Orientierung für eine ethische Urteilsbildung
EKD veröffentlicht Beitrag zur Debatte um Nichtinvasive Pränataldiagnostik
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) spricht sich dafür aus, Maßnahmen der Nichtinvasiven Pränataldiagnostik bei Risikoschwangerschaften umfassend in die gesellschaftliche Verantwortung einzubetten. Dazu plädiert sie dafür, diese Form der Pränataldiagnostik künftig in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen und zugleich das Angebot einer umfassenden ethischen und psychosozialen Beratung als Bestandteil der gemeinschaftlich finanzierten Mutterschaftsvorsorge vorzusehen. So soll Schwangeren ermöglicht werden, eine eigenständige, abgewogene Entscheidung treffen zu können, unabhängig von finanziellen Erwägungen oder medizinischen Risiken. Die Kosten einer solchen Beratung, die die besondere Verantwortung der Gesellschaft für den Lebensschutz zum Ausdruck bringen soll, sind ebenfalls von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen.
Zu dieser Empfehlung kommt die Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD unter dem Vorsitz von Reiner Anselm in ihrem am 2. November 2018 veröffentlichten Text „Nichtinvasive Pränataldiagnostik – Ein evangelischer Beitrag zur ethischen Urteilsbildung und zur politischen Gestaltung“. Der Rat der der EKD unter dem Vorsitz von Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat sich die Empfehlung und ihre ethische Begründung zu eigen gemacht.
Frauen, die eine Pränataldiagnostik durchführen lassen wollen, sollen nicht länger auf Fruchtwasseruntersuchungen angewiesen sein, die nicht selten zu medizinischen Komplikationen führen und das Leben des Fötus gefährden. Zugleich aber soll die Mutter bzw. sollen die Eltern im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen früh auf die Möglichkeit einer ethischen Beratung hingewiesen werden. Auf diese Weise sollen Schwangere die Möglichkeit erhalten, sich unabhängig von der gynäkologischen Betreuung über die Konsequenzen einer solchen Diagnostik klar zu werden, Ängste und Sorgen zu äußern, von Unterstützungsmaßnahmen zu erfahren und eine abgewogene Entscheidung zu treffen.
Die Kammer tritt mit dieser Empfehlung der Annahme entgegen, dass eine Pränataldiagnostik eine erlaubte oder gar sozial erwünschte Praxis sei, die Geburt von Kindern mit bestimmten Merkmalen, in der Regel Trisomien, zu verhindern. Eine durch das Solidarsystem der Gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Beratungsleistung verdeutlicht, dass eine Entscheidung zur Nutzung dieser diagnostischen Maßnahme von der Mutter bzw. den Eltern getroffen werden muss, diese Entscheidung jedoch in einem gesellschaftlichen Kontext stattfindet, in dem Leben geschützt werden muss. „Wir möchten den betroffenen Schwangeren die Möglichkeit geben, dass sie eine informierte, verantwortliche und für ihre jeweilige Situation angemessene Entscheidung treffen können. Verantwortlich bedeutet dabei, auch die gesellschaftlichen Auswirkungen, insbesondere für geborene Menschen mit Behinderungen mitzubedenken“, betont Reiner Anselm.
Die EKD begrüßt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der über die Aufnahme der Nichtinvasiven Pränataldiagnostik in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen entscheiden wird, zu einem gesellschaftlichen Diskurs über diese Frage aufgerufen hat und sieht diese Empfehlung als ihren Beitrag zu diesem Diskurs.
Die Stellungnahme steht unter https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/NIPD-2018.pdf zum Download zur Verfügung.
Hannover, 2. November 2018
Pressestelle der EKD
Carsten Splitt
Terminhinweis: Am 29. November, 19 Uhr findet in der Berliner Dienststelle des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union ein Parlamentarischer Abend zu dem EKD-Papier statt. Eine Presseeinladung wird Ihnen rechtzeitig zugeschickt.