Tagung der GKKE-Fachgruppe Kohärenz
Grußwort zum Treffpunkt Gendarmenmarkt
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
die Weisheit des biblischen Spruchs "Alles hat seine Zeit“ ist uns bekannt. Der Prediger Salomo führt aus: Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit.“ Die Aufzählung dieser Abfolge erinnert uns daran, dass das Sterben unabdingbar zum Menschsein gehört. Wir tun gut daran, uns immer wieder selbst mit der Tatsache des Todes, auch des eigenen, auseinanderzusetzen.
Wir sind am Ende des Kirchenjahres. Dies ist eine Zeit des intensiven Nachdenkens über den Tod. Am Volkstrauertag erinnerten wir uns gestern an die durch Kriege und Gewaltherrschaften ums Leben gekommenen Menschen; wir ermahnten uns selbst zur Versöhnung über den Gräbern und verpflichteten uns, für den Frieden zu beten und uns für ihn einzusetzen.
Am kommenden Sonntag, dem Totensonntag oder auch Ewigkeitssonntag, gedenken wir nicht nur der Verstorbenen, sondern wir sprechen auch über die Hoffnung, die uns trägt. Als Christen begreifen wir unser Leben als ein Geschenk Gottes. Es ist eine unverfügbare Gabe. Gott hat uns mit unverlierbarer Menschenwürde versehen. Aber trägt sie im heutigen Diskurs? Trägt sie am Anfang und am Ende des Lebens und in der hoffentlich langen Zeit dazwischen?
Die derzeitige Debatte über die Beihilfe zum Suizid gibt darüber hinaus besonderen Anlass zur Diskussion; nicht zuletzt aus christlicher, ja aus evangelischer Perspektive.
Dies umso mehr, da keine geringe Anzahl von Bürgerinnen und Bürger sich sogar für aktive Sterbehilfe für schwer kranke Menschen ausspricht. Vor diesem Hintergrund wirft die Diskussion um das Gesetz zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung Fragen auf, die uns in diesen Tagen besonders bewegen und beschäftigen.
Wie sterben wir heute? Welches Sterben wird den Menschen und ihrer Würde gerecht? Was eigentlich verstehen wir unter „gutem Sterben“? Was ist erlaubt, was verboten und warum?
Wer diese Fragen stellt, ist dabei, etwas von dem Sterben zu entdecken, wie es zum Menschsein gehört: Im Sterben als Mensch geachtet zu werden, ist ein Gebot menschlicher Würde, und die Begleitung Sterbender ist Antwort auf ihre Würde.
Dabei wollen wir auch unsere evangelische Position verdeutlichen, die sich dem Schutz menschlichen Lebens gerade in Grenzsituationen verpflichtet fühlt; die EKD spricht sich daher für eine menschenwürdige Sterbebegleitung aus. Eine Sterbebegleitung, die sich an den Grundsätzen der Leidminderung, Zuwendung und Fürsorge als gesamtgesellschaftlicher Aufgabe orientiert.
Ich begrüße Sie deshalb alle sehr herzlich zu unserem heutigen "Treffpunkt Gendarmenmarkt" unter dem Thema "In Würde sterben – an der Hand oder durch die Hand eines anderen?"
Ich begrüße insbesondere die Bundesministerin der Justiz, Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, und den Vorsitzenden des Rates der EKD, Präses Nikolaus Schneider, und danke ihnen sehr herzlich für ihr Kommen.
Beide werden zunächst ein kurzes Statement zum Thema abgeben.
Für die anschließende Diskussion ist es uns gelungen, Herrn Dr. Klaus Kobert, Medizinethiker vom Evangelischen Krankenhaus in Bielefeld zu gewinnen, der sich dankenswerterweise bereit erklärt hat, seine Beobachtungen und Erfahrungen aus der alltäglichen Praxis mit uns zu teilen.
Die Moderation des Abends liegt in den bewährten Händen von Dr. Matthias Kamann von der Tageszeitung "Die Welt".
Auch Ihnen, Herr Kamann und Herr Dr. Kobert, herzlichen Dank für Ihre Mitwirkung.
Uns allen wünsche ich einen ertragreichen Abend.