterhin zu stärken, braucht es eine größere Flexibilisierung bei den Mehrkosten für Inklusion. Maßnahmen mit benachteiligten Menschen benötigen einen höheren sozialpädagogischen Aufwand bei Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung. Dieser muss sich in einer höheren finanziellen Förderung widerspiegeln. Zwar wird bereits aktuell der Mehraufwand für benachteiligte Teilnehmende zu 100% gefördert. Allerdings ist der genaue Betrag des Mehraufwands bereits im Antrag anzugeben. Dies ist insbesondere für seelische oder kognitive Beeinträchtigungen im Vorfeld nur schwer abschätzbar. Um eine umfassende Teilhabe für alle zu ermöglichen, darf der Betrag für die besonderen Unterstützungsbedarfe von Menschen mit Behinderungen nicht auf die Förderhöchstsumme angerechnet werden. Der Mehraufwand bei Vor- und Nachbereitung muss sich über die Pauschale von 100 Euro pro Person mit Benachteiligungen hinaus in der Förderung von Personal- und Inklusionskosten in Form von Sachkosten widerspiegeln.

Einschätzungen dazu, ob der beantragte Mehraufwand für Inklusion gerechtfertigt ist, verlangt besonderes Fingerspitzengefühl der Gutachterinnen und Gutachter, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen innen der nationalen Agenturen und weiteren Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger. Insbesondere nicht offensichtlich erkennbarer Mehraufwand (beispielsweise Reise, Unterkunft, Assistenz für Menschen mit kognitiven oder seelischen Beeinträchtigungen, etc.) ist nur mit viel Erfahrung von Projektträgern zu berechnen. Auch die allgemeine Beratung von Projektträgern im Bereich Inklusion muss mit besonderer Sensibilität durchgeführt werden, um Diskriminierungen oder Missverständnisse zu vermeiden. Deshalb sollten die oben Genannten z.B. durch regelmäßige Fortbildungen oder Hospitationen bei Trägern vor Ort für die Situation von unterschiedlich benachteiligten Menschen sensibilisiert werden. Dadurch sollen sie ein besseres Verständnis für deren Bedürfnisse entwickeln, um spezifisch und individuell beraten zu können. Im Falle von Zweifeln bzgl. der Anerkennung von Kosten, die durch Inklusion entstehen, sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der nationalen Agenturen möglichst verpflichtet werden, vor der Kürzung mit den Trägern Rücksprache halten.

Eine weitere Nutzungshürde des Programms für Menschen mit besonderen Förderbedarfen ist die Verständigungshürde. Studien (vgl. z.B. „Warum nicht? Studie zum Internationalen Jugendaustausch: Zugänge und Barrieren“ 2019) zeigen, dass die Sorge um die Sprachbarriere durchgehend eine Hürde für eine Teilnahme an einem internationalen Austausch oder einem Auslandsaufenthalt ist. Während sich für „typische“ Teilnehmende die Sprachbarriere während des Auslandsaufenthalts als weniger stark herausstellt als befürchtet, stehen benachteiligte Teilnehmende tatsächlich vor größeren Schwierigkeiten. Laut einer SINUS-Befragung erlebten die im internationalen Jugendaustausch unterrepräsentierten benachteiligten Teilnehmenden im Vergleich zu den überrepräsentierten, formal höher gebildeten Teilnehmenden deutlich häufiger Verständigungsschwierigkeiten. Hier zeigt sich eine Barriere, die insbesondere Jugendliche vor eine Herausforderung stellt, die mit dem Sprachenlernen ohnehin Mühe haben bzw. in der Schule weniger fremdsprachlichen Unterricht erhalten (haben). Deshalb empfehlen wir, Antragstellenden, die benachteiligte Teilnehmende entsenden möchten, über das Programm die Möglichkeit zu eröffnen, zielgruppenspezifische Sprachvorbereitungskurse anbieten zu können, um Sprachbarrieren abzubauen und Befürchtungen und Ängste vor einer Teilnahme zu entkräften.
Notwendig ist eine zielgruppengerechte und methodische Weiterentwicklung von mobilitätsorientierten Sprachlernangeboten, die Teilnehmende dort abholen, wo sie stehen. Diese Sprachlernangebote müssten als Teil der Vorbereitung von Mobilitäten über Erasmus+ finanziert werden. Reine Online-Sprachkurse in ihrer aktuellen Form sind für diese Zielgruppen bislang nicht geeignet. Zielgruppengerechte analoge Angebote des Fremdsprachenunterrichts sind perspektivisch durch eine zielgruppengerechte Nutzung digitaler Tools zu flankieren.

Nachhaltigkeit
Wir begrüßen es sehr, dass das Thema Nachhaltigkeit zu einer der Programmprioritäten für die laufende Programmgeneration erklärt wurde.
In diesem Kontext finden wir es besonders bemerkenswert, dass mit der Einführung der Programmpriorität auch die Förderung von „green travel“ eingeführt wurde. Dies sollte auch in der folgenden Programmgeneration unbedingt fortgeführt werden.
Die Programmpriorität Nachhaltigkeit könnte zudem weiter gestärkt werden, indem zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten nicht nur für „green travel“, sondern für möglichst viele Aspekte der nachhaltigen Programmplanung und -durchführung geboten würden. Nachhaltige Bildungshäuser sind in der Regel teurer als eine „reguläre“ Übernachtung. Und wer seine Teilnehmenden während eines Projektes regional, saisonal, fair, bio und vielleicht sogar vegan ernähren möchte, muss oft tief in die eigene Tasche greifen. Ein weiterer Aspekt, der bislang nicht berücksichtigt ist, sind die globalen Produktionsbedingungen von Produkten. Hier wäre es im Sinne der Nachhaltigkeit angebracht, Produkte zu wählen, die für faire Produktion und Handelsbeziehungen zum Beispiel mit dem Fairtrade-Siegel ausgezeichnet sind. Diese sind in der Regel teurer. Dabei sind diese Maßnahmen im Sinne der nachhaltigen Programmgestaltung von Erasmus+ explizit erwünscht. Finanziell gefördert wird jedoch nur einer der genannten Aspekte: die nachhaltige Reise. Für andere wichtige Aspekte von nachhaltigen Projekten wie z. B. für nachhaltige Verpflegung, nachhaltige Unterbringung, etc. ist in Erasmus+ keine Förderung vorgesehen. Etwaige Mehrkosten müssen somit von Antragstellenden selbst getragen werden, obwohl in diesen wichtigen Bereichen der Programmgestaltung mit einfachen Mitteln ein großer Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit geleistet werden könnte. Deswegen fordern wir, die Einführung von Fördermitteln z. B. auch für die Bereiche nachhaltige Verpflegung und nachhaltige Unterbringung. Diese könnten sich in ihrer Logik an den Förderbedingungen zum umweltfreundlichen Reisen orientieren und sollte wie beim Reisen in einer Weise ausgestaltet sein, die für Träger einfach nachweisbar ist.
Inhaltlich sollte sich das Erasmus+ Programm stärker am Konzept der Bildung zur nachhaltigen Entwicklung und den Sustainable Development Goals (SDGs) orientieren. Im Programmhandbuch für Erasmus+ fehlt die notwendige Orientierung an den international vereinbarten Konzepten der Nachhaltigkeit und der Agenda 2030. Darüber hinaus fokussiert sich Erasmus+ sehr stark auf die „green practices“ und die „environmental sustainability“. Soziale Ziele und globale Zusammenhänge werden ausgeblendet. Diese Engführung verhindert aber einen kreativen Beitrag der Programme zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele. Stattdessen sollte Erasmus+ als Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung gesehen und in diesem Sinne weiterentwickelt werden. Das Programmhandbuch bezieht zwar grüne Lerninhalte mit ein, der Bezug zum weitergehenden Konzept für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) fehlt jedoch. BNE zielt darauf ab, Kompetenzen zu entwickeln, die es den Lernenden ermöglichen, über ihre eigenen Handlungen nachzudenken. Sie befähigt sie, ihre gegenwärtigen und zukünftigen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen aus lokaler und globaler Perspektive zu reflektieren. Durch BNE werden Menschen befähigt, in komplexen Situationen nachhaltig zu handeln. Dies kann bedeuten, dass sie neue Richtungen einschlagen und an gesellschaftspolitischen Prozessen teilnehmen. Dadurch entwickeln sie Wissen und ein verstärktes Bewusstsein, um Maßnahmen zur Transformation der Gesellschaft im Sinne der Agenda 2030 zu ergreifen. Um die Dimension Nachhaltigkeit im Rahmen des Erasmus+ Programms zu stärken, sollte sich dieses stärker an den SDGs und der BNE orientieren, entsprechende Bezüge sollten in das Programmhandbuch aufgenommen werden.

Digitalisierung
Die Einführung der Programmpriorität Digitaler Wandel erschließt sich in einer inhaltlichen Dimension deutlich. Wichtig ist und bleibt uns jedoch zu betonen, dass Erasmus+ ein Programm der physischen Mobilitäten und Begegnungen bleiben sollte. Wir schätzen die Möglichkeit digitale Programmkomponenten (z.B. digitale Vor- oder Nachbereitungstreffen sowie Gruppentreffen) durchzuführen, sind jedoch der Meinung, dass Erasmus+ nicht ohne echte Begegnungen funktioniert. Anders als bei den anderen Programmprioritäten macht es aus unserer Sicht insofern keinen Sinn, auf immer mehr Digitalisierung von Projekten hinzuwirken. Denn Digitalisierung ist ein Mittel zum Zweck, aber kein Selbstzweck.

Unklar bleibt zudem bislang, wann ein Projekt „ausreichend“ digital ist, um diese Programmpriorität zu erfüllen. Ist ein Projekt mit einer Videoschalte digital? Braucht es die Verwendung digitaler Tools? Muss Digitalisierung Teil des Inhalts des Projekts sein, um als digital zu gelten? Hier wäre es gut, klarzustellen, was die Zielsetzung des Erasmus+ Programms ist.

Digitale Projektkomponenten werden an mehreren Stellen des Programmleitfadens zwar immer wieder explizit gewünscht bzw. gefordert, für sie wird bislang jedoch keinerlei finanzielle Förderung zur Verfügung gestellt. Dies ist problematisch, da für Antragstellende Kosten z.B. in Form für Software-Lizenzen, ggf. Hardware-Anschaffung, etc. aber auch Personal- oder Honorarkosten z.B. für die Vorbereitung und Durchführung dieser Seminare entstehen, die über das Programm in keinerlei Weise abgegolten werden.
Durch die Bereitstellung von Finanzierungsmöglichkeiten in diesem Bereich könnte die Programmpriorität „Digitalisierung“ weiter gestärkt werden.

Anforderungen an die kommende Programmgeneration
Im Hinblick auf die kommende Programmgeneration sollte die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Strukturen innerhalb des Programms noch weiter gestärkt werden, da diese neben einem direkten Zugang zu den verschiedenen Zielgruppen des Programms auch über sehr viel praktische Erfahrung mit dem Programm verfügen. In diesem Sinne sollte beispielsweise verstärkt über Instrumente nachgedacht werden, wie die Zivilgesellschaft ihr Feedback zu aktuellen Problemen mit dem Programm (z.B. Umsetzung, Rahmenbedingungen, aktuelle Anliegen, Zusammenarbeit mit den Nationalen Agenturen, etc.) an die EU-Kommission abgeben kann. Wünschenswert wäre hier beispielsweise die Wiedereinführung zivilgesellschaftlicher Beiräte für jeden Bildungsbereich auf europäischer Ebene.

Angesichts zunehmender Debatten und Problemlagen um das Thema mentale Gesundheit und Wohlbefinden (auch, aber nicht nur im Nachgang der Corona-Pandemie und im Kontext von zunehmender Vereinsamung) wäre zu überdenken, ob „mentale Gesundheit“ in der folgenden Programmgeneration (oder früher) als mögliches Förderziel des Erasmus+ Programms integriert werden könnte. Dies könnte u.a. dazu beitragen, dem Thema mehr Sichtbarkeit und Relevanz einzuräumen, zumal so viele junge und ältere Menschen selbst direkt oder indirekt von diesem Thema betroffen sind.

Als aej stehen wir derzeit vor dem Problem, mehr und mehr mit dem Thema mentale Gesundheit und Wohlbefinden konfrontiert zu sein und diesem Thema im Interesse junger Menschen verstärkt nachzugehen. Dazu bräuchte es aktuell v.a. flächendeckende Fortbildungsangebote und Schulungen von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, um a) bei haupt- und ehrenamtlichen Kräften Wissen dazu aufzubauen, wie mit dem Thema umgegangen werden soll („Erste Hilfe-Kurs mentale Gesundheit“: Bewusstseinsbildung innerhalb der Jugendarbeit, Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen innerhalb der Jugendarbeit?, Wo liegen die Grenzen der Jugendarbeit/wann muss ich an andere Professionen abgeben?, Entstigmatisierung, ggf. Resilienzbildung, etc.) und b) mentalen Gesundheitsproblemen bei haupt- und ehrenamtlichen Fachkräften vorzubeugen. Um diese Ziele zu erreichen, fehlt es derzeit zum einen an Fachkräften, die diese Art von Angeboten anbieten können (und die nötige Expertise dazu haben) und zum anderen an Geld, um diese Schulungen anbieten zu können. Es wäre hilfreich, wenn Erasmus+ hierzu einen Beitrag leisten könnte, z.B. indem Träger Zugang zu, den TCA-Mitteln ähnlicher Förderung hätten, um im Rahmen von Erasmus+ in Eigenregie die flächendeckende Umsetzung solcher Fortbildungsangebote zu ermöglichen.

Im Hinblick auf die neue Programmgeneration wäre außerdem die Einführung von Micro-Funding-Fördermöglichkeiten wünschenswert. Viele Projektträger im Jugendbereich sind für ihre Arbeit vor Ort auf der Suche nach kleineren Fördermöglichkeiten (bis 5.000€). Diesem Bedarf entsprachen beispielsweise die Förderangebote, die einige nationale Agenturen, so auch in Deutschland, im Kontext des Europäischen Jahrs der Jugend aufgesetzt haben. Eine solche Micro-Funding-Möglichkeit auch dauerhaft im Rahmen von Erasmus+ zu etablieren, wäre wünschenswert. Dabei wäre es wichtig, dass diese Mittel einfach und möglichst oft bzw. fortlaufend zu beantragen und in der Projektumsetzung bzw. -abrechnung unbürokratisch wären.

Zusammenfassung
Erasmus+ allgemein

  • Einhaltung der von der EU selbst gesetzten Fristen bei Förderzusagen, Mittelauszahlung, etc.
  • Entbürokratisierung von Projektbeantragung, -umsetzung und -abrechnung
  • Die zunehmenden Anforderungen des Programms treibt den administrativen Aufwand für die Träger in die Höhe. Die Träger müssen von entsprechenden Anforderungen entlastet werden.
  • Erhöhung des Budgets für Erasmus+
  • Ausweitung der Nutzung von Lump-sums
  • Personalkostenförderung
  • Sollten Probleme auftauchen, braucht es eine transparente Kommunikation von Seiten der EU-Kommission, der nationalen Agenturen sowie aller anderen Beteiligten
  • Partnerschaftliche Projektweiterentwicklung mit Unterstützung der nationalen Agenturen hin zur Förderfähigkeit. Mehr Begleitung von Antragstellenden im Antragsprozess
  • Automatische Anpassung von Fördersätzen an die Inflationsentwicklung

Programmhandbuch, Antragsformulare & Tools

  • Präzisierungen und Vereinfachungen des Programmhandbuchs und von Begleitdokumenten
  • Beseitigung der technischen Fehler in Antragsformularen und allen Tools
  • Kürzung der Antragsformulare, Vermeidung von ähnlichen/doppelten Fragen
  • Fördermittelbeantragung muss auch für Ehrenamtliche möglich sein
  • Frühzeitige Bereitstellung von Antragsformularen (mindestens 12 Wochen vor Antragsschluss) in allen EU-Amtssprachen
  • Frühzeitige Bereitstellung von Tools und Materialien zur Projektbeantragung und -umsetzung in allen EU-Amtssprachen sowie in Leichter Sprache
  • Mehr Übersichtlichkeit und Nutzerfreundlichkeit für den Programmleitfaden, bestenfalls gesonderte Programmleitfäden nach Bildungsbereich
  • Konkretisierung der Regeln, wie Lump-Sums verwendet werden können
  • Beibehaltung des Akkreditierungsverfahrens und des Einzelantragsverfahrens, so dass eine Wahlmöglichkeit besteht
  • Flexibilisierung der Mittelabrufe im Akkreditierungsverfahren

LA 1

  • Beibehaltung der Jugendpartizipationsprojekte
  • Aufnahme der Jugendpartizipationsprojekte ins Akkreditierungsverfahren
  • Nachschärfungen bei den Begrifflichkeiten innerhalb der Jugendpartizipationsprojekte
  • Flexibilisierung der Fördermöglichkeiten innerhalb der Jugendpartizipationsprojekte
  • Informationen und Veranstaltungen für Einrichtungen, die mit und für Menschen mit Benachteiligungen und Behinderungen arbeiten, um sie an das Programm heranzuführen und zu ermutigen, auch in Zeiten von Personalknappheit dieser Zielgruppe Bildungsaufenthalte im Ausland zu ermöglichen.
  • Auslagerung von DiscoverEU in eigenes Förderprogramm

LA 2

  • Ausreichend finanzielle Mittel für die Small-Scale-Partnerships, um sicherzustellen, dass gute und nicht notwendigerweise perfekte Anträge von Erstantragstellern gefördert werden können

Programmprioritäten

  • Dauerhafte Implementierung der Programmpriorität Partizipation
  • Gut strukturierter und barrierefreier Zugang (WCAG-Standard, z.B. lesbar für Screenreader, Brailleschrift, Videos in Gebärdensprache, etc.) zu allen Programminformationen
  • Übersetzung aller Dokumente für Teilnehmende in leichte Sprache
  • Flexibilisierung der Finanzierung der Mehrkosten für Inklusion. Finanzierung dieser Mehrkosten auch im Nachhinein, falls vorab nicht absehbar
  • Keine Anrechnung von Inklusionskosten auf die Förderhöchstsummen
  • Partnerschaftliches Vorgehen zwischen nationalen Agenturen und Projektträgern bei Projekten mit Inklusionsdimension
  • Schulung von Gutachterinnen und Gutachtern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der nationalen Agenturen, etc. im Hinblick auf Inklusion
  • Zielgruppenspezifischere Sprachvorbereitungsangebote. Berücksichtigung des besonderen Unterstützungsbedarfs von Menschen mit geringeren Chancen
  • Ausweitung des Nachhaltigkeitsansatzes von „green travel“ auf eine gesamte nachhaltige Programmplanung und -durchführung (Unterkunft, Verpflegung, Materialien, etc.)
  • Stärkere Orientierung von Erasmus+ an den SDGs und der Bildung zur nachhaltigen Entwicklung
  • Digitalisierung ist ein Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck
  • finanzielle Förderung digitaler Projektkomponenten durch das Programm, auch wenn physische Mobilitäten obligatorischer Bestandteil aller Projekte bleiben müssen

(Zwischen-) Evaluierung des Programms Erasmus+ durch die aej und die EKD