EKD kritisiert Kirchensteuer-Studie

Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft rechnet mit weiter steigenden Einnahmen – die Kirche ist skeptisch

Köln (epd). Trotz sinkender Mitgliedszahlen können die beiden großen Kirchen in Deutschland einer Studie zufolge weiter auf wachsende Steuereinnahmen hoffen. Der Trend zu steigenden Einnahmen dürfte anhalten, selbst wenn weiterhin jedes Jahr die Mitgliederzahl um bis zu 500.000 sinken würde, heißt es in einer vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln veröffentlichten Untersuchung.

Die Prognose stützt sich den Angaben zufolge auf die offizielle Schätzung für die Entwicklung der Lohn- und Einkommenssteuer, an die die Kirchensteuer geknüpft ist. Dabei seien Steuerrechtsänderungen wie die Erhöhung von Freibeträgen bereits berücksichtigt worden.

Aufgrund der guten Konjunktur steigen seit einigen Jahren die Kirchensteuereinnahmen, obwohl die beiden größten Religionsgemeinschaften in Deutschland jedes Jahr vor allem durch den demografischen Wandel Mitglieder verlieren. 2017 erhielt nach Angaben der Kirchen die katholische Kirche 6,43 Milliarden Euro aus der Kirchensteuer, die evangelische Kirche 5,67 Milliarden Euro. Laut IW-Studie zahlt ein Katholik in diesem Jahr im Durchschnitt 291 Euro Kirchensteuer, ein Protestant 278 Euro.

Immer weniger Steuerzahler

Das Wirtschaftsinstitut schätzt, dass die katholische Kirche bei der unterstellten guten Prognose im Jahr 2023 8,2 Milliarden Euro, die evangelische Kirche 7 Milliarden Euro an Kirchensteuern einnehmen könnte. Das entspräche einer Verdoppelung des Kirchensteueraufkommens gegenüber dem Jahr 2004.

Die Kirchen könnten mittelfristig weiter mit soliden Einnahmen zur Finanzierung ihrer Aufgaben rechnen, sagte der Ökonom Tobias Hentze vom IW dem Evangelischen Pressedienst. Gleichzeitig warnte er mit Blick auf den Mitgliederschwund: „Allerdings verteilt sich die Finanzierung auf immer weniger Köpfe, was zum Beispiel bei einem längeren Abschwung Risiken birgt.“

EKD-Prognose im April

Die evangelische Kirche selbst rechnet nicht so optimistisch. Bei der EKD-Synode im November schwor Andreas Barner, Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und dort zuständig für den Haushalt, die Kirche auf Veränderungen ein. Ein Rückgang der Kirchensteuereinnahmen sei vor dem Hintergrund des Mitgliederverlusts in hohem Maße wahrscheinlich, sagte er.

„Die Studie greift zu kurz“, kommentierte ein EKD-Sprecher die IW-Studie. Er verwies auf eine von der EKD beauftragte Langfristprojektion des Freiburger Forschungszentrums Generationenverträge, die Aufschluss über die Finanzgrundlage der Kirche bis 2060 geben soll. Erste Ergebnisse daraus kündigte er für April an. Die katholische Kirche kommentierte die Studie zunächst nicht.

Katholische und evangelische Kirche haben 2017 mehr als 600.000 Mitglieder verloren. 23,3 Millionen Menschen gehören in Deutschland der katholischen Kirche an, 21,5 der evangelischen Kirche. Die Kirchensteuer wird als Zuschlag zur Einkommens-, Lohn- und Kapitalertragssteuer gezahlt und berechnet sich auf deren Grundlage. Eingezogen wird sie wie andere Steuern direkt von den Finanzämtern. Als Gegenleistung erhält der Staat rund drei Prozent der Einnahmen. Laut IW-Studie beläuft sich dieser Betrag derzeit auf rund 400 Millionen Euro.