Ein Streitgespräch als Meilenstein der Reformation
Bei der Heidelberger Disputation am 26. April 1518 verteidigte Luther seine Thesen vor einem akademischen Publikum
Heidelberg (epd). Für seinen aufsehenerregenden Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 in Wittenberg wurde der Augustintermönch Martin Luther weithin bekannt. Schon ein halbes Jahr später lud ihn die Generalversammlung des Augustinerordens nach Heidelberg ein, um dort seine 95 Thesen zu erläutern. Luthers Auftritt gilt als wichtiger Schritt für die Reformation im Südwesten. Mit einem akademischen Festakt am 26. April und einem Gottesdienst am 29. April erinnern die badische evangelische Landeskirche und die Universität Heidelberg an die Heidelberger Disputation.
Dieses Streitgespräch am 26. April 1518 kann als Teil des Vorgehens der römischen Kirche gegen Luther im Streit um den Ablasshandel verstanden werden. Der Theologieprofessor nutzte den Besuch, um seine Theologie erstmals außerhalb seiner Heimatuniversität Wittenberg vorzustellen. Auf die Problematik seiner Thesen zum Ablasshandel ging er jedoch nicht ein. Stattdessen befasste er sich mit den Themen der Werkgerechtigkeit und der Kreuzestheologie. Dazu hatte er 40 neue Thesen verfasst, davon 28 theologische und 12 philosophische Thesen. Er legte thesenartig die Rechtfertigungslehre dar, also dass der Mensch nicht durch gute Werke, sondern allein durch den Glauben und die Gnade Gottes gerechtfertigt ist. Damit schuf Luther ein Fundament für seine Kritik am Ablasshandel.
Diese 40 Thesen seien eine „äußerst knapp und pointiert formulierte Zusammenfassung seiner reformatorischen Theologie“, schreibt der Theologe Heinz Scheible in dem Band „Beiträge zur Geschichte Südwestdeutschlands“. Die erste These fasse Luthers jahreslanges vergebliches Ringens, als Mönch das Heil zu erringen, zusammen: „Das Gesetz Gottes, die heilsamste Lehre des Lebens, kann den Menschen nicht zur Gerechtigkeit bringen. Es ist ihm vielmehr ein Hindernis auf dem Wege dazu.“
Gegen den Mainstream
Diese Äußerungen Luthers enthielten viel Sprengstoff, sagte der Heidelberger Theologe Johannes Ehmann im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Die Disputation gegen den damaligen Mainstream sei der „Inbegriff einer unangepassten Theologie“ gewesen. Durch seinen Thesenanschlag sei Luther innerhalb kurzer Zeit bekanntgeworden. Deshalb habe er in Heidelberg auch „eine Art Promiprogramm“ erfahren, so Ehmann.
Der Augustinermönch und Theologieprofessor wurde auch ins Schloss eingeladen von Pfalzgraf Wolfgang, dem jüngeren Bruder von Kurfürst Ludwig V. Bemerkenswert sei auch, dass die Disputation nicht im Augustinerkloster stattgefunden habe, sondern in der Universität, sagte Ehmann.
Erfolg bei den Studenten
Unter den Professoren der theologischen Fakultät fanden Luthers Ausführungen wenig Zustimmung, wohl aber unter den Studenten. Unter den Zuhörern waren spätere Reformatoren wie Martin Bucer, Martin Frecht und Johannes Brenz. Die Mehrzahl der im Südwesten tätigen Pfarrer und Prediger hatte 1518 in Heidelberg studiert und wurde dort für Luthers Lehren gewonnen. Der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber bezeichnete dies als „reformatorischen Meilenstein“ für Baden und die Kurpfalz.
Insbesondere Straßburg wurde durch Martin Bucers Wirken zu einem Zentrum der reformatorischen Bewegung. Luthers Thesen wurden auch durch enge briefliche Kontakte zwischen den Theologen verbreitet. Die 28 theologischen Thesen wurden erstmals 1520 in Paris und in Zwolle (Niederlande) gedruckt, die gesamten 40 Thesen 1530 in Wittenberg.
Christine Süß-Demuth (epd)
Der Festakt zu 500 Jahren Heidelberger Disputation beginnt am Donnerstag, 26. April, um 19.30 Uhr in der Aula der Alten Universität Heidelberg. Am Sonntag, 29. April, um 11 Uhr folgt ein Festgottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche. Es predigt die frühere EKD-Ratsvorsitzende und Botschafterin für das Reformationsjubiläum Margot Käßmann.