Evangelische Kirche begrüßt Forderungen nach Missbrauchsstudie
Thema sexueller Missbrauch auf der Tagesordnung der EKD-Synode 2018
Berlin (epd). Die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat von der evangelischen Kirche eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen gefordert. Fälle von Missbrauch in einzelnen Institutionen in ihrer Trägerschaft und durch ihre Amtsträger ließen auf strukturelle Ursachen in der Kirche schließen, sagte die Kommissionsvorsitzende Sabine Andresen in Berlin. Kurz vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) veröffentlichte die Kommission eine Stellungnahme mit konkreten Empfehlungen an die evangelische Kirche. Das Thema sexueller Missbrauch steht auf der Tagesordnung der EKD-Synode, die vom 11. bis 14. November in Würzburg zusammenkommt.
„Mit allen Mitteln des Strafrechts reagieren“
Die Aufarbeitungskommission empfiehlt, eine eigene wissenschaftliche Studie – vergleichbar der von der katholischen Bischofskonferenz beauftragten – in Auftrag zu geben. Ob sich auch die evangelische Kirche zu solch einer Studie entschließt, ist noch offen. Wiederholt wird in den Empfehlungen die Forderung nach Kooperation mit dem Staat bei der Aufarbeitung. In den Empfehlungen findet sich zudem die Forderung, auf Täter „mit allen Mitteln des Strafrechts zu reagieren“ und auch interne Disziplinarverfahren extern überprüfen zu lassen.
Die EKD begrüße die Initiative der Kommission, sagte ein Sprecher der EKD dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der neue Beauftragtenrat der EKD, der sich mit dem sexuellen Missbrauch befasst, wollte sich in seiner Sitzung 7. November mit den Vorschlägen der Kommission befassen.
Man wolle die enge Zusammenarbeit mit dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, fortsetzen. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm habe Rörig zu der Ratssitzung im Dezember eingeladen, teilte der Sprecher mit.
Konkrete Person als Ansprechpartner – „möglichst im Bischofsrang“
Die Kommission fordert in ihrer Stellungnahme, für die Aufarbeitung Einblick in Akten und Archive zu gewähren und einen gezielten Aufruf an Betroffene zu starten, um Geschehenes zu dokumentieren. Neben einer zentralen Anlaufstelle für Opfer von Missbrauch empfiehlt die Aufarbeitungskommission, eine konkrete Person als Ansprechpartner für betroffene Gemeinden und Einrichtungen einzusetzen: Die EKD bräuchte das Amt eines oder einer offiziellen Beauftragten „möglichst im Bischofsrang“. Die Landeskirchen sollen zudem von sich aus Aufarbeitungsprozesse nach verbindlichen Kriterien vorantreiben. Die Situation in den 20 Gliedkirchen ist derzeit sehr unterschiedlich.
Betroffene von Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen hatte die Kommission im Juni zu einem Hearing in Berlin eingeladen. 22 Betroffene hatten sich bis dahin bei der unabhängigen Stelle gemeldet. Nach einer aktuellen Anfrage sind es inzwischen 31. Die EKD hat anlässlich der Synode bei den Landeskirchen abgefragt, wie viele Fälle dort bekannt sind. Nach Angaben der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs sind es aktuell rund 480 Betroffene.
Die Aufarbeitungskommission wurde 2016 vom unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung berufen. Ihre Aufgabe ist es, Missbrauch in Institutionen und Familien zu untersuchen, Art und Ausmaß aufzuzeigen und für das Thema zu sensibilisieren.