Begrüßungsrede zur Eröffnung des Johannisempfangs in der Französischen Friedrichstadtkirche zu Berlin
Herr Bundespräsident,
Herr Bundestagspräsident,
Frau Bundeskanzlerin,
wir freuen uns sehr über Ihre Anwesenheit und ich heiße Sie herzlich willkommen.
Ebenso begrüße ich den Herrn Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages Hintze sowie die Herren Bundesminister Gröhe und Schäuble. Herr Bundesminister de Maizière hat sein Kommen für später angekündigt. Als Vorsitzende ihrer Bundestagsfraktionen heiße ich Herrn Kauder, Herrn Oppermann und Frau Göring-Eckardt willkommen.
Es ist uns eine Freude, dass zahlreiche Staatssekretäre und Staatsminister unserer Einladung gefolgt sind. Namentlich möchte ich Parlamentarischen Staatssekretär Thomas Rachel begrüßen und ihm zu seiner Wiederwahl zum Vorsitzenden des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU gratulieren und Gottes Segen wünschen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete des Deutschen Bundestages, namentlich die religionspolitischen Sprecher Herr Dr. Jung, Frau Griese und Herr Beck, seien Sie herzlich willkommen. Wir wissen es sehr zu schätzen, dass Sie trotz der heutigen namentlichen Abstimmungen im Deutschen Bundestag zumindest zeitweise an unserem Jahresempfang teilnehmen.
Für das Diplomatische Corps begrüße ich stellvertretend Seine Eminenz Erzbischof Nikola Eterovic als Vertreter des Heiligen Stuhls. Ein Zeichen des guten alltäglichen Miteinanders und der Verbundenheit mit der römisch-katholischen Kirche ist die Anwesenheit meines geschätzten Kollegen, Prälat Dr. Karl Jüsten. Mein Willkommen gilt ebenso den Vertretern der Orthodoxen Kirchen – ich nenne den Metropoliten Augoustinos - und der Freikirchen – hier grüße ich stellvertretend Herrn Pastor Peter Jörgensen.
Herzlich begrüßen möchte ich sodann Herrn Lehrer als stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland und seine Gattin sowie Herrn Mazyek als Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime in Deutschland.
Sie alle, meine sehr verehrten Damen und Herren, seien Sie von Herzen begrüßt!
Zwei Gäste will ich noch namentlich nennen: Unmittelbar nach dem Johannisempfang 2014 erklärte Nikolaus Schneider seinen Rücktritt vom Amt des Ratsvorsitzenden. Er wollte seine erkrankte Frau begleiten können. Heute freuen wir uns, dass Du, liebe Anne, gesundheitlich auf gutem Weg bist und dass ihr beide nach schwerer Zeit bei uns seid.
Der Vortrag, den Nikolaus Schneider im vergangenen Jahr beim Johannisempfang hielt, hatte den Titel „Gedenken – Erinnerungen für die Zukunft“. Den Anlass dazu gab das Jahr 2014 mit seinen sehr unterschiedlichen Gedenktagen. Auch unser heutiger Johannisempfang findet in einem Gedenkjahr statt. Er steht zwischen zwei Gedenktagen, die für uns Deutsche von besonderer Bedeutung sind: dem 8. Mai und dem 3. Oktober.
Am 8. Mai haben wir uns in zahlreichen Veranstaltungen der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg ausgesetzt. Wir haben einmal mehr gefragt, was die Ursachen für Krieg und Völkermord waren und welche Konsequenzen daraus heute und in Zukunft zu ziehen sind. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland blickte bereits kurz nach Kriegsende selbstkritisch zurück. Im Stuttgarter Schuldbekenntnis vom 18./19. Oktober 1945 heißt es: „Mit großem Schmerz sagen wir: Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden. Was wir unseren Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“ Dieses Bekenntnis sei uns heute – 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – Mahnung und Warnung: Bekennen wir mutig, dass wir Gott allein die Ehre geben und in allen Menschen seine Geschöpfe sehen, die mit höchster und unzerstörbarer Würde ausgestattet sind. Beten wir treu zu Gott, zu dem Gott Israels und Vater Jesu Christi, dass er der Gewalt und den Kriegen wehre. Glauben wir fröhlich, dass Gott keinen, wirklich keinen Menschen verloren gibt. Und lieben wir brennend unseren Nächsten wie uns selbst. Achten wir darauf, was die Menschen neben uns brauchen. Dabei werden wir in diesen Tagen besonders an jene denken, die bei uns Zuflucht vor Verfolgung und Not suchen…
Es hat lange gedauert, bis wir Deutschen den 8. Mai 1945 nicht mehr nur als Tag der Niederlage, sondern auch als Tag der Befreiung begreifen konnten. Befreit wurden die Menschen, die in Auschwitz und Buchenwald, in Dachau und Sachsenhausen sowie in den anderen Konzentrationslagern erniedrigt und gequält worden waren und fürchterliche Verbrechen miterleben mussten. Befreit wurden aber auch die Täter. Befreit davon, weiter Unheil über unschuldige Menschen zu bringen. Und dann erlebten die Deutschen das Geschenk des Neubeginns. Das deutsche Volk, das sich in großen Teilen so entsetzlich schuldig gemacht hatte und wahrlich kein Vertrauen verdiente, durfte noch einmal von vorne anfangen. Auch mit Israel. Schon zwanzig Jahre nach dem Ende des Krieges nahmen die Bundesrepublik Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen auf. Auch daran erinnern wir uns in diesem Jahr besonders. Als am 3. Oktober 1990 die DDR zu existieren aufhörte, wurde den Deutschen abermals Vertrauen entgegen gebracht. Das Vertrauen, dass sie ihre Macht nicht noch einmal missbrauchen würden. Heute ist das wieder vereinigte Deutschland ein stabiler demokratischer Rechtsstaat, fest eingebunden in die Gemeinschaft der Völker Europas und der Welt. Wir Christen erkennen darin eine wunderbare Tat Gottes. Wir danken Gott und preisen seine Langmut und Güte. Zugleich wissen wir uns durch das an uns geschehene Wunder verpflichtet. Verpflichtet, dem Recht und dem Frieden zu dienen – nicht allein zwischen Rhein und Oder, Alpen und Nordsee, sondern auch jenseits unserer Grenzen.
Wollen wir nun nicht nur verantwortungsbewusst, sondern auch zuversichtlich und getrost in die Zukunft gehen, braucht es noch mehr als das Gedenken. Dazu braucht es Gottvertrauen. Davon wird gleich der neue Ratsvorsitzende Landesbischof Bedford-Strohm reden: „Ich danke Gott und freue mich…‘ Vom Gottvertrauen in unruhigen Zeiten.“ Ein zu unserer Zeit wie zur Person des Ratsvorsitzenden passendes Thema! Wie sehr das passt, wissen viele, die Landesbischof Bedford-Strohm bereits kennengelernt haben. Und zu lesen war es auch, zum Beispiel in der WELT: „Es gibt Leute, denen glaubt man auch dann, wenn man ihnen auf gar keinen Fall glauben will. Beim Bier am Montagabend auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland schlenderte Heinrich Bedford-Strohm heran und wurde natürlich gleich gefragt, wie es ihm denn vor der Wahl des neuen Ratsvorsitzenden so gehe. ‚Wunderbar‘, sagte er, ‚ich bin völlig entspannt.‘ Natürlich dachte man, dass er das seinem Friseur erzählen könne. Seltsam war aber: Mit seinem Charme und seiner Fähigkeit, sich sofort intensiv über ein ganz anderes Thema zu unterhalten, ließ er alsbald den Eindruck entstehen, er sei vielleicht ja doch ganz entspannt.“ Ob dieser Eindruck mit Gottvertrauen in unruhigen Zeiten zu tun hat? Wir freuen uns auf die Antwort.
Dank und Einladung:
Bevor ich Sie nun zu einem hoffentlich wunderbaren Abend auf dem Gendarmenmarkt einladen darf, möchte ich Dank sagen: Dem Ratsvorsitzenden für die geistige Stärkung. Für die seelische Stärkung den Musikern: Kirchenmusikdirektor Kilian Nauhaus an der Orgel, dem Athesinus Consort Berlin unter der Leitung von Klaus-Martin Bresgott, der Solistin Ulrike Barth und dem Bläserkreis der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz unter der Leitung von Siegfried Zühlke. Dass wir uns heute Abend geistig, seelisch und gleich auch noch körperlich stärken können, verdanken wir vielen Menschen, die schon seit Wochen im Hintergrund wirken. Unser Verwaltungsleiter Herr Helmut Herbert hat ihr Tun in bewährter Weise koordiniert. Auch dafür herzlichen Dank! Und nun die Einladung: Erfreuen Sie sich an Begegnungen und Gesprächen vor der Kirche und lassen Sie es sich gut schmecken! Dabei wollen wir nicht vergessen, wem wir das alles verdanken. Deshalb lasst uns beten: „Der du der Erde Brot gegessen, mit Sündern hast zu Tisch gesessen, Herr Jesu, komm und mach uns satt, dass Leib und Seel Genüge hat. Amen.“