Bedford-Strohm: Kirchen müssen Stellung beziehen
Köln (epd). Der Vorsitzende des Weltkirchenrates, Heinrich Bedford-Strohm, verteidigt politische Stellungnahmen der Kirchen gegen Kritik aus den Unionsparteien. Es sei „glasklar“, dass sich die Kirche nicht aus aktuellen gesellschaftlichen Debatten wie jene um Asyl und Migration heraushalten könne, sagte Bedford-Strohm am Montag im Deutschlandfunk und fügt hinzu: „Wir würden uns selbst doch verraten.“
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Bischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des ÖRK-Zentralausschusses.
Der Theologe verwies auf Grundorientierungen, die aus dem christlichen Glauben und der Bibel abgeleitet seien. Wenn die Kirchen sich und ihre Botschaft ernst nehmen wollen, gebe es zur Einmischung zugunsten Schwacher keine Alternative. Die Stellungnahmen dürften aber nie parteipolitisch sein. „Der Diskurs muss ergebnisoffen sein. Aber wenn es um die Grundorientierung geht, da müssen die Kirchen sich einbringen“, sagte Bedford-Strohm, der bayerischer Landesbischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war.
Unionspolitiker wie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatten in den vergangenen Tagen mehrfach teils scharf kritisiert, dass sich die Kirchen in einem gemeinsamen Statement gegen den asylpolitischen Kurs des Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) gestellt hatten. Er hatte Ende Januar im Bundestag einen Antrag durchgesetzt, der dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze und eine unbefristete Inhaftnahme von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern fordert. Die Berliner Büros der Kirchen hatten sich zuvor mit einem Schreiben an Bundestagsabgeordnete gewandt, in dem sowohl der Inhalt als auch die absehbare Inkaufnahme von Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD kritisiert wurden. Den Brandbrief hatten die Leitungen der Berliner Büros der Kirchen unterzeichnet, Anne Gidion für die evangelische und Karl Jüsten für die katholische Kirche. Einzelne katholische Bischöfe distanzierten sich.
Der Weltkirchenratsvorsitzende Bedford-Strohm sagte, die Art der Debatte um Migration und Asyl im Bundestagswahlkampf mache ihm große Sorge. In die öffentliche Diskussion ziehe immer mehr menschliche Kälte ein. Politikerinnen und Politiker trügen Verantwortung, Besonnenheit auszustrahlen und „Humanität und die notwendigen Steuerungsmechanismen miteinander zu verbinden“.
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) mit Sitz in Genf, auch als Weltkirchenrat bekannt, umfasst rund 350 Kirchen verschiedener Konfessionen aus mehr als 120 Ländern, die weltweit mehr als 580 Millionen Christen vertreten. Der evangelische Theologe Bedford-Strohm ist seit 2022 Vorsitzender des ÖRK-Zentralausschusses, bis 2023 war er bayerischer Landesbischof und von 2014 bis 2021 EKD-Ratsvorsitzender.