Dr. Olav Fykse Tveit
Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen
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(Unredigierte Fassung)
Es gilt das gesprochene Wort
Frau Präses, hohe Synode, Schwestern und Brüder in Christus
"Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen." (Joh 1, 1-5)
Das Leben schaffende Wort Gottes ist der Grund aller Weisheit. Diese Weisheit verharrt nicht in kühler Distanz. Sie liebt das Leben. Diese Weisheit gibt Kraft und Mut zum Handeln
Als Christusfest leitet uns das Reformationsjubiläum an:
- uns auch heute von der Weisheit des lebendigen Wortes ermutigen zu lassen,
- entschlossen für Gerechtigkeit und Frieden nicht nur der Menschen, sondern für die ganze Schöpfung einzutreten und
- auf diesem Weg die Einheit zu vertiefen, für die Christus gebetet hat.
Für mich waren die Gottesdienste in Lund und Hildesheim und kürzlich auch in Wittenberg Meilensteine auf einem Pilgerweg der Einheit, auf den wir gerufen sind. Wir haben gelernt, uns den Lasten der Vergangenheit zu stellen und vergiftete Erinnerungen zu heilen. Zugleich haben wir neue Freiheit gewonnen. Kirchen weltweit haben dadurch Hoffnung geschöpft, gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Die Kirchen der EKD können stolz sein auf das, was erreicht wurde! Ich sehe wichtige Zeichen für einen neuen Aufbruch in der Ökumene – so hier in Deutschland und auch im Verhältnis des Ökumenischen Rates der Kirche (ÖRK) zum Papst und zur Römisch-Katholischen Kirche weltweit.
Unsere Kooperation auf dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens hat ganz praktische Konsequenzen für das Leben der Menschen und die Kirchen. Gemeinsam beteiligen sich die Kirchen an der Suche nach Frieden. Ich kann viele Beispiele dafür nennen. Wir sind im Dialog mit Rom über die gefährliche Situation in Süd Sudan, Burundi und der Demokratischen Republik Kongo. Der ÖRK hat mehrere Initiativen ergriffen, um die religiösen Minoritäten in Syrien und Irak zu unterstützen.
Der Präsident von Fidschi hat mich aufgefordert, alle Kirchen darum zu bitten, sich gerade in diesen Tagen hier in Bonn für eine erfolgreiche Klimakonferenz einzusetzen. Er ruft uns auf, jetzt die Stimme der Kirchen im Pazifik zu stärken und ihre Spiritualität aufzunehmen. Es geht um die Weisheit, die uns befähigt, dass Leben der ganzen Schöpfung zu bewahren. Wir haben uns in Paris und nun auch hier in Bonn für Klimagerechtigkeit eingesetzt. Vor diesem Hintergrund fordern viele heute eine "grüne Reformation" als Zeichen der Hoffnung gegen Furcht und Angst unserer Zeit.
Und weiter zum Friedensauftrag der Kirchen: die internationale Kampagne zur Abschaffung der Nuklearwaffen (ICAN) wurde mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Dieser Preis ist eine Anerkennung der Zivilgesellschaft und der Kirchen gemeinsam. Der ÖRK unterstützt
ICAN. Die Kampagne hat ihr Büro im ökumenischen Zentrum. Ich werde den ÖRK und deshalb auch Sie alle bei der Verleihung des Preises in Oslo als Mitglied der Delegation von ICAN repräsentieren.
Die Rolle der EKD im ÖRK ist wichtig auch für die Zukunft. Im März kommenden Jahres bietet die Weltmissionskonferenz in Arusha in Tansania eine weitere Gelegenheit, auch die gemeinsamen theologischen Grundlagen und die Praxis der Mission zu stärken. Das Evangelische Missionswerk hat eine starke Delegation zusammengestellt. Junge Leute aus Deutschland haben sich für das globale ökumenische theologische Institut angemeldet, das die Weltmissionskonferenz begleitet.
Wir haben Pläne dafür, wie wir die Zusammenarbeit zu Fragen der Flüchtlingshilfe, Migration und Integration fortsetzen. Wir wollen die weitverbreitete Angst und Unsicherheit analysieren und Vorurteile mit den Realitäten konfrontieren. Die Kirchen haben die Chance, die Narrative und Diskurse und damit auch die Politik zu beeinflussen. Was in dieser Hinsicht in Deutschland geschieht, war und wird für ganz Europa und weltweit sehr wichtig sein.
Im Vertrauen auf die Weisheit des lebendigen Wortes Gottes möchte ich uns alle auffordern, mit unserer Zusammenarbeit noch entschlossener und mutiger voranzugehen. Deshalb möchte ich noch die wichtigen, aber umstrittenen Fragen des Einsatzes für Frieden und Gerechtigkeit für Israel und Palästina und den Status Jerusalems ansprechen. Wir sind auf der internationalen Ebene im Gespräch mit den Kirchen und mit jüdischen und muslimischen Vertreterinnen und Vertretern. Es ist uns dabei sehr wichtig, dass die EKD in dieser Situation eine aktive Rolle spielt. Wir brauchen jene Weisheit gepaart mit dem Mut zum Handeln, den ich uns allen, EKD wie ÖRK, wünsche.
Im Blick auf alle diese Punkte möchte ich der EKD und ihren Mitgliedskirchen von ganzem Herzen für ihre außerordentliche Unterstützung und ihr Vertrauen in die Arbeit des ÖRK danken. Das gilt in besonderer Weise auch für Sie selbst, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, lieber Bischof Heinrich Bedford-Strohm, und Sie, liebe Bischöfin Petra Bosse-Huber. Wir freuen uns auch, dass der Rat der EKD für das nächste Jahr einen Besuch in Genf plant.
Natürlich kann ich dieses Grußwort nicht beenden, ohne auch unsere Dankbarkeit dafür zur Sprache zu bringen, dass sich die EKD als Gastgeberin der nächsten Vollversammlung des ÖRK im Jahr 2021 angeboten hat. Wie auch immer die Entscheidung in der Sitzung des Zentralausschusses 2018 ausfallen mag, wir sehen dieses Angebot als ein besonderes Zeichen der positiven Erwartungen, die die EKD dem ÖRK entgegenbringt.
Wir beten mit den Kirchen in Deutschland, dass wir alle in Christus den Mut und die Hoffnung finden auf dem Weg zur Einheit, Gerechtigkeit und Frieden entschlossen weiterzugehen.
Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen