"Die Erinnerung hat ein Haus - die Zukunft der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Auschwitz"

Grußwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Gastgeber und Mitveranstalter der Tagung "Die Erinnerung hat ein Haus - Die Zukunft der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Auschwitz" ist es mir eine Freude und Ehre, Sie hier am Gendarmenmarkt in der Dienststelle des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union begrüßen zu dürfen.

"Wenn du hier gewesen bist, sollst du wiederkommen.
Zuerst nur: die Flut der Gefühle,
erschrecken vor dem Ausmaß des Bösen, mitleiden, mitfühlen, trauern -
wegen eines einzigen Kinderschicksals oder wegen der Millionen unschuldiger Opfer.

Und wiederkommen sollst du, weil auch du wissen kannst:
Namen der Opfer - wie viele kennst du?
Namen der Täter - deutsche zumeist - Verursacher, Vollstrecker,
auch Namen von Schreckensorten wirst du dir einprägen
und wirst erschrecken vor dem brutalen Interesse von Herrenmenschen.

So wirst du dann hier stehen
und dein Gefühl, dein Verstand und dein Gewissen werden dir sagen:
Vergiß nicht! Niemals.
Und steh zu dem Land, das hier derer gedenkt, die nicht leben durften."

Diese Worte trug Joachim Gauck bei seinem Staatsbesuch in Israel am 29. Mai 2012 in das Gästebuch der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem ein. Viele von uns werden das Bild noch vor Augen haben, wie Joachim Gauck unter den Eindrücken des Besuchs von Yad Vashem an das schlichte hölzerne Schreibpult tritt, die Notiz mit der vorbereiteten Formulierung aus der Hand legt und hoch konzentriert in das Gästebuch zu schreiben beginnt.

Die Erinnerung an den Holocaust und sein Grauen, das unsere Vorstellungskraft übersteigt, bedarf der Orte: für die Flut der Gefühle, für das Ausmaß des Bösen, für das Wissen um Opfer, Täter und Schreckensorte. Und nicht zuletzt, um es nicht zu vergessen und zu ihm zu stehen, das Land derer, die nicht leben durften.

Und die Erinnerung bedarf der authentischen Orte, damit die fertigen - die vorgefertigten - Deutungsmuster aufbrechen und die feststehenden Vorstellungen wieder in Fluss geraten.

Und natürlich bedarf die Erinnerung an den Holocaust der Zeiten des Gedenkens, wie wir es am 27. Januar tun, an dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau vor 68 Jahren.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Internationale Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim / Auschwitz ist ein solcher Ort des Gedenkens an den Holocaust - ein authentischer Ort genauer. Und damit ist sie ein herausragender Ort der historisch-politischen Bildungsarbeit, zu der uns der Holocaust verpflichtet. Es ist mir deshalb mehr als eine Freude und Ehre, es ist mir ein überaus wichtiges Anliegen, mit Ihnen über die Herausforderungen und Chancen der Bildungs- und Begegnungsarbeit in der Begegnungsstätte Oswiecim / Auschwitz nachzudenken. Die Zukunft der Jugendbegegnungsstätte ist für die Evangelische Kirche in Deutschland von hohem Interesse. Das zeigt die Teilnahme und das Mitwirken des Ratsvorsitzenden, Präses Dr. h.c. Nikolaus Schneider, über die ich mich sehr freue und den ich besonders begrüßen darf.