„Wie hältst du’s mit der Kirche?“
Sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung auf der EKD-Synode in Ulm vorgestellt
Auf der Tagung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist heute in Ulm die sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU 6) vorgestellt worden. Unter dem Titel „Wie hältst du’s mit der Kirche?“ sind Kirche, Glaube und Religion in Deutschland erforscht worden. Dabei gibt die Untersuchung Antworten auf die Frage, welche Bedeutung Menschen heute der Kirche in der Gesellschaft beimessen.
Ausschlaggebend für die Religiosität eines Menschen ist die religiöse Sozialisation in der Kinder- und Jugendzeit. „Auch heute ist es nach wie vor möglich, junge Menschen für Religion zu begeistern“, so Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD-Synode. Darüber hinaus werden an die Kirchen nicht nur religiöse Erwartungen gerichtet, sondern vor allem auch soziale. „Als Kirche müssen wir deshalb sowohl die religiösen als auch die sozialen Angebote stärken“. Heinrich: „In dem Schwerpunktthema der Synodentagung ist deutlich geworden, dass Sprach- und Handlungsfähigkeit im Glauben eng miteinander verknüpft sind.“ Bestätigung gibt es für den Kurs beim Einsatz für Geflüchtete. „Dass der Satz ‚Die Kirchen sollten sich konsequent für Geflüchtete und die Aufnahme von Geflüchteten einsetzen‘ auf so hohe Zustimmung trifft, bestärkt uns in unserem Engagement,“ so Heinrich.
Die hohe Relevanz der Kirchen im Bereich des Sozialen zeigt sich laut KMU6 auch darin, dass Kirchenmitglieder eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit haben, sich ehrenamtlich zu engagieren, als Konfessionslose. Anna-Nicole Heinrich: „Wir sind viele! Starkes und vielfältiges Engagement ist Markenzeichen unserer Kirche. Kirche ist Ermöglichungsraum für Engagement und eine wichtige Ressource für eine starke Zivilgesellschaft.“
Die Ratsvorsitzende der EKD Annette Kurschus betonte: „Wir haben als Kirche ein starkes Mandat, ein Ort zu sein und Räume zu öffnen, wo über Fragen des Glaubens gesprochen wird. Von uns wird zu Recht erwartet, dass wir religiöse Themen in unserer Gesellschaft wachhalten und immer wieder in die Diskussion bringen.“ Kurschus: „Die KMU6 bestätigt, wie wichtig es ist, dass wir uns in der kirchlichen Arbeit in besonderem Maß auf die jüngsten Generationen konzentrieren. Denn in Kindheit und Jugend werden Weichenstellungen für spätere Einstellungen zu Glaube, Religion und Kirche gelegt. Die Studie zeigt, welch ein prägender Faktor eine frühe kirchliche Sozialisation ist - mindestens ebenso wichtig wie das religiöse Leben im unmittelbaren Umfeld der Familie.“
Insgesamt zeigt die KMU, dass Religiosität und Kirchenbindung gesellschaftlich zurückgehen, die Kirche als Ort der Religiosität aber wichtig bleibt. Wer heute in Deutschland religiös ist, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit im Kontext von Kirche. Gründe für die sinkende Bindungskraft der Kirchen sind einerseits eine allgemein nachlassende Vertrauensbereitschaft gegenüber Institutionen aller Art, andererseits die abnehmende Religiosität. Andere Faktoren wie zum Beispiel konkrete kirchliche Skandale seien demgegenüber nachgeordnet und wirkten allenfalls verstärkend.
Die Entwicklung der Kirchen ist der Bevölkerungsmehrheit dabei keineswegs gleichgültig, so ein weiteres Ergebnis der Untersuchung. Kurschus: „Die Ergebnisse der KMU helfen uns dabei, wegweisende Entscheidungen zu treffen, um die Kirche kraftvoll und überzeugend in die Zukunft auszurichten. Dabei bin ich gewiss: Die Kirche erleidet den notwendigen Wandel nicht, sie gestaltet ihn – inspiriert, aktiv und kreativ.“
Zur KMU6:
KMU6 ist die erste Mitgliedschaftsbefragung der EKD, die die Bevölkerung im Ganzen erfasst und gesamtgesellschaftlich repräsentative Einstellungen und Haltungen zu Kirche, Glaube und Religion erhebt. Erstmals hat die katholische Kirche an der KMU6 mitgewirkt. Dadurch wird der Blick auch auf die Frage gelenkt, inwiefern konfessionelle Prägungen und Unterschiede gegenwärtig bedeutsam sind.
Themenbereiche sind u. a. Formen gegenwärtiger Religiosität in Deutschland, Erhebungen zur sozialen Lage und zur konfessionellen Verbundenheit, Reformerwartungen und Vertrauen gegenüber Kirchen sowie ihre Reichweite und Kontaktintensitäten. Auch der Bereich der sozialen Praxis der Kirchen wird untersucht. Die KMU6 gibt ferner Auskunft über allgemeine Werthaltungen der Befragten, etwa zu den Themen Demokratie oder Klimawandel.
In Kombination mit Daten des kirchlichen Meldewesens wird es erstmals möglich sein, die Ergebnisse der Untersuchung regional aufzulösen, so dass der spezifische Kontext in Entscheidungen des kirchlichen Lebens stärker als bisher berücksichtigt werden kann.
Auf der Website kmu.ekd.de werden erste Ergebnisse der Studie vorgestellt. Mitte Mai 2024 erscheint ein wissenschaftlicher Begleitband mit vertiefenden Auswertungen, Anfang 2025 ein Diskussionsband zu den Schlussfolgerungen, die aus den KMU-Ergebnissen gezogen werden können.
Ulm, 14. November 2023
Pressestelle der EKD
Carsten Splitt
Über die Synode der EKD: Die Synode der EKD ist neben Rat und Kirchenkonferenz eines der drei Leitungsorgane der EKD. Sie tagt vom 12. bis 15. November in Ulm. Nach der Grundordnung der EKD besteht die 13. Synode aus 128 Mitgliedern. Zu den Aufgaben der Synode zählen die Erarbeitung von Kundgebungen und Beschlüssen zu Fragen der Zeit sowie die Begleitung der Arbeit des Rates der EKD durch Richtlinien. Die Synode berät und beschließt aber auch den Haushalt und die Kirchengesetze. Geleitet wird die Synode vom Präsidium unter dem Vorsitz von Präses Anna-Nicole Heinrich. Sie ist zugleich Mitglied des 15-köpfigen Rates der EKD. Vorsitzende des Rates der EKD ist Annette Kurschus. Die EKD ist die Gemeinschaft von 20 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen. 19,2 Millionen evangelische Christinnen und Christen in Deutschland gehören zu einer der 12.700 Kirchengemeinden.