Einheitliche Standards bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt

Kirche und Diakonie setzen Vereinbarung mit UBSKM um: Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommissionen nehmen ihre Arbeit auf

Die unabhängige Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie tritt in eine neue Phase ein. Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommissionen (URAKS) nehmen bundesweit ein Jahr nach der Veröffentlichung der Aufarbeitungsstudie „ForuM“ in den kommenden Wochen ihre Arbeit auf. Insgesamt neun Kommissionen, die in regionalen Verbünden über landeskirchliche Grenzen hinweg errichtet wurden, werden künftig Fälle sexualisierter Gewalt quantitativ erheben, Strukturen analysieren, den Umgang mit betroffenen Personen evaluieren und Kirche und Diakonie zu weiteren notwendigen Maßnahmen beraten. Die Einrichtung der Kommissionen geht zurück auf eine Gemeinsame Erklärung zwischen der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Diakonie Deutschland, unter direkter Mitwirkung des Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der EKD. In dieser Erklärung wurde Ende 2023 ein Standard festgelegt, der nun Grundlage für die Arbeit der Kommissionen ist.

Für Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der EKD, ist der Start der URAKs ein wichtiger weiterer Schritt in der konsequenten Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. „Mit der Aufarbeitungsstudie ‚ForuM‘ wurde dafür ein differenziertes Fundament gelegt. Ich bin dankbar für alle, die hier ihre Zeit und Expertise zur Verfügung stellen, insbesondere auch betroffene Menschen und nichtkirchliche Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachgebiete aus den Bundesländern. So können präziser regionale Aspekte in den Blick genommen, Fälle systematisch erhoben und gezielte Empfehlungen gegeben werden. Die Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen werden dazu beitragen, das Thema sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche konsequent weiterzubearbeiten – es ist und bleibt eine Daueraufgabe“, so Bischöfin Fehrs.

Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland, weist auf den engen Schulterschluss von Kirche und Diakonie bei der Gründung der Aufarbeitungskommissionen hin: „Den Standard für diese Kommissionen haben wir zusammen mit der UBSKM sowie der AG Aufarbeitung des Beteiligungsforums entwickelt. Wir setzen ihn auch miteinander in Kirche und Diakonie um, weil wir gegenüber Betroffenen eine gemeinsame Verantwortung für das geschehene Unrecht tragen. Für eine unabhängige Aufarbeitung darf es keine Rolle spielen, ob ein Fall sexualisierter Gewalt in einer kirchlichen oder diakonischen Einrichtung geschehen ist.“

In sieben der neun Verbünde werden die URAKs nach aktuellem Stand im Laufe des März und Aprils ihre Arbeit aufnehmen. Einen späteren Starttermin wird es im sächsischen Verbund geben, wo es noch einen größeren Abstimmungsbedarf mit den beteiligten Gruppen gibt. Auch im Verbund auf dem Gebiet von Niedersachsen und Bremen kommt es zu einer Verzögerung, da noch nicht alle zukünftigen Mitglieder für die Kommission feststehen.

Die URAKS setzen sich zusammen aus Betroffenen, Expert*innen, die gesellschaftliche Verantwortung tragen, sowie Vertreter*innen der Landeskirchen und Landesverbände der Diakonie. Um die Unabhängigkeit der Aufarbeitungskommissionen zu gewährleisten, dürfen nur weniger als die Hälfte der Mitglieder Beschäftigte der evangelischen Kirche oder der Diakonie sein oder einem ihrer Gremien angehören. Die Mitglieder aus dem Kreis der Betroffenen werden durch die Betroffenenvertreter*innen selbst benannt. Externe Expert*innen werden unabhängig durch die jeweiligen Landesregierungen benannt.

In allen Kommissionen ist die direkte Beteiligung betroffener Personen zentral. Deshalb wurden im Zuge der Vorbereitungen in allen Verbünden betroffene Personen zu einem Forum eingeladen, bei dem über die Kommission und ihre Aufgabe informiert wurde. Aufbauend auf diesem Forum für Betroffene fanden Workshops statt, aus denen dann Betroffenenvertretungen entstanden. Aus den Betroffenenvertretungen werden wiederum Mitglieder in die URAKs entsandt. Diese tragen Informationen zur Arbeit der URAKs direkt wieder ein in die jährlichen Foren für betroffene Personen, die dem Austausch und der Vernetzung dienen.

Hannover, 13. März 2025

Pressestelle der EKD
Lisa Schaube

Pressestelle der Diakonie Deutschland
Verena Götze