Eine ganz besondere Verantwortung
Warum Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der EKD, der Klimaschutz am Herzen liegt
Annette Kurschus spricht als Ratsvorsitzende der EKD das Thema Klimaschutz bei jeder Gelegenheit an. Damit deutlich wird: es ist ein großes Thema von Christen und von der Kirche.
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„Ich war 17“, sagt Annette Kurschus, „als der Spiegel mit der Schlagzeile aufmachte: ‚Der Wald stirbt.' Ich kann mich noch erinnern, wie erschrocken ich war. Und doch ist das offenbar nicht in tiefere Schichten gegangen. Es ging mich irgendwie nicht an, höchstens, wenn man mal durch ein Waldgebiet fuhr, wo man merkte: Oh, da geht es den Bäumen nicht gut.“
Seitdem sind über drei Jahrzehnte vergangen. Und die Bilanz der EKD-Ratsvorsitzenden fällt ernüchternd aus: „Eigentlich hat sich erschreckend wenig getan. Wir wussten es lange. Und meine Generation hat nicht genug getan.“ So sei es ihr einem Klima-Aktionstag von einer Jugendlichen unmissverständlich gesagt worden: „Ihr seid es, die es verkackt haben!“ Das saß.
Aber das will Annette Kurschus nicht auf sich sitzen lassen. Darum setzt sie sich seit Jahren für den Schutz des Klimas ein. Privat und auf kirchenpolitischem Parkett: als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland und als Theologin.
„Die Klimakrise fordert unseren Glauben und unser Handeln.“
Kurschus: „Wir glauben, dass Gott die Welt erschaffen hat. Alles Leben auf der Erde ist uns geschenkt, es gehört uns nicht. Die Schöpfung ist für alle da. Sie zu schützen und zu bewahren auch für kommende Generationen, ist unsere Aufgabe.“ Das sei gerade kein Freibrief für Raubbau und Ausbeutung, keine Erlaubnis, das Meer zu vermüllen und die Luft zu verpesten. „Die Klimakrise fordert unseren Glauben und unser Handeln. Es braucht klare Worte, entschlossene Hoffnung und tätige Umkehr und es braucht sie jetzt!“
Waldbrände und Hitzerekorde im Norden, Dürren und Starkregen in unseren Breiten, Stürme und Überflutungen im globalen Süden ließen erahnen, „was wir noch zu erwarten haben, wenn wir nicht beherzt gegensteuern“, betont Annette Kurschus. Hier gehe es um alles. Jedenfalls um nichts weniger als darum, nachfolgenden Generationen keine ausgebeutete Welt zu hinterlassen, in der man ständig mit Naturkatastrophen rechnen muss.
„Das wird ein unbequemer, aber notwendiger Weg.“
Bei diesem Umsteuern gehe es um Fragen des Einkaufens, des Wirtschaftens, des Heizens, eigentlich um alle Bereiche, so Kurschus. „Wir müssen Geld in die Hand nehmen und uns von vielen liebgewordenen Gewohnheiten verabschieden. Das wird ein unbequemer, aber notwendiger Weg. Energiegewinnung, Mobilität und Landwirtschaft müssten – konsequent und sozialverträglich – nachhaltig und damit „enkeltauglich“ werden, so Kurschus weiter: „Das ist unsere Aufgabe im Zusammenwirken von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Jede und jeder Einzelne ist gefragt.“
Aber wenn es wirklich darum geht, die eigenen Lebensgewohnheiten umzustellen, kehre bei vielen auf einmal doch große Vorsicht und Zurückhaltung ein. „Das ist enttäuschend“, sagt Annette Kurschus, auch und zunächst an sich selbst gerichtet. Doch dabei will sie nicht stehen bleiben: „Womöglich gibt es etwas, das ich selbst in meinem täglichen Leben wirksam verändern kann. Heute schon. Und sei es etwas vermeintlich Klitzekleines.“
„Das schulden wir auch der nächsten Generation“
Was sie dabei antreibt, ist Gottes Verheißung, der gesagt hat: Ich gebe diese Welt nicht preis. Ich habe mit dieser Welt vor, dass sie wieder so gut wird, wie ich sie geschaffen habe am Anfang. Kurschus: „Das ist keine Vertröstung auf ein rosarotes Jenseits, sondern das genau ist die Motivation, jetzt alles, aber auch wirklich alles daran zu setzen, diesen schädlichen Entwicklungen des Klimas, unter denen die Menschen derzeit schon am meisten leiden, die am allerwenigsten zu ihrem Entstehen beigetragen haben, dem alles entgegenzusetzen. Das schulden wir auch der nächsten Generation. Wir kommen ja vielleicht noch über die Runden, aber was ist mit unseren Kindern und Kindeskindern?