Hilfswerke und Kirchen fordern humane Lösung für Familiennachzug
Diakonie verlangt Nachbesserungen beim Gesetzentwurf zum Familiennachzug
Köln/Berlin (epd). Unicef und Diakonie haben den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus kritisiert. Der Entwurf, der am 9. Mai vom Bundeskabinett beraten werden soll, stehe im Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention sowie zu zentralen Vorgaben des deutschen und internationalen Rechts, erklärte das UN-Kinderhilfswerk Unicef. „Die Regulierung von Flucht und Migration darf nicht auf dem Rücken der schwächsten Kinder ausgetragen werden“, sagte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider.
„Dem Gesetzesentwurf gelingt es nicht, den Grund- und Menschenrechten von Familien und insbesondere Kindern gerecht zu werden“, erklärte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Beim Vorrang von Familien mit minderjährigen Kindern und beim Nachzug von minderjährigen ledigen Geschwistern seien dringend Nachbesserungen erforderlich.
Den Schutz von Ehe und Familie dürfe man nicht zahlenmäßig begrenzen, auch nicht bei subsidiär Schutzberechtigten, fügte Loheide hinzu: „Wir können die Augen nicht davor verschließen, dass die Kriege in Syrien und anderswo andauern und eine Rückkehr für die Betroffenen bis auf weiteres lebensgefährlich wäre.“
Kinder nicht dauerhaft von Angehörigen trennen
Die evangelische, römisch-katholische und orthodoxe Kirche in Deutschland fordern eine verantwortungsvolle Lösung beim Familiennachzug. Die Kirche stehe in besonderer Weise an der Seite der Schutzbedürftigen, heißt es in einem am 8. Mai verbreiteten Gemeinsamen Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche vom 23. bis 29. September 2018. Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, dürften „nicht dauerhaft von ihren engsten Angehörigen getrennt werden“, erklärten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos: „Die Aussetzung des Familiennachzugs für Bürgerkriegsflüchtlinge hat viele Betroffene in Verzweiflung gestürzt.“
Kinder brauchten unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus klare und einfache Verfahren, „die es ihnen ermöglichen, schnellstmöglich mit ihrer Familie zusammenleben zu können“, betonte Schneider. Die im Gesetzentwurf ausgeführten Verfahren zum Familiennachzug werden nach Einschätzung von Unicef zu langwierigen bürokratischen Prozessen führen. Notwendig seien stattdessen einfache und in der Praxis gut anwendbare Kriterien, damit Verfahren im Sinne des Kindeswohls zügig abgeschlossen werden könnten, forderte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.
Klare Regeln bei Entscheidungen
Das UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, empfiehlt der Bundesregierung die Umsetzung des Gesetzes nach einer klaren Reihenfolge: „Familien mit minderjährigen Kindern sollten zuerst berücksichtigt werden, und zwar nach Datum ihres Asylantrages.“ Anschließend sollten alle anderen Fälle abgearbeitet werden, auch hier in der Reihenfolge der Wartezeit seit Stellung des Asylantrags. „Die Kriterien müssen klar, einfach und transparent sein, um aufwendige Prüfungen durch die Verwaltung zu vermeiden“, sagte Dominik Bartsch, Repräsentant des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland.
Die große Koalition will den Familiennachzug zu Flüchtlingen mit dem untergeordneten, subsidiären Schutz, der seit Frühjahr 2016 ausgesetzt ist, ab August wieder ermöglichen. Pro Monat sollen 1.000 Angehörige kommen können. Die Kontingentregelung schafft aber keinen Rechtsanspruch auf Familienzusammenführungen.