Evangelisches Hilfswerk beklagt massive Zunahme von Hunger weltweit
Mit großer Sorge blicke die Diakonie Katastrophenhilfe dabei insbesondere auf Länder wie Südsudan, Madagaskar, den Jemen oder Äthiopien.
Corona, Kriege, Extremwetter und eine Heuschreckenplage lassen den Hunger in Ostafrika dramatisch zunehmen. Die Diakonie Katastrophenhilfe beklagt, dass nicht frühzeitig genug reagiert wurde. In einem neuen Konflikt werde Hunger als Waffe benutzt.
Berlin (epd). Wetterextreme und die Folgen der Corona-Pandemie lassen nach Angaben der Diakonie Katastrophenhilfe den Hunger weltweit zunehmen. Die Präsidentin des evangelischen Hilfswerkes, Dagmar Pruin, sagte am Donnerstag in Berlin, dass die Zahl der Menschen, die weltweit kurz vor einer Hungersnot stünden, binnen zwei Jahren um 50 Prozent auf 41 Millionen zugenommen habe. Zu den Gründen gehörten Wetterextreme, Kriege und die Corona-Pandemie. Mit großer Sorge blicke die Diakonie Katastrophenhilfe dabei insbesondere auf Länder wie Südsudan, Madagaskar, den Jemen oder Äthiopien.
Laut Jahresbericht 2020 kamen in Ostafrika verschiedene Katastrophen zur gleichen Zeit zusammen: So hätten in Somalia und im Südsudan immer neue Überschwemmungen Ackerland überflutet und Ernten zerstört. Hinzu seien eine Heuschreckenplage gekommen sowie die Pandemie. Gewaltsame Konflikte wie die Eskalation in der Tigray-Region in Nord-Äthiopien oder im Südsudan hätten Hunderttausende Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Im Konfliktland Jemen seien 20 Millionen Menschen, etwa 80 Prozent der Bevölkerung, auf humanitäre Hilfe und Schutz angewiesen.
„Hunger kommt nicht von heute auf morgen. Die Zeichen und die Warnungen waren mehr als eindeutig“, sagte Pruin und kritisierte, dass die internationale Gemeinschaft nicht frühzeitig mehr Geld an das Welternährungsprogramm gegeben hat, um es den Vereinten Nationen zu ermöglichen, rechtzeitig Vorräte anzulegen. Aber auch der Zugang internationaler Hilfsorganisationen zu den Notleidenden müsse verbessert werden.
Der Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Keßler, sagte, dass vor zehn Jahren UN-Finanzierungsaufrufen zu etwa 63 Prozent gefolgt wurde. Im vergangenen Jahr sei nur 50 Prozent der benötigten Gelder von den Staaten gegeben worden, in diesem Jahr dürften es noch weniger sein. Grund sei, dass der Bedarf wachse, die Finanzierung aber etwa gleich bleibe. Hinzu komme, dass in Konfliktregionen wie Tigray Hunger als Waffe eingesetzt werde. Dort sei auch sexualisierte Gewalt sehr verbreitet.
Auch in Deutschland ist das Hilfswerk aktiv: In den westdeutschen Hochwassergebieten werden die Menschen über das diakonische Werk vor Ort mit vier Millionen Euro Bargeldhilfe und Hilfsmitteln wie Bautrocknern unterstützt. Nach Angaben von Pruin hat das Hilfswerk mit Stand Mittwoch 25 Millionen Euro Spenden für die westdeutschen Flutregionen eingenommen.
Die Diakonie Katastrophenhilfe hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 170 Projekte in 39 Ländern betreut und dafür 37,5 Millionen Euro bereitgestellt. Die meisten Mittel seien mit 5,2 Millionen Euro in den Südsudan gegangen. Die Spendeneinnahmen hätten 2020 mit 28,6 Millionen Euro deutlich über denen des Vorjahres (23,9 Millionen Euro) gelegen.
Dabei gab es einen Zuwachs der zweckungebundenen Spenden um 4,4 Millionen Euro, wie es hieß. Für die Hilfe im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gingen etwa 2,3 Millionen Euro zweckgebundene Spenden ein, für die Unterstützung der Menschen nach der Explosion in Beirut etwa 1,5 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr konnte die Diakonie Katastrophenhilfe ihre Gesamteinnahmen den Angaben zufolge mit 50,3 Millionen Euro um knapp drei Prozent steigern (2019: 49 Millionen Euro).