Auslandsbischöfin: Russland ohne "Memorial" nicht mehr dasselbe Land
Hannover (epd). Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, hat die Bundesregierung aufgefordert, sich für den Schutz der russischen Menschenrechtsorganisation „Memorial“ einzusetzen. „Wir fordern als Evangelische Kirche in Deutschland die Bundesregierung und die Europäische Union auf, alles in ihren Kräften stehende zum Schutz von 'Memorial', seiner Mitarbeitenden und der russischen Zivilgesellschaft zu unternehmen“, sagte Bosse-Huber dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag.
Die Menschenrechtsorganisation wurde 1988 in Moskau von Menschenrechtlern um den Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründet. Seither kümmert sich „Memorial“ um die Aufarbeitung der politischen Verfolgung in der Sowjetunion. Die Forschungs- und Aufklärungsarbeit der Organisation habe auch Maßstäbe für die europäische Erinnerungskultur gesetzt, hieß es. Gleichzeitig tritt „Memorial“ für die Wahrung der Bürger- und Menschenrechte ein. Die Organisation erhielt unter anderen 2004 den Alternativen Nobelpreis und 2009 den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments.
„Memorial“ ist seit 2016 in Russland als „Ausländischer Agent“ registriert, weil die Organisation teilweise aus dem Ausland finanziert wird. Ihr wird vorgeworfen, gegen ein entsprechendes Gesetz verstoßen zu haben. Das Oberste Gericht Russlands hat die Organisation zu einem Gerichtstermin am 25. November vorgeladen, da die Generalstaatsanwaltschaft die Auflösung von „Memorial-International“ beantragt hat.
„Bereits die Vorstellung, dass 'Memorial' geschlossen werden soll, ist unerträglich“, sagte Bosse-Huber. Niemand setze sich mutiger für die Menschenrechte im heutigen Russland ein, niemand verteidige in dem Land Wahrheit und Wahrhaftigkeit entschlossener, setze sich mehr für die Aufarbeitung der Geschichte ein und für die Rehabilitierung von Opfern politischer Gewalt. „Russland ohne 'Memorial' wäre nicht mehr dasselbe Land“, betonte die EKD-Auslandsbischöfin.