EKD verpflichtet sich auf Standards bei Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt

Unabhängig, umfassend, transparent: Die evangelische Kirche hat sich auf Standards für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt verpflichtet. Am Mittwoch unterzeichnete sie eine Erklärung zusammen mit der Missbrauchsbeauftragten des Bundes.

Ulrich Lilie, Kerstin Claus, Anne Gidion

Diakoniepräsident Ulrich Lilie, Kerstin Claus, UBSKM, Anne Gidion, Bevollmächtigte des Rates der EKD bei der Unterzeichnung der Erklärung

Berlin (epd). Heute haben die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie eine sogenannte Gemeinsame Erklärung mit der unabhängigen Missbrauchsbeauftragten des Bundes zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt unterzeichnet. Die am Mittwoch in Berlin unterschriebene Erklärung unterstreicht das Ziel unabhängiger Aufarbeitung und verpflichtet die EKD und den evangelischen Wohlfahrtsverband Diakonie zur Einhaltung von Kriterien und Standards bei der Aufarbeitung. Dazu zählen Professionalität, Transparenz und die Beteiligung Betroffener.

Unterzeichnet wurde das neunseitige Papier von der unabhängigen Missbrauchsbeauftragten Kerstin Claus, der EKD-Bevollmächtigten Anne Gidion und Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. Die Erklärung hält fest, dass Aufklärung und Aufarbeitung unter anderem die Benennung von Taten, Ursachen und Folgen sexualisierter Gewalt, die Identifikation von Missbrauch ermöglichenden Strukturen und die Anerkennung geschehenen Unrechts umfasst. Die institutionelle Aufarbeitung soll zudem dazu beitragen, Schlussfolgerungen für den Schutz vor Missbrauch zu ziehen.

Die evangelischen Landeskirchen und die Diakonie-Landesverbände planen für die Aufarbeitung neun regionale Aufarbeitungskommissionen, die nach EKD-Angaben in den kommenden Monaten eingerichtet werden sollen. Auch deren Zusammensetzung und Berichtspflicht regelt die am Mittwoch unterzeichnete Erklärung. Sie empfiehlt eine Größe von mindestens sieben Mitgliedern, von denen mindestens zwei Betroffene sein müssen und weniger als die Hälfte Beschäftigte von Kirche oder Diakonie sein dürfen. Die restlichen Mitglieder sollen aus den Wissenschaften, der Fachpraxis, der Justiz und der öffentlichen Verwaltung gewonnen werden. Die Mitarbeit wird ehrenamtlich sein.

Gidion betonte die Bedeutung der Beteiligung Betroffener an der Aufarbeitung. Nur so könne sie transparent gelingen, sagte sie. Lilie sagte, es werde Aufgabe der kommenden Jahre sein, die Aufarbeitung von Unrecht durch sexualisierte Gewalt an Schutzbefohlenen „lückenlos fortzusetzen“.

Detlev Zander, Sprecher der Betroffenenvertretung im maßgeblichen Gremium für Entscheidungen zum Thema Missbrauch in der EKD, sagte, durch die Erklärung werde es auch mehr Transparenz und Handlungssicherheit für Betroffene geben. „Der Flickenteppich verschiedener Landeskirchen und diakonischen Werke ist für betroffene Personen einfach viel zu unübersichtlich“, sagte er. Das führe häufig zu zusätzlichen Belastungen.