„Leben braucht soziale Sicherung, auch in der digitalen Welt“
Oberkirchenrat Ralph Charbonnier fordert eine Ethik der Algorithmen
Wolfsburg (epd). Der evangelische Theologe Ralph Charbonnier wirbt für eine sozial gerechte Umsetzung der Digitalisierung. Notwendig sei eine Ethik der Datenerhebung, eine Ethik der Algorithmen und eine Ethik für Informatiker, sagte der Experte für ethische Fragen der Digitalisierung in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 29. Januar in Wolfsburg: „Leben braucht soziale Sicherung, auch in der digitalen Welt.“
„Es ist öffentliche Aufgabe, die Infrastruktur für die Erfüllung der Lebensgrundlagen bereitzustellen“, sagte Charbonnier, der im Kirchenamt der EKD in Hannover das Referat für sozial- und gesellschaftspolitische Fragen leitet. Neben der Wasser- oder Gasversorgung würden damit auch der Breitbandausbau und der 5G-Mobilfunkstandard zu Fragen der Gerechtigkeit gehören: „Menschen im ländlichen Raum sollen die selben Möglichkeiten der Teilhabe haben wie im städtischen Raum.“
„Digitale Technologie kennt keine Grenzen“
Bislang habe digitale Technologie als „nice to have“ gegolten, erläuterte der Theologe. „Wenn man aber den Bürgerbus per App bestellen muss, wenn die Lebensmittelversorgung nur durch einen Digital-Shop gesichert ist, wenn Schulen von Schülerinnen und Schülern Internet-Recherche verlangen“, dann sei eine gerechte digitale Infrastruktur nötig.
Durch die Digitalisierung steige aber auch das Armutsrisiko, mahnte Charbonnier. Arbeitsplätze stünden weltweit in Konkurrenz. „Digitale Technologie kennt keine Grenzen. Soziale Sicherungssysteme aber machen an der nationalen Grenze halt.“ Möglichkeiten und Macht der digitalen Technologien riefen nach Ethik, betonte der Experte.
Oberkirchenrat Ralph Charbonnier sprach bei den „Wolfsburger Gesprächen“, die vom evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen, der Industriegewerkschaft Metall und der Ingenieurkammer Niedersachsen veranstaltet werden.