Erinnern, werben, einladen
Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017
Die 500. Wiederkehr des Beginns der Reformation im Jahr 2017 ist ein besonderes Datum. Denn die Bewegung, die damals ihren Lauf nahm, hat das gesamte Leben verändert – nicht nur der Christen, sondern aller Menschen. Die Reformation, die den Menschen als einzelnen in die Verantwortung stellte, hinterlässt bis heute auf dem ganzen Globus ihre Wirkungen. Sie ist ein Ereignis von Weltrang – so hat es der Deutsche Bundestag in einem Beschluss treffend festgestellt Und er hat sich entschieden, das Jubiläum durch breite Beteiligung zu fördern.
Auftakt für einen Aufbruch im Protestantismus
Früh hat der Rat der EKD die Weichen für die Feiern gestellt. Zehn Jahre zuvor hat er ein Programm zur Vorbereitung initiiert, das die evangelischen Kirchen bis hin zu jeder Gemeinde mitgestalten konnten. Das Jubiläumsjahr soll zu einem Auftakt werden für einen Aufbruch im Protestantismus. Der Vorbereitung diente auch die Berufung der Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017, Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann, im Jahr 2012. Ihre Aufgabe ist es, den Schwung des Jubiläums weiterzutragen und Menschen dafür zu gewinnen, im Land, in seinen gesellschaftlichen Gruppen und darüber hinaus.
Margot Käßmann ist dafür gut geeignet. Sie gehört zu den bekanntesten Deutschen der Gegenwart. Und sie ist in lutherischer Frömmigkeit aufgewachsen, schon ihre Familie war davon geprägt. Der Reformator ist ihr seit Kindertagen vertraut. Sie hat sich als Herausgeberin von Luther-Texten und -Gebeten einen Namen gemacht. Als Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages bis 1999, als hannoversche Landesbischöfin und auch als Ratsvorsitzende der EKD bis 2010 ist sie mit ihrer von Luther geprägten Frömmigkeit einem immer größer werdenden Publikum bekannt geworden.
Luther als Vorbild, Standpunkte neu zu finden
Sie selbst beschrieb ihre Verwurzelung in der lutherischen Theologie so: „Wir müssen unser Leben nicht rechtfertigen, es ist ,gerechtfertigt‘, wie Martin Luther sagte, weil Gott es uns geschenkt hat.“ Die Zuversicht, dass Gott „unser Leben in Zeit und Ewigkeit umspannt“, befreie Menschen vom „ständigen Ringen um Bedeutung, Erfolg, Reichtum“ und mache Mut, zu fragen: „Wie steht es um die Gerechtigkeit – in unserem Land, auf der Welt? Wie werden die Kirchen dem biblischen Auftrag gerecht, die Einheit der Christenheit zu leben? Was bedeutet es, Frieden zu stiften?“ Martin Luther, so Käßmann, sei ein „Vorbild für uns heute, aus dem Glauben heraus, Standpunkte zu finden“.
„Reformatorische Kirchen sind und bleiben reformfreudig, offen fürs Lernen.“
Reformatorische Kirchen, so sagte sie in einer Predigt in Eisenach, dem Ort,wo Luther zur Schule ging, „sind und bleiben reformfreudig, offen fürs Lernen. Auch das verdanken wir unserem Reformator. Martin Luther wünschte sich eine Kirche, die offen ist für Fragen und hat stets gesagt, dass sich die Kirche der Reformation immer wieder reformieren muss. Seine Bindung an die Schrift haben wir beibehalten: Sola scriptura (allein durch die Schrift), an der Bibel schärfen wir unser Gewissen. Aber wir sind auch Kirche in der Welt und können uns verändern. Das ist reformatorisches Grundprinzip.“
Weltweit mitfeiern
Eine weitere Prägung erhielt Margot Käßmann durch ihr Engagement in der weltweiten Ökumene. Auf der Vollversammlung des Weltkirchenrates 1983 in Vancouver wurde sie in die Leitungsgremien des Rates gewählt, der 500 Millionen anglikanische, evangelische, orthodoxe und unabhängige Kirchen vertritt. Die Kontakte zu Christen und Kirchen in aller Welt hat sie in ihrer Kirchentags- und Bischofszeit weiter ausgebaut. In Deutschland und darüber hinaus zählt sie zu den gefragtesten Predigerinnen und Sprecherinnen.
2016 unternahm die Botschafterin eine Reise durch sechs asiatische Länder, um für eine Beteiligung am Reformationsjubiläum zu werben. Durch Initiativen wie ihre ist das Jahr 2017 für viele Kirchen in der Welt zu einem Anlass geworden, sich auf die eigenen Wurzeln zu besinnen und, darauf aufbauend, neue Aufbrüche zu wagen – und zum Mitfeiern Delegierte oder Jugendliche nach Deutschland zu entsenden.
wt