Glocken rufen seit dem zwölftem Jahrhundert zu Frieden auf

Zum Weltfriedenstag werden europaweit zeitgleich weltliche und kirchliche Glocken läuten

Vier Kirchenglocken auf einer Wiese

„Das Friedensläuten ist ganz tief verankert im Glockenwesen,“ sagt Glockenexperte Sebastian Wamsiedler. (Symbolbild)

Salzgitter (epd). Erstmals in der Geschichte werden zum Weltfriedenstag am 21. September von 18 Uhr bis 18.15 Uhr europaweit zeitgleich weltliche und kirchliche Glocken läuten. Die Aktion ist Teil des Europäischen Kulturerbejahres 2018 und wird auch von den Kirchen und Kommunen unterstützt. Das Friedensmotiv für Kirchenglocken ist indes nicht neu, sondern uralt, erläuterte der Glockenexperte Sebastian Wamsiedler in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Das Friedensläuten ist ganz tief verankert im Glockenwesen.“ Beweis dafür sei die älteste, häufig verwendete Glockeninschrift „Oh König der Herrlichkeit, komm in Frieden“ aus dem 12. Jahrhundert.

Etwa seit dieser Zeit seien in Kirchen aufgehängte Glocken vermehrt als liturgische Instrumente genutzt worden, erläuterte Wamsiedler. Sie luden zum Gottesdienst ein, erklangen bei Taufen oder Todesfällen, zu Lesungen oder bestimmten Gebeten wie dem „Vater unser“. Schon damals hätten die Gemeinden und Glockengießer begonnen, Glocken mit liturgischen, zunächst in Latein abgefassten Inschriften, wie Bibelversen, Lied- oder Gebetszeilen zu versehen. Sie wiesen auf die jeweilige Funktion etwa als Tauf-, Festtags- oder auch Predigtglocke hin.

Vielen Gemeinden sei die Bitte um Frieden durch die Jahrhunderte hindurch bis heute ein zentrales Anliegen geblieben, betonte der in Salzgitter lebende freie Glockensachverständige und Campanologe. Beispiele für zeitgenössische Inschriften seien etwa „Den Frieden lass ich euch, meinen Frieden geb ich euch“, „Dem Frieden geweiht“ oder „Betet für die, die uns regieren – um Frieden zwischen den Völkern“.

Inschriften, Verzierungen oder eine Blumenwiese

Politische Kontexte spiegelten sich ebenso schon früh in den Inschriften, sagte Wamsiedler. Häufig seien in ihnen die Namen von Herrschern verewigt. Manche wiesen auf konkrete nationale oder regionale Ereignisse wie Revolten hin. Die derzeit bekanntesten Beispiele sind die jüngst wiederentdeckten Glocken mit Hakenkreuzen aus der NS-Zeit etwa in Schweringen, Faßberg oder Herxheim.

Neben Inschriften finden sich bis heute auf Kirchenglocken auch Namen von Reformatoren und Glockengießern sowie Verzierungen, wie etwa Kreuze, Wappen von Päpsten, Lutherrosen oder Szenen aus dem Leben Jesu. Manche Gemeinde habe sich aber auch eine Blumenwiese, die Dorfsilhouette oder Tiere mit auf die Glocke gießen lassen.

Die Glocke kam aus Asien nach Europa

Die Glocken an sich stammen Wamsiedler zufolge aus dem asiatischen Kulturraum, wo sie etwa vom dritten Jahrtausend vor Christus an vor allem als Signalgeber genutzt wurden. Diese zunächst kleinen Glocken hätten die Menschen etwa angeheftet an den Rocksaum getragen oder ihren Tieren um den Hals gebunden.

Vom etwa sechsten Jahrhundert nach Christus an sei die Glocke nach Europa vorgedrungen, damals noch aus Eisenblech geschmiedet, erläuterte der Experte. Diese hätten zum Beispiel Wandermönche oder Wanderprediger mit sich getragen, um auf sich aufmerksam zu machen. Vom achten Jahrhundert an seien Bronzeglocken gegossen worden. Etwa 300 Jahre später habe man begonnen, sie in Kirchen aufzuhängen.


Eine Übersicht über das europaweite Glockenläuten zum Weltfriedenstag am 21. September um 18 Uhr mit beteiligten Kirchen und Gemeinden gibt eine interaktive Karte im Internet.